Nicht ohne ihre Mütter

Seite 2: Umgang mit IS-Kindern: Vorbild Finnland

Die drei dänischen Linksparteien sehen Finnlands Konzept als Vorbild – dort ist der Diplomat Jussi Tanner vor Ort in den Lagern, der in Zusammenarbeit mit dem finnischen Geheimdienst und der kurdischen Lagerverwaltung Informationen darüber erhält, wer von den Eltern ein Sicherheitsrisiko sei. Im Dezember bekamen erstmal zwei Mütter mit finnischer Staatsangehörigkeit und ihre sechs Kinder die Bewilligung zur Rückfahrt.

Die verbleibenden zwanzig Personen, Mütter und Kinder sollen aller Wahrscheinlichkeit nach alle zurückgeführt werden.

Europäische Regierungen verweisen gemeinhin darauf, dass sie keine diplomatischen Beziehungen zu den Kurden vor Ort unterhalten. Daher könne man die eigenen Staatsangehörigen nicht einfach zurückholen. Denn völkerrechtlich gehören die Lager zum syrischen Territorium, Ansprechpartner wäre die Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Problem auf die lange Bank geschoben

Auch Deutschland hat die diplomatischen Beziehungen zur syrischen Regierung abgebrochen. Darüber hinaus gilt die Pandemie als Argument, um die Auseinandersetzung über die Rückführung auf die lange Bank zu schieben.

In Deutschland findet derzeit keine entsprechende öffentliche Debatte statt. Nach Angaben der Hilfsorganisation medico international halten sich 120 Kinder, die zumindest einen deutschen Elternteil haben, im Lager al-Hol auf.

Die Bundesregierung hat seit Ende 2019 vereinzelt Frauen und Kinder aus dem Lager geholt. Meist war dies dem Druck von Gerichtsurteilen geschuldet.

Länder wie Frankreich und Großbritannien haben bislang in Einzelfällen Kinder zurückgeholt, zumeist Waisenkinder. In Großbritannien hat das Oberste Gericht einer ehemaligen Staatsbürgerin die Rückreise in das Land verwehrt, das Urteil gilt als wegweisend.