"Nicht Verschwörungstheorie, sondern Verschwörungstatsachen"

Seite 2: Arrogante Reaktionen der Medien

Zum Beispiel hier: "Stones Film ist ... eine Prozession weißer, männlicher Autoren und Experten in langweiligen Hemden, die einen mit ihren Theorien und alten Büchern belehren."

Zum Beispiel das Branchenmnagazin Variety:

Enthüllt "JFK Revisited" einen entscheidenden Beweis? Nein, das tut es nicht. Er sagt, dass Lee Harvey Oswalds Gewehr keine "smoking gun" war - und behauptet, dass er nicht einmal im Texas School Book Depository war. (Denken Sie eine Weile darüber nach.) Dennoch stellt der Film auf andere Weise fast jeden Moment als "smoking gun" dar. In den 30 Jahren seit der Veröffentlichung von "JFK" ist Stone nie von der Überzeugung abgekommen, dass es eine verborgene Geschichte der Dinge gibt, eine, die die offizielle Geschichte zu vertuschen versucht.

Und wenn das zutreffen sollte? Kann nicht sein, was nicht sein darf?

Wer hat Kennedy ermordet und warum?

Schließlich die entscheidende Frage: Wer hat Kennedy ermordet und warum? Auch Oliver Stone kennt hier die Antwort nicht, und er gibt auch nicht vor, sie zu kennen.

Er beschreibt die drei plausibelsten Mord-Theorien: Exilkubaner als Täter verwirft Stone. Stattdessen gehören die Täter für ihn "dem System" an. Erste mögliche Ursache: Man wollte eine Intensivierung des Vietnam-Kriegs, Kennedy hatten einen US-Rückzug geplant. Zweite mögliche Ursache: Kennedys Pläne für eine neue allgemeine Friedens- und Entspannungspolitik, wie sie im Zugehen auf Kuba nach der Kubakrise, auf Ägyptens Präsidenten Nasser im Nahost-Konflikt und auf die UdSSR in der allgemeinen Konstellation des Kalten Kriegs zum Ausdruck kommt.

Kennedy hatte diese neue Außenpolitik in den Monaten vor seiner Ermordung in mehreren Reden skizziert. Zum Beispiel am 10.6.1963:

What kind of peace do I mean? What kind of peace do we seek? ... Not the peace of the grave or the security of the slave. I am talking about genuine peace, the kind of peace that makes life on earth worth living, the kind that enables men and nations to grow and to hope and to build a better life for their children--not merely peace for Americans but peace for all men and women--not merely peace in our time but peace for all time.

Stones abschließende, rhetorische Frage: "Who benefitted? And who has the power to cover it up?"

Von einem "right wing plot" sprach JFK's Bruder Robert Kennedy. In jedem Fall scheint das US-System in den letzten knapp 60 Jahren an Aufklärung aller offenen Fragen nicht interessiert.

Andererseits gibt es auch ein großes Argument gegen alle Thesen von der Systemverschwörung. Die Möglichkeit, dass ein unbedeutender kranker Kleinbürger wie Lee Harvey Oswald eine so schrecklich monumentale Tat begehen konnte, ist der eigentliche unglaubliche Abgrund.

Im Faktengewitter

"JFK Revisited: Through the Looking Glass" ist ein dichtes Faktengewitter, schnell geschnitten, ein bewundernswert souveräner, fesselnder Flow aus Bildern, der auf die Dauer in seinem Tempo und Informationsoverkill auch ermüdet.

Aber besser man wird müde, weil es zu viel zu sehen gibt, als weil nichts passiert, oder alles zu langsam und vorhersehbar.