Nordsyrien und Irak: Feuer als Waffe
Seite 2: IS-Strategie: Brandschanzen, Unruhe schaffen, Aushungern
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Auch landeinwärts sind Dörfer durch die Feldbrände bedroht. In der Nähe von Rimêlan war das Dorf al-Sheik von den Flammen bedroht. In Tabqa wurden bis Ende Mai 1.750 Hektar Anbaufläche niedergebrannt, in Deir ez-Zor 400 Hektar, in Minbidsch 150 Hektar, in der Cizîrê-Region 550 Hektar und in der Euphrat-Region sogar 16.000 Hektar Ackerflächen. Den Gesamtverlust bezifferte die Autonomieverwaltung schon im Mai mit rund zwei Milliarden syrischen Pfund.
Vermutet wird hier Brandstiftung vor allem durch IS-Schläferzellen, wie auch in Rakka, wo ca. 2.600 Hektar Getreide verbrannten. Der Zivilrat von Rakka berichtete, die Brände hätten eingesetzt, als die Menschen gerade nach der Befreiung vom Islamischen Staat (IS) begonnen hatten, ihren Überschuss an Felderträgen auch in andere Städte zu verkaufen.
Auch die Assad-Regierung wird verdächtigt, mit zu zündeln, denn sie ist bislang nicht bereit, den selbstverwalteten Gebieten einen Autonomiestatus zuzugestehen, geschweige denn föderale Strukturen in Erwägung zu ziehen. Um die prekäre Versorgungslage der Bevölkerung, der Flüchtlinge und der tausenden IS-Gefangener in den Griff zu bekommen, wollte die Selbstverwaltung dieses Jahr die Getreideernte selbst den Bauern abkaufen und über deren Verarbeitung und Verteilung entscheiden.
Das passt das der syrischen Regierung , die alle Autonomiebestrebungen unterbinden will, überhaupt nicht. So bot die syrische Regierung den Bauern pro Kilo 30 syrische Pfund mehr an, als die Selbstverwaltung zahlte. Gleichzeitig drohte sie in den sozialen Medien: "Wenn die Getreidetransporter, die Produktion von Nord- und Ostsyrien nicht an die Gebiete verkaufen, die unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehen, werden wir alles verbrennen."
Der Leiter des Landwirtschaftskomitees der Selbstverwaltung, Salman Barudo erklärte gegenüber der Washington Post: "Wir können nicht behaupten, dass das Regime und der IS zusammenarbeiten, aber sie teilen ein gemeinsames Interesse, dass sie keinen Fortschritt in diesem Gebiet sehen wollen."
Die Region Nordsyrien war einst die fruchtbarste Region von ganz Syrien. Laut Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen macht die Weizenproduktion im Norden und Osten Syriens rund 65 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktion Syriens aus.
Mit Ausbruch des Krieges 2011 ist die Landwirtschaft nahezu komplett zusammengebrochen und man versucht heute mühsam, sie wieder aufzubauen. Durch den Klimawandel wird die Region abwechselnd von langen Dürreperioden wie in den Jahren 2007 - 2010 und verheerenden Regenfällen wie zuletzt in diesem Frühjahr heimgesucht.
Die von Assad verordnete Weizenmonokultur, mangelndes Wassermanagement und die Staudammpolitik der Türkei hat zur weiteren Versteppung der Region beigetragen. Nun versucht die Zivilbevölkerung, dem mit dem Anbau von Gemüse, verschiedenen Nutzpflanzen und Wiederaufforstung entgegenzuwirken.
Mit den Brandstiftungen wird der Bevölkerung nicht nur die Lebensgrundlage genommen, sondern ihre langsam Früchte tragende Umgestaltung wird zerstört. In einem Mitte Juli veröffentlichtem Bericht wurden nach Angaben der Selbstverwaltung von Nordsyrien rund 45.000 Hektar Ernte im Wert von umgerechnet mehr als 33 Millionen Euro vernichtet. In dem Bericht sind auch Videos enthalten, die die Brandlegung durch türkische Soldaten zeigen.
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