Nordsyrien: Der Exodus der Christen und Armenier

Seite 2: Die politische Ausrichtung der Christen

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Zum besseren Verständnis sei angemerkt, dass die christlichen Organisationen in Nordsyrien unterschiedliche politische Präferenzen haben - wie auch bei uns in Deutschland, wo die einen eher CDU-orientiert sind, andere SPD-nah sind und wieder andere eher dem linken und grünen Spektrum zugewandt sind.

So gibt es eine große Gruppe von Christen, die eher der Regierung in Damaskus zugewandt ist, weil sie nicht wie die Kurden in Nordsyrien so benachteiligt wurden.

Daher sperrte sich diese Fraktion auch den Angeboten der Selbstverwaltung, in den Schulen mit aramäischen Lehrbüchern die christlichen Kinder an erster Stelle in ihrer Muttersprache zu unterrichten und dann in arabisch. Arabisch sollte trotzdem für alle allgemeine Schulsprache bleiben. Die Christen hatten schlichtweg Angst, dass ihre Kinder, sollte die Selbstverwaltung scheitern, Nachteile hätten mit der Anerkennung der Schulabschlüsse, bis hin zu der Tatsache, dass sie mit der Beschulung in Schulen der Selbstverwaltung mit Repressionen zu rechnen hätten.

Eine weitere, nicht so große Gruppe von Christen ist wegen verwandtschaftlicher Beziehungen in der Türkei der konservativen assyrischen Kirche in Istanbul zugeneigt, die die AKP gerne als Argument präsentiert, dass die Regierung doch die Christen in der Türkei fördere. Und in der Tat gab es von der AKP-Regierung das Okay, eine neue Kirche bauen zu dürfen - während in der Osttürkei die Kirchen und Klöster enteignet werden und dem Verfall preisgegeben sind.

Die in der Türkei akkreditierten deutschen Journalisten betonen lieber Ersteres und unterschlagen Letzteres, um nicht für das nächste Jahr bei der Akkreditierung in Ungnade bei Erdogan zu fallen und ihre Privilegien zu verlieren.

Aber dann gibt es eben auch diejenigen Christen, die sich Demokratie wünschen und daher die demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien unterstützen. Sie sind mit eigenen Einheiten in die Syrischen demokratischen Kräfte (SDF) integriert und haben auch eine eigene Polizei in den christlich dominierten Dörfern und Städten.

Kritik am Verhalten der Bundesregierung gibt es auch aus dem deutschen Parteienlager, jenseits von Grünen und Linkspartei: Während die Bundesregierung zu den Vertreibungen der Christen schweigt, fordert der Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Menschenrechte, Michael Brand (CDU), dazu auf, gegenüber der Türkei "keine falsche Rücksichtnahme" zu zeigen. Man müsse den Finger in die Wunde legen und Menschenrechtsverletzungen sowie Christenverfolgungen ansprechen.

Dafür müsse das Auswärtige Amt mehr Initiative zeigen. Leider hat Heiko Maas (SPD) bislang kein Format gezeigt, sondern ist dermaßen eingeknickt, dass er sogar vor laufender Kamera von einer Waffenruhe spricht, die die Türkei einhält, wo in Wirklichkeit täglich Bomben fallen, Kampfdrohnen im Einsatz sind und die dschihadistischen Proxytruppen der Türkei täglich Menschenrechtsverletzungen begehen.

Zusammenarbeit der Türkei mit dem IS

Bei einer russisch-türkischen Patrouille bei Kobane am Montag eröffnete ein türkischer Panzer das Feuer gegen protestierende Bürger und Bürgerinnen - es gab viele Verletzte, am Samstag überrollte ein türkisches Militärfahrzeug bei Derik einen Jugendlichen, der mit anderen aufgebrachten Bürgern und Bürgerinnen gegen die Patrouille demonstrierte.

Die deutschen Medien berichten täglich über die völkerrechtswidrigen Machenschaften der türkischen Militärs und seiner Proxytruppen, unter denen sich zahlreiche Kämpfer des IS tummeln. All dies ist mit Fotos, Filmen und Dokumenten belegt, die die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien kistenweise dem CIA übergeben und internationalen Journalisten präsentiert hat.

Die Zusammenarbeit der Türkei mit dem IS ist vielfach belegt - nicht nur in der Vergangenheit, auch heute gibt es zahlreiche Belege dafür, dass IS-Terroristen auf der Gehaltsliste des türkischen Staates stehen. Aber ein Heiko Maas und Jens Stoltenberg sehen ein berechtigtes Sicherheitsinteresse der Türkei, das sämtliche Regularien für kriegerische Auseinandersetzungen und die Genfer Konventionen außer Kraft setzen kann? Verkehrte Welt.