Niedrige Flughöhen: Chance für eine neue Wirtschaft?
China entwirft eine "Wirtschaft für niedrige Flughöhen". Ist das nur ein neues Hobby der Kommunistischen Partei oder steckt mehr dahinter?
Mit den Lufttaxis für die Pariser Olympiade hat es ja nun doch nur für ein paar Schauflüge gereicht. Dennoch konnte die in Bruchsal beheimatete Firma Volocopter die Funktionalität ihrer Flugtaxis werbewirksam zur Schau stellen.
Wie in allen anderen Industriezweigen auch denkt man in China in bedeutend größeren Dimensionen. Hier werden fliegende Autos, Flugtaxis, alle Arten von zivilen Drohnen, aber auch Luftschiffe für Lastentransporte oder Touristen als "Low Altitude Economy", Wirtschaft für niedrige Flughöhen, zusammengefasst.
Wie die South China Morning Post (SCMP) erklärt, bezieht sich der Begriff "niedrige Flughöhe" sich auf den Luftraum in einer Höhe von einem Kilometer über der Erdoberfläche. Beijing erhofft sich von der "Low-Altitude-Economy" hochwertige Arbeitsplätze, Anstöße für Innovation in Wissenschaft und Technologie und neue Impulse für die Gesamtwirtschaft.
Serienreife Flugautos
Dieser Bereich sei für Länder auf der ganzen Welt von wachsendem Interesse, versichert die SCMP und verweist auf eine Schätzung, wonach Chinas Wirtschaft für niedrige Flughöhen bis 2030 ein Volumen von zwei Billionen Yuan (dann rund 280 Milliarden US-Dollar) erreichen soll.
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Wer solche Zahlenspiele für Fantastereien hält, ist eingeladen, einen Blick auf die einzelnen Meldungen zu diesem Thema zu werfen. Der größte chinesische Hersteller von Elektroauto-Batterie, CATL, investiert etwa Millionen in das Luftfahrzeug-Unternehmen AutoFlight, das ein fliegendes Auto herstellt. Das Unternehmen betreibt auch eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung in München.
Und Xpengs Flugauto-Tochter AeroHT preist das erste serienreife Flugauto mit 200.000 US-Dollar an, und will zunächst 5.000 Stück davon verkaufen. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Auslieferung Ende 2025 beginnen wird, während AutoFlight 2026 mit dem Verkauf beginnen will.
Keine Science-Fiction mehr
Waren solche Vorstellung bisher reine Science-Fiction, bietet die Entwicklung teilautonomer oder autonomer Systeme nun realistischere Perspektiven für diese Technik.
So kann es nicht verwundern, dass Volocopter jetzt mit der Unterstützung des chinesischen Unternehmens Geely nach China expandieren will. Geely hatte schon 2019 eine Investitionsrunde in Höhe von 94 Millionen US-Dollar für Volocopter geleitet.
Doch im Zentrum der Low Altitude Economy dürften künftig wohl unbemannte Drohnen stehen, die hauptsächlich für Frachttransporte eingesetzt werden. Bereits heute bedienen Frachtdrohnen in China feste Routen in Ballungsräumen und helfen so, Verkehrsstaus am Boden zu vermeiden.
Drohnen sind der Kern der Branchen
Telepolis hatte bereits im April berichtet, dass im Perlflussdelta eine erste, 70 Kilometer lange Route zwischen Shenzhen und Zhongshan eröffnet worden ist.
Geeignet sind Drohnentransporte aber auch für schwer zugängliche Regionen wie im dünn besiedelten Nordwesten Chinas. Auf diesen Aspekt legt Beijing beim Ausbau der Low Altitude Economy besonderen Wert. AVIC, der bedeutendste chinesische Flugzeugbauer, hat mit seiner Frachtdrohne HH-100 in der Provinz Xian unlängst einen erfolgreichen Jungfernflug absolviert.
Fast schon zwei Millionen Drohnen über China
Einen Schritt weiter ist Ehang, der chinesische Marktführer im Bereich unbemannter Fluggeräte. Die Firma hat bereits die Musterzulassung, die Produktionsbescheinigung und die Lufttüchtigkeitsbescheinigung für sein unbemanntes Luftfahrzeug EH216-S erhalten und wichtige regulatorische Hürden für die Vermarktung des Vehikels genommen.
Im Ausland ist die autonome Passagierdrohne bereits im Verkauf. Stückpreis 322.000 US-Dollar. Das Gerät hat laut Herstellerangaben bereits 42.000 Testflüge in 14. Ländern absolviert.
Die Zahl der neu registrierten unbemannten Flugzeuge oder Drohnen ist in China in den ersten sechs Monaten des Jahres um 48 Prozent gestiegen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 wurden in China 608.000 neue unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) registriert, womit sich die Gesamtzahl auf über 1,87 Millionen erhöhte.
Wiederholt China die europäische Zeppelin-Pleite?
Chinas erstes selbst entwickeltes ziviles bemanntes Luftschiff hat nach Angaben seines Konstrukteurs bewiesen, dass es im Bereich des Tourismus in geringer Höhe eingesetzt werden kann.
Das AS700 genannte Zeppelin überflog bei seinem rund zweistündigen Flug in der zentralen Provinz Hubei mehrere Touristenattraktionen entlang der geplanten Teststrecke mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h und einer Höhe von 500 Metern.
Wie früher in Deutschland, Großbritannien und Frankreich denkt man heute auch in China über eine Nutzung von Luftschiffen als Schwerlasttransporter für unzugängliche Regionen nach.
Doch ob der große chinesische Binnenmarkt ausreicht, um den silbernen Riesenzigarren eine Zukunft in Fernost zu ermöglichen, wird sich erst noch erweisen müssen. Immerhin liegen laut Herstellerangaben 20 Bestellungen vor.
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