Nordkorea-Russland-Allianz: Chinas strategische Ohnmacht

Seite 2: Historische Parallelen

Ob sich die heutige chinesische Führung durch das Militärbündnis Nordkoreas mit Russland ähnlich verraten fühlt, bleibt abzuwarten. Wie sein Großvater im Jahr 1950 hat Kim Jong Un bei seiner Hinwendung zu Putin wenig Rücksicht auf Chinas Interessen genommen.

Chinas passive Reaktion sowohl auf Pjöngjang als auch auf Moskau ist besonders bemerkenswert, wenn man Beijings Position als stärkste Macht in diesem Dreieck bedenkt.

Anders als zu Maos Zeiten benötigt die heutige chinesische Führung für ihre strategischen Entscheidungen nicht die Zustimmung Putins. Und die revolutionären Bande zwischen Beijing und Pjöngjang, die einst Mao und Kim Il-sung verbanden, sind längst zerrissen.

Putins zermürbender Krieg in der Ukraine hat Russland, wie Analysten oft anmerken, zu einem Juniorpartner – wenn nicht gar zu einem Bittsteller – in den Beziehungen zu China degradiert, ganz im Gegensatz zu 1950, als die Sowjetunion China in jeder Hinsicht der harten Macht weit überlegen war.

Nordkorea wiederum ist wirtschaftlich nach wie vor stark von China abhängig und hat in der gesamten Nachkriegszeit 90 Prozent seines Handels und den Großteil seiner Energieimporte aus Beijing bezogen.

Einige strukturelle Merkmale sind dennoch ähnlich, was den Koreakrieg zu einer nützlichen Analogie für Chinas derzeitiges Dilemma mit Nordkorea und Russland macht. Im Jahr 1950 kristallisierte sich Nordostasien in zwei gegensätzliche Lager: ein Block aus Sowjetunion-China-Nordkorea stand einem Bündnis aus USA-Japan-Südkorea gegenüber.

Kim Il-sung sicherte sich Stalins Unterstützung für seinen Einigungsplan gerade wegen dieser scharfen militärischen und ideologischen Spaltung.

Heute balanciert Nordostasien wieder am Rande einer bipolaren Konfrontation. Während die Beziehungen zwischen den USA und China nur noch wenig Ähnlichkeit mit den Anfängen des Kalten Krieges haben, hat ihre stetige Verschlechterung seit der ersten Trump-Präsidentschaft eine Öffnung geschaffen, die Pjöngjang und Moskau eifrig ausnutzen.

Beide Hauptstädte erkennen Chinas tiefe Abneigung gegen einen neuen Kalten Krieg mit den USA an, kalkulieren aber ein, dass die eskalierenden Spannungen zwischen den USA und China Beijing immer mehr dazu drängen, ihre Loyalität zu bewahren.

Beijing setzt auf stabile Beziehungen

Dieser Druck wird durch Chinas tief verwurzelte historische Bindungen und wichtige Sicherheitsinteressen in beiden Ländern noch verstärkt. Stabile Beziehungen zu Moskau und Pjöngjang sind für Beijing nach wie vor von entscheidender Bedeutung, um seine 4.300 Kilometer lange Grenze zu Russland und seine 1400 Kilometer lange Grenze zu Nordkorea zu sichern.

Diese Dynamik hat Chinas strategische Optionen eingeschränkt, während sie den Handlungsspielraum Moskaus und Pjöngjangs erweitert hat. Beide Hauptstädte wittern nun die Chance, Beijings wachsende Angst vor Isolation im Wettbewerb mit Washington auszunutzen.

So kam es zu Chinas "grenzenloser" Partnerschaft mit Russland, seiner wohlüberlegten "Neutralität" gegenüber der Ukraine und seiner stillschweigenden Akzeptanz der russisch-nordkoreanischen Allianz – trotz der beunruhigenden Implikationen für Beijings eigene Beziehungen zu Pjöngjang.

Obwohl Chinas militärischer Bündnisvertrag mit Nordkorea aus dem Jahr 1961 technisch nach wie vor in Kraft ist, hat Beijing es sorgfältig vermieden, Nordkorea öffentlich als Verbündeten zu bezeichnen.