Niederlande verhängt Teilverbot über Biwakmützen
Das niederländische Parlament hat am Dienstag seinen Bürgern verboten, ihr Gesicht in bestimmten öffentlichen Einrichtungen zu verhüllen. Formell betroffen sind auch Menschen mit Guy.Fawkes-Maske und Motorradhelm. Gemeint sind aber muslimische Frauen
Kurz nachdem das niederländische Parlament Verschleierungen von Körper und Gesicht an bestimmten öffentlichen Orten verboten hatte, beeilte sich Ministerpräsident Mark Rutte das Offensichtliche zu dementieren: Das Gesetz habe "keinen religiösen Hintergrund", sagte Rutte am Dienstag gegenüber Reportern. Er wolle lediglich "erreichen, dass man Menschen in bestimmten Situationen wie bei Dienstleistungen in die Augen schauen kann".
Weniger Zweifel am eigentlichen Adressaten des Gesetzes ließ hingegen Rechtspopulist Geert Wilders: "Heute verabschiedete das niederländische Parlament ein eingeschränktes Burka-Verbot Nach den Wahlen im nächsten März werde ich ein vollständiges Verbot umsetzen", schrieb der Vorsitzende der niederländischen Freiheitspartei auf Twitter, kurz nachdem sich 132 von 150 Abgeordnete der zweiten Kammer des niederländischen Parlaments für ein Verbot des Schleiers ausgesprochen hatten.
Das Gesetz soll es in Zukunft verbieten, den islamischen Gesichtsschleier in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Bibliotheken, Krankenhäusern und Bussen zu tragen. Verstöße können dann mit bis zu 400 Euro Ordnungsgeld geahndet werden. Außerdem dürfen Polizisten Passantinnen auffordern, zur Identifizierung den Schleier abzulegen. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss allerdings noch die erste Kammer des Parlaments zustimmen.
Die Debatte um das sogenannte Burka-Verbot hält in den Niederlanden schon seit vier Jahren an. Bereits 2012 hatte die niederländische Regierungskoalition ein Verbot des Schleiers angekündigt. Kritik kommt vor allem von der vor zwei Jahren gegründeten Migrantenpartei Denk, die das Gesetz als Einschränkung der Religionsfreiheit kritisierte und ankündigte, einen Fond zu gründen, aus dem die Bußgelder den betroffenen Frauen erstattet werden können. Auch der niederländische Staatsrat, das höchste juristische Beratungsgremium der Regierung, hatte sich mehrfach gegen das Gesetz ausgesprochen.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, würden die Niederlande dem Beispiel zahlreicher anderer europäischer Länder folgen: Das europaweit erste Bußgeld gegen eine Frau wegen Tragens eines Niqab wurde 2010 in der norditalienischen Stadt Novara verhängt. Der von der rechtsradikalen Lega Nord dominierte Stadtrat hatte zuvor ein Verbot durchgesetzt. Auf staatlicher Ebene ist in Belgien seit 2010 das Tragen von "Kleidung, die das Gesicht ganz oder teilweise bedeckt", in der Öffentlichkeit verboten. Die Regierung wollte damit vor allem der Radikalisierung von Muslimen entgegenwirken. Radikalisiert hat sich die islamistische Szene Belgiens seitdem allerdings dennoch, wie beispielsweise die vergleichsweise hohe Zahl IS-Anhänger zeigt.
Wenig Erfolg hatte auch Frankreich mit seinem Schleier-Verbot. Nach Schätzungen des Innenministeriums tragen nach wie vor dem Verbot rund 2000 Französinnen einen Niqab. Ein möglicher Grund dafür, dass Frauen sich nicht von den 150 Euro Bußgeld abschrecken lassen: Auch in Frankreich müssen betroffene Frauen nicht selbst zahlen. Ein algerischer Geschäftsmann hat stattdessen in der Vergangenheit oft die Bußgelder übernommen.
"Wenn die Niederländer Burkas verbieten können, können wir das auch"
Im schweizerischen Kanton Tessin gilt seit Juli dieses Jahres ein Schleier-Verbot. Schweizer Medien berichten, dass seitdem keine Niqab-Trägerinnen auf der Straße zu sehen seien. Außer Touristinnen aus den Golf-Staaten hätten aber auch schon vor dem Verbot keine Frauen den Schleier getragen.
Zuletzt verabschiedete das bulgarische Parlament ein Gesetz, welches das Verhüllen des Gesichts in der Öffentlichkeit verbietet und mit bis Strafen bis zu 750 Euro ahndet. Ausnahmen gibt es für Ärzte und andere Berufsträger. In Norwegen kündigte Bildungsminister Torbjorn Roe Isaksen im Oktober an, den Schleier in Schulen und Universitäten verbieten lassen zu wollen. Auch in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen debattieren Öffentlichkeit und Politik in diesem Jahr über ein mögliches Verbot.
In Deutschland will die CDU auf ihrem Bundesparteitag am 6. und 7. Dezember das Thema erneut diskutieren. In einem Leitantrag der Parteispitze heißt es, man wolle Niqab und Burka "unter Ausschöpfung des rechtlich Möglichen (…) verbieten". Gemeint ist ein Teilverbot des Schleiers in öffentlichen Einrichtungen. Deutlicher wurde hingegen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: "Ein Verbot der Vollverschleierung muss jetzt auch in Deutschland kommen. Die Burka ist die Uniform des Islamismus und im aufgeklärten Europa zeigt man Gesicht", sagte Scheuer am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa und fügte hinzu: "Wenn die Niederländer Burkas verbieten können, können wir das auch."
Ähnlich wie in Deutschland dürfte die Zahl der von dem Verbot tatsächlich Betroffenen in den Niederlanden äußerst gering ausfallen. Nach einer Schätzung der Regierung tragen rund 100 Musliminnen den islamischen Gesichtsschleier. Über die Zahl der Biwakmützenträger machte die Regierung keine Angaben.