Nicht ohne ihre Mütter
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Wohin mit den Kindern und Eltern, die aus europäischen Ländern kommen und in den Lagern im Norden Syriens leben?
In zwei von Kurden kontrollierten Lagern in Nordostsyrien, wo Mitglieder und Angehörige der Terrororganisation "Islamischer Staat" interniert sind, halten sich nach Medienberichten 19 Minderjährige mit dänischer Staatsbürgerschaft auf. "Diese Kinder sind in einer schwierigen Situation", erklärte die dänische Regierungschefin Dänemarks, Mette Frederiksen. Man wolle ihnen helfen.
Ihr Schicksal sowie das ihrer sieben Mütter beschäftigt das Parlament seit Tagen. Das Thema bringt auch die sozialdemokratische Minderheitsregierung in "eine schwierige Situation", wie es in Kopenhagen heißt. Sollen die Kinder im Lager verbleiben oder nach Dänemark zurückgeholt werden? Der politische Akzent liegt dabei weniger auf dem Humanitären.
Warnungen vor Schulungen des IS
Im Herbst hatte der landeseigene militärischen Geheimdienst FE die Regierung in Kopenhagen benachrichtigt, dass die Terrororganisation IS bereits 30 Kinder aus dem Lager geschmuggelt habe. Der IS plane weitere Entführungen – in diesem Zusammenhang war sogar von 350 Personen die Rede –, um die Minderjährigen zu Terrorkämpfer für ihre Ursprungsländer zu erziehen und auszubilden. Auch sollen IS-Milizen im Lager Schulungen abhalten.
Diese Information wurde kürzlich von der Zeitung Ekstra Bladet publiziert. Das sorgte für politischen Ärger, weil sich das Parlament von der Regierung nicht benachrichtigt benachrichtigt fühlte. Entsprechend forsch ist nun der Auftritt vieler Parteien.
"Wenn wir sie nicht nach Hause bringen, können sie eine Sicherheitsbedrohung für Dänemark darstellen", so Martin Lidegaard von der Radikalen Linken. Die Partei unterstützt, zusammen mit zwei weiteren kleinen Linksparteien, die Minderheitsregierung. Sie verlangen die Rückkehr der Kinder und der sieben Mütter, die vor einigen Jahren Dänemark verlassen hatten, um sich dem "Islamischen Staat" in Syrien anzuschließen. Die Mütter mit Migrationshintergrund haben die dänische Staatsangehörigkeit, einer wurde diese jedoch mittlerweile entzogen.
Ursprünglich wollte die Regierung wie die bürgerlich-liberale Oppositionspartei Venstre niemanden zurückholen, Dänemark ist schließlich für seine harsche Migrationspolitik bekannt. Doch sechs Parteien schlossen vergangene Woche einen Kompromiss: Ein Krisenstab soll bis zum 16. Mai eine Lösung ausarbeiten, wie die Kinder nach internationalem Recht zurückgebracht werden könnten.
Ministerpräsidentin Frederiksen machte jedoch klar, dass sie den Eltern nicht helfen und sie nicht in Dänemark haben wolle. Somit sei der Konflikt nur verschoben, so der Kommentar des öffentlich-rechtlichen TV-Senders DR, zumal eine der Linksparteien, die "Einheitsliste", sich nicht an dem Kompromiss beteiligt hatte.
Nach Medienberichten würden die Mütter ihre Kinder kaum allein nach Dänemark lassen. Eine ausdrückliche Einwilligung sei jedoch für den Transfer der Kinder notwendig, sagen Experten. Auch die Kurden, die das Lager verwalten, gaben gegenüber dänischen Journalisten zu verstehen, dass sie die Kinder nicht ohne die Mütter ziehen lassen.
Der Juraprofessor Jörn Vestegaard schlägt vor, die Mütter nach Dänemark zu holen, um sie dann für ihre Mitgliedschaft beim "Islamischen Staat" strafrechtlich verantwortlich zu machen. Gleichzeitig wird die Situation in al-Hol, dem größten Lager, in dem sich auch die dänischen Staatsbürger befinden, immer härter. Zwölf Morde wurden seit Anfang des Jahres gemeldet, zwei Jugendliche starben gewaltsam Ende März. Insgesamt 40.000 Minderjährige sollen dort nach Angaben von Unicef leben.
Das UN-Kinderhilfswerk fordert aufgrund der Lagerverhältnisse eine Rückführung aller Kinder in ihre Herkunftsländer, die Kinder sollen nicht für die Vergehen ihrer Eltern haften.
Insgesamt 57 Länder wurden von Rechtsexperten der Vereinten Nationen aufgefordert, Frauen und Kinder aus diesen Lagern zu repatriieren. Nach Angaben des belgischen Egmont Institute würden sich über 600 Kinder europäischer Herkunft in den von Kurden kontrollierten Lagern im Norden Syriens aufhalten.