Nicht ohne dein Smartphone!

Symbolbild: Photo Mix auf Pixabay (Public Domain)

Kreditkarten galten lange Zeit als unsicher, haben sich aber etabliert. Aus Sicherheitsgründen wird diese Zahlungsart nun komplizierter und verstärkt die Abhängigkeit vom Handy

2017 wagte der Bankenverband mit "Ein Tag im Leben eines Verbrauchers" eine Prognose für die Zukunft der bargeldlosen Zahlungsarten. Enthalten war darin nicht nur die Idee des "smarten Hauses", in dem der Kühlschrank selbst Nachschub bestellt, sondern auch eine starke Zunahme aller Möglichkeiten, bargeldlos zu bezahlen. Die Kreditkarte spielte dabei eine große Rolle.

Während in den USA die Kreditkarte sowie das Scheckbuch gängige Zahlmethoden waren, hatte sich Europa damit zunächst schwer getan. Überweisungen und Barzahlung waren weit verbreitet und selbst Schecks gerieten eher ins Abseits. Kreditkartenanbieter versuchten mit aggressiver Werbung, Kunden zu akquirieren. So wurden beispielsweise seriös aussehende Menschen auf Flughäfen angesprochen, um ihnen die Vorteile einer Kreditkarte "auf die Schnelle" zu unterbreiten. Im Vorbeigehen quasi stellte man ihnen die schöne neue Kreditkartenwelt in Aussicht, in der noch Geld fließt, wenn längst keines mehr da ist.

Ein Traum, der oft in die Schuldenfalle führte

Mit der stärkeren Akzeptanz des Online-Handels nahm auch die Nutzung von Kreditkarten zu, mit teilweise desaströsen Folgen gerade auch für junge Menschen. Zu einfach war es geworden, sich schnell noch etwas zu gönnen, ohne darüber nachzudenken, ob man es denn auch würde bezahlen können, wenn die Kreditkartenfirma die Rechnung schickte. Überschuldung, Privatinsolvenz, schlechte Schufa-Bewertungen mit all ihren Folgen waren das Ergebnis. Prepaid-Kreditkarten schufen dann die Möglichkeit, von den Vorteilen einer Kreditkarte zu profitieren, ohne eine Überschuldung befürchten zu müssen.

Zwar nahmen auch die neuen "modernen" Bezahlarten wie Google Pay oder die gegebenenfalls auch kontaktlose Bezahlung per Handy oder Karte zu, doch gerade auf Reisen war die Kreditkarte weiterhin ein gern gesehener Begleiter, da sie das Bezahlen einfach machte und der Besitzer sozusagen "nichts am Leibe tragen musste" als eben jene Kreditkarte.

In der Werbung wurde diese Freiheit in einem Spot für die Visa-Karte dargestellt. Eine junge Frau entstieg wie eine moderne Seejungfrau den Fluten, ging mit wiegenden Schritten zu einem Strandladen und suchte sich eine Sonnenbrille aus. Der Verkäufer fragte leicht konsterniert, wie sie denn zahlen wolle. Die junge Frau lächelte, zog eine Kreditkarte aus ihrem Badeanzug und meinte: Mit meiner Visa-Card. Die Botschaft dahinter war klar: Du benötigst nur noch deine Karte.

In Zukunft nur mit Endgerät

Mit der neuen EU-Richtlinie endet diese Freiheit jedoch, wenn auch bisher erst ab Beträgen von mehr als 30 Euro. Als Sicherheits-Feature für Verbraucher wird die Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) eingeführt, die dazu zwingt, neben der Kreditkarte noch ein Gerät mit sich zu tragen. Von vielen wird sicherlich das Handy präferiert werden, gerade auch wenn es darum geht, schnell einmal unterwegs etwas zu bezahlen oder zu kaufen. Zwar können spezielle Kartenleser gekauft werden, doch diese sind für das mobile Bezahlen unterwegs letztendlich nicht von Bedeutung. Der Handelsverband HDE befürchtet, dass etliche Nutzer auf einfachere Zahlungsweisen wie beispielsweise Paypal ausweichen werden, was bereits jetzt der Fall ist.

Auch wird die Möglichkeit einer "Whitelist" angeboten - das heißt, es kann für Käufe eines bestimmten Anbieters verfügt werden, dass hier keine 2FA notwendig ist. Doch prinzipiell gilt: Kreditkarte plus Endgerät. Damit wird die Kreditkarte ihres großen Vorteils, der Mobilität und Unabhängig von Geräten beraubt. Die modernen Zahlmethoden wie Paypal, Google Pay etc. aber werden stärkeren Zulauf bekommen, denn wenn sowieso das Handy mitgeführt werden muss, warum dann nicht gleich nur das Handy zum Bezahlen nutzen?

Die Abhängigkeit vom Handy und die Notwendigkeit, es möglichst oft bei sich zu tragen, wird systematisch immer weiter vorangetrieben. Apps wie die Corona-App und die Möglichkeit, mit dem Handy vom Radio bis zur Heizung, der Klimaanlage, der Videoüberwachung der Haustür alles zu steuern und nicht zuletzt in Corona-Zeiten auch am Schulbetrieb teilnehmen zu können, tragen dazu bei, das Handy als unentbehrlichen Begleiter zu proklamieren.

Nicht nur Unfallgefahren unterschätzt

Bedenkt man, wie leichtfertig viele Menschen mit ihrem digitalen Fußabdruck umgehen, so ist diese Abhängigkeit gefährlich. Allzu schnell ist auch der Schlüssel zu allem defekt oder verlorengegangen. Hinzu kommen Problematiken wie Funklöcher, die zum Beispiel bei Schwerhörigen, die ihr Hörgerät mittels App steuern eben dies unmöglich machen.

Doch selbst wenn die Funklöcher als Problem beseitigt werden, stellt sich die Frage, wie abhängig Menschen noch von ihrem Handy werden sollen und inwiefern es überhaupt noch eine Möglichkeit gibt, zurückzurudern. Sieht man sich an, wie Kinder oder Jugendliche auf ein Handyverbot reagieren, so stimmt diese Entwicklung jedenfalls nachdenklich. Der stete, manchmal subtile Zwang, das Handy stets bei sich zu tragen, dürfte auch "Smombies", die teilweise nicht mehr auf den Straßenverkehr achten und wegen denen bereits neue Varianten der Ampelanzeige umgesetzt werden, in ihrem Verhalten bestärken.

Worst Case: Implantierte Bezahl-Chips als Standard der Zukunft

Die Zeiten, in denen man sein Handy beiseite legen und nur im Badeanzug samt Kreditkarte schwimmen gehen konnte, wohl wissend, dass es möglich ist, sich noch etwas unterwegs zu kaufen, werden langfristig vorbei sein. Es bleibt zu hoffen, dass nicht als nächstes Ideen wie die implantierten RFID-Bezahl-Chips fröhliche Urständ feiern.

Dass in manchen Ländern auch den Obdachlosen bereits Terminals für kontaktlose Zahlungen zur Verfügung gestellt werden, ist insofern nur ein Vorbote dessen, was kommen wird.

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