Niederlande: Staatsrat soll Euro-Optionen prüfen
In zwei Wochen wählen die Holländer ein neues Parlament
Am 15. März finden in den Niederlanden Parlamentswahlen statt. Der Abgeordnete Pieter Omtzigt von der christdemokratischen CDA, der bislang größten Oppositionspartei, will dabei mit einem Antrag punkten, dem letzte Woche eine Parlamentsmehrheit zugestimmt hat: Der Antrag sieht vor, dass der niederländische Staatsrat prüft, wie sichergestellt werden kann, dass die in den letzten Jahren mehrfach gebrochenen Versprechen zum Euro eingehalten werden und welche "politischen und institutionellen Optionen" es "für die Zukunft" gibt. Bekannt gemacht und debattiert werden soll das Ergebnis dieser Prüfung allerdings erst Monate nach der Wahl.
Ob der Wähler mit einer Stimme für die Christdemokraten für oder gegen die One-Size-Fits-All-Währung stimmt, ist deshalb nicht klar - und wird von Omtzigt in der Schwebe gehalten: Dem britischen Independent sagte der Politiker, der Staatsrat solle herausfinden, ob und wie die Niederlande aus dem Euro austreten können, während er zur deutschen FAZ meinte, es gehe ihm lediglich um die "Stabilisierung" eines Systems, das "zu großen Risiken für Staaten und einen indirekten Transfer von Sparern und Rentnern hin zu Schuldnern" führe und der niederländischen Rentenkasse durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank schon jetzt eine dreistellige Milliardensumme gekostet habe.
Konkurrenz um Stimmen von Euro-Kritikern
Mit Omtzigs Vorstoß konkurriert die CDA auch um Stimmen jener Wähler, die in den Umfragen angeben, für Geert Wilders EU- und islamkritische Partij voor de Vrijheid (PVV) zu stimmen, deren Wahlprogramm die Forderung nach einem Austritt der Niederlande aus der EU (und damit auch aus dem Euro) enthält. Einer gestern von Peilingwijzer veröffentlichten Sammlung aus sechs aktuellen Erhebungen nach hat diese Partei, die die Umfragen lange klar anführte, wieder etwas verloren und käme nun mit einem Stimmenanteil um die 16 Prozent auf 23 bis 27 der insgesamt 150 Sitze in der Zweiten Kammer. Das sind im Durchschnitt drei weniger als vor einem Monat, aber immer noch fast doppelt so viele wie bei der letzten Wahl.
Die wirtschaftsliberale VVD des amtierenden Ministerpräsidenten Mark Rutte (der in der laufenden Legislaturperiode sein Versprechen brach, nach der ersten "Eurorettung" keine weiteren mehr zuzulassen), liegt mit einem Stimmenanteil im gleichen Bereich ebenfalls bei 23 bis 27 Sitzen. Auf den Plätzen dahinter folgen die Christdemokraten, die Linksgrünen (GL) und die Linksliberalen (D66) mit jeweils 16 bis 18 Sitzen. Ihnen folgen Sozialdemokraten (PvdA) und Postmaoisten (SP) mit jeweils 12 bis 14 Mandaten. Senioren (50+) und moderate Kalvinisten (CU) kommen auf jeweils fünf bis sieben Sitze, fundamentalistische Kalvinisten (SGP) auf drei bis fünf. Chancen auf einen oder zwei Sitze haben die Türkenpartei Denk, Thierry Baudets EU-kritisches Forum voor Democratie und die PVV-Abspaltung VoorNederland.
Wilders sagte Wahlkampfauftritte nach Polizei-Leak ab
Ob der Stimmenanteil der Wilders-Partei weiter zurückgeht, stagniert oder wieder steigt, dürfte auch davon abhängen, wie die Öffentlichkeit seine letzte Woche getätigte Ankündigung aufnimmt, keine Wahlkampf- und Fernsehauftritte mehr wahrzunehmen. Anlass für die Absagen waren Ermittlungen gegen einen marokkanischstämmigen Polizisten, dem vorgeworfen wird, interne Informationen über den Politiker an das Organisierte Verbrechen weitergeleitet zu haben. Was Wilders für den Wahlkampf bleibt, ist der von ihm ausgiebig genutzte Kurznachrichtendienst Twitter, auf dem er fast 780.000 Follower hat, die seine Botschaften verfolgen.
Das dürfte Mark Rutte mit dazu bewegt haben, seinen vorher jahrelang brachliegenden Twitter-Account ebenfalls zu nutzen und Wilders (den er mit seinem Vornamen "Geert" ansprach) auf diesem Wege mitzuteilen, die Chance auf eine Zusammenarbeit in einer neuen Regierung liege bei "Null Prozent". Möglich wäre allerdings, dass andere VVD-Politiker das anders sehen und Rutte ablösen, wenn sich sonst keine Regierung bilden lässt. Gesundheitsministerin Edith Schippers beispielsweise sagte dem Volkskrant in einem Interview im letzten Jahr, in einer Demokratie dürfe "niemand von vornherein ausgeschlossenen werden".
Vierer- oder Fünferkoalition
Gleicht das Wahlergebnis den letzten Umfragen, dann wäre die bisherige Regierungskoalition aus Wirtschaftsliberalen und Sozialdemokraten (die aktuell noch über 79 Mandate verfügt) mit zusammen 35 bis 41 Sitzen weit von den für eine absolute Mehrheit nötigen 75 entfernt. Selbst wenn sie Christdemokraten oder Linksliberalen ins Boot nimmt, liegt sie nur bei 51 bis 59 Sitzen, weshalb das Land auf eine Vierer- oder sogar Fünferkoalition zuzusteuern scheint.
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