No Fun
Rechte Partei will "Internet-Kanzler" stellen
Wenn die Rechten nicht so geschwätzig wären, hätte es wohl kaum einer gemerkt. Aber ausgerechnet im Forum der neonazistischen Netzseite www.nit.de meldet am 15. August stolz ein strammer Nationalist unter der Überschrift: "Was in der Realität schwierig, bei dol2day geschafft!": "Die 'Vereinigte' rechte Partei ist zum Leben erweckt. Was wir im Realleben noch nicht schaffen, hier ist es vollbracht."
Vollbracht ist die Teilnahme einer virtuellen Rechtspartei namens FUN ("Freiheitlich Unabhängig National":) an dem Politikspiel der Internet-Gemeinde democracy online today, einer Parallelwelt zur realen politischen Landschaft in Deutschland, bei dem jedermann Parteien gründen und sogar "Kanzler" werden kann.
Derzeit amtiert als "Internet-Kanzler" der Berliner Jura-Student Tim Peters, Mitglied im Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) an der Humboldt-Universität. Bereits am 1. September findet die nächste Wahl eines Kanzlers statt, wahlberechtigt sind im Augenblick knapp 5300 Mitglieder, die sich auf den Seiten von dol2day registriert haben. Und genau zu dieser Wahl treten nun auch die Rechten von FUN an, mit einem Parteiprogramm, das auch die Republikaner nicht schwammiger hätten verfassen können.
Nun tut so ein Online-Demokratie-Spiel gewiss keinem richtig weh, obwohl die Vorstellung, dass die braune FUN-Front demnächst womöglich einen zwar einflusslosen, aber doch werbewirksamen Internet-Kanzler stellen könnte, schon ein wenig unangenehm ist. Schlimmer jedoch ist, dass es dieser Online-Partei gelungen ist, in nur sechs Tagen 150 Internet-User zu finden, die auf den Seiten von dol2day die Kandidatur von FUN mit ihrer Unterschrift unterstützen.
Und bereits heute Abend wollen die rechten Flagge zeigen. Anlass ist der Auftritt des derzeitigen Internet-Kanzlers in der ARD-Sendung "Sabine Chistiansen". Den anschließend gegen 22.45 Uhr angebotenen Chat wollen die Rechten dann nämlich propagandistisch für ihre Zwecke nutzen.