Nord Stream 2: US-Botschafter Grenell warnt deutsche Unternehmen
"Klare Botschaft der US-Politik": Das Engagement sei mit einem "erheblichen Sanktionsrisiko" verbunden
Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell setzt wie, heute zum Beispiel von der Tagesschau berichtet wird, deutsche Unternehmen, die am Gas-Pipeline-Projekt Nord Stream 2 beteiligt sind, "offenbar immer stärker" unter Druck. Grenell soll Unternehmen per Mail mitgeteilt haben, dass sie sich mit ihrem Engagement im russischen Energieexport-Sektor "an etwas beteiligen, das mit einem erheblichen Sanktionsrisiko verbunden ist".
Die E-Mail liegt nach eigenen Angaben der Bild am Sonntag vor, die daraus weiter zitiert: "Im Ergebnis untergraben Firmen, die den Bau beider Pipelines unterstützen, aktiv die Sicherheit der Ukraine und Europas."
Als Drohung sollte der Hinweis mit den Sanktionen aber nicht verstanden werden, wird laut Tagesschau vom Sprecher Grenells mitgeteilt. Der Brief sei nicht als Drohung aufzufassen, sondern als "klare Botschaft der US-Politik" - was mitunter auf das Gleiche hinauslaufen kann. Bemerkenswert jedenfalls ist die hybride Auffassung, die Grenell von seinem diplomatischen Posten in Deutschland hat.
Dass ein US-Diplomat Wirtschaftsinteressen seines Landes vertritt, ist nicht ungewöhnlich. Auffallend ist aber die polternde Art und Weise Grenells, den Botschafterjob umzuinterpretieren zum Filialleiter Deutschland für die America-First-Politik seines Bosses und Förderers Trump. Dabei nimmt er Sicherheitspolitik als Hebel, um Konkurrenten wegzudrücken. Als Diplomat kann er das im Unterschied zu normalen Wirtschaftsvertretern.
Seine Gegnerschaft zum Nord Stream2-Projekt hat Grenell schon mehrfach herausgestellt. Sie ist einfach motiviert: Putin ist aggressiv und feindselig, mit Nord Stream 2 ist Deutschland im "Würgegriff der russischen Regierung", das Pipeline-Projekt ist "ein Affront gegen die energie- und sicherheitspolitischen Ziele Europas", behauptete Grenell in einem Gastbeitrag für die Rheinische Post, kurz vor Weinachten: "Durch die Pipeline fließt nicht nur russisches Gas, sondern auch russischer Einfluss."
Die Ukraine hätte darunter zu leiden, weil ihr durch die Pipeline, die durch die Ostsee führt, wichtige Transfergebühren entgehen und weil Nord Stream 2 die Tür für zunehmende russische Aggression gegenüber Kiew öffne, "da Moskau sich dann nicht mehr darum sorgen müsste, wie sich seine Aktivitäten auf die Gasverkäufe an Westeuropa auswirken". Der Schluss aus alledem, steht schon im Titel des Gastbeitrags, damit sich Leser weitere Mühe sparen können: "Deutschland muss Unterstützung für Nord Stream 2 beenden."
Auch aktuell verweist Grenell per Twitter auf die ukrainische Position, die vom europäischen Parlament unterstützt würde. Dazu zitiert er aus der regierungsnahen Kyiv Post.
Neben der Ukraine hat auch Polen "und einige östliche EU-Staaten" Interesse daran, den Bau zu stoppen. Sie alle argumentieren mit der Bedrohung, die von Russland ausgehe, wie die Welt berichtet.
Aber es sind durchaus ganz handfeste wirtschaftliche Interessen, die mit dem Vorgehen des US-Botschafters verknüpft sind. Sie haben mit dem Export von Flüssiggas LNG zu tun, an dem Trump sehr viel liegt. In Polen hat man sich mit dem Bau von Flüssiggas-Terminals längst auf dieses Geschäft vorbereitet.
Trump fördert den LNG-Export mit allen ihm zur Verfügung stehenden Druckmitteln. Das Hindernis, das sich den US-Wirtschaftsinteressen entgegenstellt, ist, dass die Ostseepipeline wirtschaftlich rentabler ist und sehr viel besser für die Umwelt als die aufwendige Fracking-Förderung von Erdgas in den USA und der immens schadstoffreiche Transport von US-Gas über den Atlantik.
Eine Notiz der SZ vom 16. Oktober 2018 erklärt, wie sich Grenell für LNG-Lieferungen nach Europa einsetzt, ganz im Interesse des deutschen Ablegers des US-Chemiegiganten Dow Chemical, der an einem LNG-Terminal-Bauprojekt in Stade beteiligt ist. Dafür will und braucht man Unterstützung von der deutschen Regierung.
Seit EU-Kommissionspräsident, Jean-Claude Juncker, der amerikanischen Regierung im Sommer letzten Jahres Zusagen über LNG-Abnahmen durch die EU gemacht habe, sei in Norddeutschland "ein wahres LNG-Fieber ausgebrochen", berichtete an dieser Stelle Malte Daniljuk Ende Oktober: "Und die Bundesregierung wird diese Projekte mit Steuergeldern unterstützen, nicht zuletzt, weil sie - anders als Nord Stream - wirtschaftlich nicht rentabel sind." (vgl. Weltpolitik in Norddeutschland).
Daniljuk berichtet, dass sich Uniper "im Falle von rückwirkenden Sanktionen gegen die Finanzierung von Nord Stream 2" vom Projekt zurückziehen könnte. "Wir können natürlich als Uniper nicht riskieren, dass wir tatsächlich amerikanischen Sanktionen ausgesetzt sind. Dann wären wir vom Zahlungsverkehr ausgeschlossen, könnten den US-Dollar nicht mehr handeln", erklärte Finanzvorstand Christopher Delbrück.