Nikitin & Co.: Die Pläne der exilrussischen Neonazi-Miliz in der Ukraine

Seite 2: White Rex: Hooligan-Gewalt, weiße Vorherrschaft und die US-Connection

Der Anführer der Anti-Putin-Kämpfer in der Ukraine Denis Kapustin alias Nikitin ist seit langem eine feste Größe unter den europäischen Extremisten, Rechtsradikalen und gewalttätigen Neonazis.

Nikitin wurde in Russland geboren, zog mit seiner Familie im Alter von 17 Jahren nach Köln und radikalisierte sich als rechter Hooligan in der Ultra-Szene. Stolz erzählt er, dass er schon früh ein gerahmtes Foto von Joseph Goebbels in seinem Zimmer aufgehängt habe, während er an Straßenschlachten am Rande von Fußballspielen teilnahm.

Seitdem propagiert er die Ideologie einer Überlegenheit der weißen Rasse ("white supremacy"). Um sein rassistisches Weltbild zu verbreiten, gründete er die Marke "White Rex" (steht für: White, Heterosexual, Reactionary, Xenophobe, also: Weiß, Heterosexuell, Reaktionär, Fremdenfeindlich), unter der T-Shirts, Hoodies und Sportklamotten mit Nazi-Symbolen und Sprüchen wie "Angry Europeans" verkauft werden.

Zugleich organisierte er Mixed-Martial-Arts-Veranstaltungen und nahm an sogenannten Waldkämpfen teil. Sein Ziel: Orientierungslose Jugendliche als Kämpfer rekrutieren.

Aber es geht ihm nicht nur um Kämpfe und Macho-Gehabe untereinander. Nikitin beteiligte sich schon früh an Gewalt gegen Migranten und Angriffe auf Minderheiten. Nachdem er wieder nach Russland zurückgekehrt war, sagte er 2018 einem Reporter des britischen Guardian:

Wenn wir jeden Tag einen Einwanderer töten, sind das 365 Einwanderer in einem Jahr. Aber Zehntausende von ihnen werden trotzdem kommen. Mir wurde klar, dass wir die Folgen bekämpfen, aber nicht den Grund dafür. Deshalb kämpfen wir jetzt um die Köpfe, nicht auf der Straße, sondern in den sozialen Medien.

Im Jahr 2017 schloss sich Nikitin dem rechtsextremen Asow-Bataillon an, einer paramilitärischen Neonazi-Einheit in der Ukraine. Um sein nationalistisches Programm auszuweiten, nahm er Kontakte zu Neonazis in den USA auf.

Mit einer prominenten Figur der US-Szene, Robert Rundo, dem Gründer der Straßenschlachten-Gang "Rise Above Movement", begann er im Januar 2021 einen Podcast, in dem die beiden u.a. über sogenannte "active clubs" diskutieren, faschistische Kampfgruppen, die sich in den Vereinigten Staaten verbreitet haben. Außerdem geht es um weißen Nationalismus oder Propagandastrategien, während der Sturm auf das US-Kapitol vom 6. Januar 2021 gefeiert wird.

Ein weiterer Neonazi Christopher Pohlhaus, der die sogenannte "Blood Tribe" in den USA anführt, trat ebenfalls in dem Podcast auf. Seitdem hat Pohlhaus scheinbar engere Verbindungen zu Nikitin geknüpft.

Auf Telegram teilte er jedenfalls kürzlich mit, dass er seinem Freund "Denis" in der Ukraine helfen wolle. Er plane, in die Ukraine zu reisen, um eine "Pipeline für Neonazis" aufzubauen, um derart freiwillige Kämpfer ins Kriegsgebiet zu schleusen.

Allerdings wird es für Pohlhaus schwierig werden, über Polen oder Rumänien in die Ukraine einzureisen. Diese Länder haben wie die Ukraine auch in der Vergangenheit Extremisten, die am Krieg in der Ukraine teilnehmen wollen, an der Grenze aufgehalten bzw. schieben sie zurück in ihre Heimatländer.

Bisher haben sich die anfänglichen Sorgen, dass der Krieg Neonazi-Aktivsten aus der ganzen Welt anziehen könnte, nicht bestätigt. Doch das könnte sich ändern. So stellt ein Bericht des US-Grenzschutzes jüngst fest, dass zunehmend US-Extremisten aufgehalten werden müssen, die sich auf dem Weg in die Ukraine befinden, um am "Konflikt teilzunehmen".

Nikitin und sein Neonazi-Freiwilligenkorps, Prigoschin mit den Wagner-Paramilitärs und die rechtsradikalen Asow-Einheiten zeigen, dass im Hintergrund des Ukraine-Kriegs extremistische Kräfte genährt werden, die ihre Chance suchen, die eigene Agenda voranzutreiben und ihre Machtposition zu stärken.

Russland wie die Ukraine spielen beide ein gefährliches Spiel, solange sie deren Dienste für schmutzige Kriegsführungen, verdeckt oder offen, in Anspruch nehmen. Kacper Rekawek, der sich beim "Counter Extremism Project" um ausländische Kämpfer im Ukraine-Krieg kümmert, verweist außerdem darauf, dass die Ukraine ein Problem mit rechtsextremen Elementen in ihren Militärstrukturen bekommen könnte, wenn es in der Zukunft um Aufnahme in die EU oder in die Nato gehen werde.