München will Verkehrsprobleme mit Seilbahn lösen
Am Flughafen soll außerdem ein Mini-Transrapid gebaut werden
München ist Deutschlands Stau-Hauptstadt - und auch der öffentliche Nahverkehr funktioniert dort so schlecht, dass sich selbst Berliner wie Felix von Leitner entsetzt zeigen. Ein wenig Besserung soll nun ein neues Verkehrsmittel bringen, das nicht auf oder unter der Erde, sondern über ihr transportiert: Eine Seilbahn.
Die 50 bis 60 Meter hohe Schwebebahn soll dem Plan der Unternehmensgruppe Schörghuber nach den Andrang auf die besonders überfüllten und unpünktlichen U-Bahn-Linien U3 und U6 verringern, indem sie mit 32-Personen-Kabinen stündlich 4.000 Fahrgäste von der U3-Station Oberwiesenfeld zur U6-Haltestelle Studentenstadt bringt. Bislang muss man für diesen Weg einen Bus nehmen, der sehr häufig im Stau steckt, oder acht U-Bahn-Stationen fahren und an der Münchner Freiheit umsteigen.
Der mit Abstand schlimmste Flaschenhals, das Sendlinger Tor mit seinem Umstieg zu den Trambahnen und den Linien U1 und U2, wird dadurch jedoch nicht entlastet. Für kürzere Takte, die dort zu einer Entlastung beitragen könnten, hat die MVG angeblich zu wenig Fahrer, wie sie dem Stadtrat zum Dienstag mitteilte. Vor drei Jahren, als das Verkehrsunternehmen auf Anfrage von Telepolis hin meinte, es brauche keine fahrerlosen Züge, klang das noch ganz anders (vgl. Stillstand bei fahrerlosen Zügen).
Reiter (SPD) und Aigner (CSU) dafür
Die Chancen dafür, dass die viereinhalb Kilometer lange elektrisch betriebene Luftverbindung über dem Frankfurter Ring tatsächlich eingerichtet wird, stehen gut, weil sowohl Münchens sozialdemokratischer Oberbürgermeister Dieter Reiter als auch Bayerns christsoziale Verkehrsministerin Ilse Aigner dafür sind und die geschätzten 50 Millionen Euro Kosten zwischen Bund und Land aufteilen wollen. Aigner gab sich gestern auf einer Pressekonferenz "begeistert"; Reiter sprach von einer "rundum gelungenen Idee".
50 Millionen Euro sind viel Geld - aber nur ein Sechsundvierzigstel der 2,3 Milliarden Euro, die den am Dienstag bekannt gewordenen Schätzungen nach der geplante Flughafen-S-Bahn-Express-Tunnel zwischen Daglfing und Johanneskirchen bis 2037 kosten wird. Vor dem Bekanntwerden dieser Schätzung hatte der Münchner Stadtrat mit 970 Millionen Euro gerechnet. Der Tunnel soll dafür sorgen, dass die S-Bahnen nicht mehr ständig vom Güterverkehr gestört werden, mit dem sie sich derzeit die Gleise teilen. Ein oberirdischer Ausbau würde nur 757 Millionen Euro kosten, aber Bauland beanspruchen.
Mini-Transrapid und Flugtaxi-Landeplätze
Nicht zum Flughafen, wie ursprünglich geplant (vgl. Fortschritt im Schneckentempo), sondern am Flughafen selbst soll künftig ein Transrapid-Magnetschwebezug fahren, für dessen Planung der Bundestag Ende Juni vier Millionen Euro bewilligte. Der Zug könnte dem Flughafen-GmbH-Geschäftsführungsvorsitzenden Michael Kerkloh zufolge die Terminals 1 und 2 miteinander und mit einem geplanten Firmen- und Forschungs-Campus verbinden.
Am Münchner Hauptbahnhof, den die Magnetschwebebahn den alten Plänen nach mit dem Flughafen verbinden sollte, möchte der Münchner CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl Start- und Landemöglichkeiten für Flugtaxis schaffen, die seinen Worten nach "schon bald Realität werden" könnten, weil Firmen wie Lilium aus Gilching "kurz vor der Zulassung" stünden (vgl. Elektroflugzeug: Senkrechtstarter Lilium Jet absolviert erfolgreich ersten Testflug über Bayern). Deshalb soll die Bahn einem Antrag seiner Fraktion nach bei der anstehenden Sanierung entsprechende Start- und Landeflächen einplanen. Dann könnten Fahrgäste innerhalb von sieben Minuten vom Flughafen zum Hauptbahnhof gelangen.
Tadel für Störungen und Lob für Rolltreppen
Ob sich dann mehr Leute für eine Weiterfahrt mit der Bahn entscheiden, dürfte auch davon abhängen, ob es das Unternehmen schafft, seine Störungen in den Griff zu bekommen. Die gibt es zum Beispiel von 27. Juli bis zum 11. September auf der Strecke zwischen München, Freising und Landshut, die in diesem Zeitraum nur mit einem Umsteige-Flickenteppich über den Flughafen versorgt wird. Da können sich dann für eine nur gut 70 Kilometer lange Strecke Fahrzeiten von bis zu zweidreiviertel Stunden ergeben. Dass die Bahn "großzügig" verlautbarte, von Dauerkartenbesitzern für die Umwege keine Extra-Gebühren zu verlangen, brachte zumindest einen Fahrgast dazu, sich wieder ein Auto zu kaufen, wie er auf Twitter verlautbarte.
Lob in Sozialen Medien erhält die Bahn dagegen für ihren Umstieg auf Rolltreppen, die nicht mehr in wechselnde Richtungen, sondern nur nach oben fahren. Sie sind nicht nur sehr viel preisgünstiger und "deutlich weniger störanfällig", sondern verhindern auch, dass sich junge Leute herunterlümmeln, während sich gleichzeitig gehbehinderte Rentner nach oben ächzen. Von 2019 an will das Unternehmen diese am Rosenheimer Platz getestete neue Technik an elf weiteren Zugängen in München einsetzen.
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