Nordkorea-Russland-Allianz: Chinas strategische Ohnmacht
Seite 3: Chinas passive Haltung
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Die Analogie zum Koreakrieg hat, wie alle historischen Analogien, ihre Grenzen. Trotz einiger struktureller Anklänge sind die Machtverhältnisse heute grundlegend anders. Am wichtigsten ist, dass China heute sowohl gegenüber Russland als auch gegenüber Nordkorea über entscheidende Machtvorteile verfügt – was Beijings passive Haltung umso rätselhafter macht.
Seine Unfähigkeit, die Ereignisse zu gestalten, ist nicht auf Schwäche zurückzuführen, sondern auf einen offensichtlichen Unwillen, seine Stärke auszuspielen. Beijing scheint fast zögerlich, Putin oder Kim herauszufordern, was eine seltsame diplomatische Zaghaftigkeit offenbart, wo Durchsetzungsvermögen seinen Interessen besser dienen würde.
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Die passive Haltung Beijings könnte auf eine tief verwurzelte strategische Kultur zurückzuführen sein, die mit der Analyse allgemeiner struktureller Trends (xingshi) beginnt. Kein umsichtiger Stratege kann diese Zwänge ignorieren, doch führt dies oft zu einer übervorsichtigen und reaktiven Politik.
Ein solches defensives Denken macht China anfällig für die kühne Opportunität Nordkoreas und Russlands.
Chinesische Entscheidungsträger sind zu Recht besorgt, ihren Einfluss auf Nordkorea und Russland zu verlieren. Das offensichtliche Heilmittel ist mehr Initiative, indem China seine beträchtliche Macht entschlossener einsetzt.
Mao zeigte bemerkenswerten Führungswillen, aber im Falle der Nordkoreapolitik bietet Deng Xiaoping ein relevanteres Modell für die heutigen Herausforderungen.
Im Dezember 1985 skizzierte Deng einen neuen Kurs gegenüber Nordkorea: "Wir sollten Lehren aus unseren Beziehungen zu Nordkorea ziehen. Wir sollten den Nordkoreanern nicht den falschen Eindruck vermitteln, dass wir ihnen alles geben, was sie wollen".
Er zeigte sich unnachgiebig: "Natürlich sind die Nordkoreaner unzufrieden. Das ist in Ordnung. Wir sollten verhindern, dass sie uns in Schwierigkeiten bringen."
China muss heute die Lehren aus seiner reaktiven, risikoscheuen Haltung gegenüber Nordkorea ziehen. Trotz seiner dominanten Position hat Beijing die Initiative abgegeben. Die Frage bleibt: Warum spielt China aus einer Position der Stärke so schwach?
Feng Zhang ist Gastwissenschaftler am Paul Tsai China Center der Yale Law School und Gastforscher am Center for International Security and Strategy der Tsinghua University in Beijing. Zuvor lehrte er an der Tsinghua University, der Murdoch University und der Australian National University.
Dieser Text erschien zuerst bei unserem Partnerportal Responsible Statecraft auf Englisch.