No Covid: Zonengrenzen statt Ländergrenzen

Grafik: TP

Die Initiative reagiert auf Einwände von Spahn und Dreier, Deutschland sei nicht Australien

"No Covid" klingt ähnlich wie "Zero Covid". Aber während bei "Zero Covid" umstrittene Akteure wie Hengameh Yaghoobifarah, Mario Sixtus und Natascha Strobl die Zahl der Fans in einem medienpräsenten, aber überschaubaren Rahmen halten, tritt "No Covid" seriöser auf. Damit hat es die Initiative bis in die Lobby der Staatsführung geschafft, wo Melanie Brinkmann und Michael Meyer-Hermann Kanzlerin Merkel beraten dürfen. Merkels Medienberichten nach verfolgtes Ziel, den Inzidenzwert auf zehn anstatt nur auf 50 zu senken, ist auch der erste von der Initiative geforderte Schritt.

Schengenraum vs. Südpazifik

Heute Mittag stellten Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, und Clemens Fuest, der Präsident des Münchner ifo-Instituts, auf einer Zoom-Pressekonferenz eine "europäische No-Covid-Strategie" vor.

Damit reagierten sie auf Äußerungen des deutschen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn. Der hatte gemeint, die an den Anti-Corona-Maßnahmen in den von Wasser umgebenen Ländern Australien und Neuseeland orientierten Vorschläge der No-Covid-Initiative seien nicht auf ein Land übertragbar, das an Dänemark, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich, die Schweiz, Österreich, Tschechien und Polen grenzt. Wie sehr diese Grenzen das Pandemiegeschehen beeinflussen zeigte sich daran, dass es in den letzten Monaten vor allem die bayerischen und sächsischen Gebiete in der Nähe zu Tschechien waren, in denen die Inzidenzwerte in die Höhe schossen.

"Vorreiterrolle"

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Marie-Luise Dreyer hatte sich ähnlich wie Spahn geäußert und darüber hinaus gemeint, sie könne sich nicht vorstellen, "dass die Bevölkerung [so einen Weg] mitgehen kann". In Dreyers Bundesland wird im März gewählt - und im ARD-Deutschlandtrend stieg die Zahl der Bürger, die mit der Coronapolitik nicht zufrieden sind, seit dem Dezember um zwölf Punkte auf jetzt 54 Prozent.

Die Lösung, die Priesemann, Brinkmann und Fuest heute präsentierten, heißt "Europa". Dem in der Pressekonferenz geäußerten Einwand des schweizerischen Rundfunks, ob sich die 26 außerdeutschen EU-Länder und die restlichen 20 europäischen Staaten so einfach auf einen Kurs bringen lassen, entgegnete man, dass Deutschland einfach eine "Vorreiterrolle" einnehmen solle, dann würde sich der Rest vielleicht anschließen.

Konzentration auf vulnerable Gruppen wird abgelehnt

Der als erster Schritt propagierte Inzidenzwert Zehn soll der Initiative nach durch weiter geschlossene Schulen bis Anfang März erreicht werden. Um danach auf einen Inzidenzwert "nahe Null" zu kommen, will man Deutschland und Europa in Zonen aufteilen: In rote und grüne Zonen. Bewohner der roten Zonen sollen dann weiter mit Lockdown-Maßnahmen leben und sich mit dem Ziel, eine grüne Zone zu werden, mehr anstrengen, die Anti-Covid-Maßnahmen einzuhalten. Bewohner einer grünen Zone in Frankreich könnten dann zwar in eine benachbarte grüne Zone in Deutschland - aber mit den roten Zonen in Frankreich wäre der Verkehr eingeschränkt.

Eine Konzentration auf vulnerable Gruppen (vgl. Es gibt Alternativen zum Lockdown-Elend) lehnte die sehr sympathisch, aber etwas konfus wirkende Brinkmann mit den Einwänden ab, dass Altersheime durch das praktische Verschwinden des Virus in der Außenwelt am besten geschützt seien, dass auch junge Leute schwer erkranken könnten, und dass es bei jüngeren Leuten, die nicht daran sterben, Langzeitfolgen gebe.

Welche Maßnahmen No Covid für die verschiedenen Zonen konkret fordert, und welche nicht, war nach der Pressekonferenz nur bedingt klarer als vorher. Dafür wurden indirekt ein Elefant im Raum sichtbar: Die Impfstoffentwicklung, die dafür sorgen könnte, dass es auch ohne "scharfen schnellen Schock" keine ewig abwechselnd gelockerten und verschärften "kleinen" Lockdowns gibt: Eine Reporterfrage zu den Impfstoffen aus Russland und China wollte Brinkmann nicht beantworten, weil sie meinte, das gehöre nicht hierher.

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