Nigeria: 20 Milliarden US-Dollar Ölgeld verschwunden?
Staatspräsident suspendiert Zentralbankchef
Der nigerianische Staatspräsident Goodluck Jonathan, ein Ijaw, hat den 2009 ernannten Zentralbankchef Lamido Sanusi, einen Fulbe-Adligen, suspendiert und durch dessen bisherige Stellvertreterin Sarah Alade, eine Yoruba, ersetzt. Als Begründung führte er an, Sanusi stehe im Verdacht, Kompetenzen überschritten und Recht gebeugt zu haben. Solange dies untersucht werde, müsse er sein Amt ruhen lassen.
Sanusi hatte zuvor öffentlich behauptet, dass in dem Drittweltland zwischen Januar 2012 und Juli 2013 von insgesamt 67 Milliarden US-Dollar Ölgeld mehr als 20 Milliarden ohne Verbuchung verschwunden seien. Der staatliche Ölkonzern versuchte Sanusis Anschuldigung damit zu erklären, dass dieser "wenig von der Olförderung verstehe". Eine nicht für alle Beobachter befriedigende Reaktion, mit der sich Jonathan bislang trotzdem zufriedengibt.
Der Fulbe, der sich zum Zeitpunkt der Bekanntgabe seiner Suspendierung im Ausland aufhielt, sagte CNBC, dass man zwar einen Zentralbankchef suspendieren könne, "aber nicht die Wahrheit". Außerdem kündigte er an, gerichtlich gegen die Entmachtung vorzugehen. Seiner Ansicht nach hat der Staatspräsident nicht die Autorität zu einer Suspendierung, weil das die Unabhängigkeit der nigerianischen Zentralbank gefährden würde. Jonathan hatte Sanusi bereits im Dezember zum Rücktritt aufgefordert, der jedoch war der Aufforderung nicht nachgekommen und hatte angekündigt, bis zum Ende seiner Amtszeit im Juni weitermachen zu wollen.
Ob sich Goodluck Jonathan mit der Suspendierung Sanusis langfristig einen Gefallen getan hat, wird die Zukunft zeigen: Im nächsten Jahr wird in Nigeria gewählt und Beobachter sehen die aktuellen Vorgänge auch als Ausdruck eines sich verschärfenden Machtkampfs zwischen einem christlichen Staatspräsidenten, der um die Wiedernominierung durch die eigene Partei kämpft, und einem moslemischen Zentralbankchef, der als Mann mit politischen Ambitionen gilt, auch wenn er diese bislang nicht offen zugab.
Würde sich Sanusi politisch auf das Thema Korruption konzentrieren, dann hätte er in Nigeria ein schier unerschöpfliches Reservoir an Wahlkampfschlagern. Selbst wenn er nicht selbst damit antritt, sondern einen anderen Kandidaten unterstützt, könnte er Jonathan mit Insider-Informationen potenziell schaden, weil diese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch dessen engeres Umfeld betreffen würden.
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