Nowhere to hide: Was ein Atomkrieg bedeuten würde
Seite 2: Auswirkungen einer einzelnen nuklearen Explosion
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Jede nukleare Explosion erzeugt Strahlung, Hitze und Explosionseffekte, die zu vielen sofortigen Todesopfern führen werden.
Strahlung
Direkte Strahlung ist die unmittelbarste Auswirkung der Detonation einer Atomwaffe. Diese wird durch die Kernreaktionen in der Bombe erzeugt und besteht hauptsächlich aus Gamma- und Neutronenstrahlen.
Diese Strahlung dauert weniger als eine Sekunde, aber die tödliche Wirkung kann sich über eine Meile in alle Richtungen vom Detonationspunkt einer modernen Atomwaffe erstrecken, die die Sprengkraft von mehreren hundert Kilotonnen TNT hat.
Mikrosekunden nach der Explosion einer Atombombe heizt die in Form von Röntgenstrahlen freigesetzte Energie die Umgebung auf und bildet einen Feuerball aus überhitzter Luft. Im Inneren des Feuerballs sind Temperatur und Druck so extrem erhöht, dass alle Materie in ein heißes Plasma aus nackten Kernen und subatomaren Teilchen umgewandelt wird, wie es im Multi-Millionen-Grad-heißen Kern der Sonne der Fall ist.
Der Feuerball nach der Luftexplosion einer 300-Kilotonnen-Atombombe- wie die eines thermonuklearen W87-Sprengkopfes, die bei den Minuteman-III-Raketen eingesetzt werden und derzeit zum US-Atomarsenal gehören- kann auf mehr als 600 Meter im Durchmesser wachsen und bleibt für mehrere Sekunden blendend hell leuchtend, bevor seine Oberfläche abkühlt.
Das Licht, das von der Hitze des Feuerballs abgestrahlt wird- das mehr als ein Drittel der explosiven Energie der thermonuklearen Waffe ausmacht- ist so intensiv, dass es Feuer entzündet und schwere Verbrennungen in großer Entfernung verursacht. Der thermische Blitz aus einer 300-Kilotonnen-Kernenergie kann Verbrennungen ersten Grades bis zu einer Entfernung von 13 Kilometer vom Ground Zero verursachen.
Druckwelle
Die Druckwelle, die etwa die Hälfte der explosiven Energie der Bombe ausmacht, bewegt sich zunächst schneller als die Schallgeschwindigkeit, verlangsamt sich jedoch schnell, wenn sie Energie verliert, während sie sich in der Atmosphäre fortbewegt.
Da die Strahlung die Atmosphäre um den Feuerball herum überhitzt, dehnt sich die Luft in der Umgebung stark aus und wird schnell nach außen gedrückt, wodurch eine Schockwelle entsteht, die alles auf ihrem Weg in der Umgebung mit großer Zerstörungskraft vernichtet.
Die Zerstörungskraft der Druckwelle hängt von der Sprengkraft der Waffe und der Explosionshöhe ab. Eine 300-Kilotonnen-Explosion würde eine Druckwelle in einer Größenordnung von fünf Pfund pro Quadratzoll (oder 0,3 Atmosphären) bis zu 4,7 Kilometer vom Ort der Explosion entfernt erzeugen. Dies ist genügend Druck, um die meisten Häuser und Wolkenkratzer in diesem Umkreis zu zerstören und in weniger als zehn Sekunden nach der Explosion eine große Anzahl von Todesopfern zu verursachen.
Radioaktiver Niederschlag
Kurze Zeit, nachdem die nukleare Detonation den größten Teil ihrer Energie in Form von direkter Strahlung, Hitze- und der Druckwelle freigesetzt hat, beginnt der Feuerball abzukühlen und in die Höhe aufzusteigen und wird zum Kopf der bekannten atomaren Pilzwolke.
Darin befindet sich ein hochgradig radioaktives Gebräu aus gespaltenen Atomen, die schließlich aus der Wolke fallen, wenn diese dem Wind ausgesetzt ist. So entsteht der radioaktive Niederschlag (Fallout), eine Form von verzögert auftretender Radioaktivität, die die Überlebenden der Explosion tödlichen Dosen ionisierender Strahlung aussetzen kann.
Was die Explosion betrifft, so hängt die Schwere der Fallout-Kontamination von der Spaltausbeute der Bombe und der Höhe der Explosion ab. Für Atomwaffen mit Hunderten von Kilotonnen Sprengkraft kann das Gebiet der unmittelbaren Gefahr Tausende von Quadratkilometern in Windrichtung der Detonationsstelle umfassen.
Die Strahlungswerte werden zunächst von Isotopen mit kurzen Halbwertszeiten dominiert, die am energiereichsten und damit für biologische Systeme am gefährlichsten sind. Die akut tödlichen Auswirkungen des Fallouts werden Tage bis Wochen anhalten, weshalb die Behörden empfehlen, mindestens 48 Stunden drinnenzubleiben, damit die Strahlungswerte sinken können.
Da die Auswirkungen des Fallouts relativ verzögert auftreten, ist es schwierig, die Zahl der dadurch bedingten Opfer abzuschätzen. Die Zahl der Toten und Verletzten wird sehr stark davon abhängen, welche Maßnahmen die Menschen nach einer Explosion ergreifen. Aber in der Nähe einer Explosion werden Gebäude vollständig eingestürzt sein, und Überlebende werden nicht in der Lage sein, sich zu schützen.
Andere Überlebende, die sich weniger als 460 Meter (1.500 Fuß) von einer 300-Kilotonnen-Atomexplosion befinden, erhalten eine ionisierende Strahlungsdosis von 500 Röntgenäquivalent (Rem). "Es wird allgemein angenommen, dass Menschen, die etwa 500 Rem Strahlung auf einmal ausgesetzt sind, wahrscheinlich ohne medizinische Behandlung sterben werden", sagt die US-Atomaufsichtsbehörde.
Aber in einer Entfernung so nahe am Ground Zero würde eine 300-Kilotonnen-Atombombenexplosion mit ziemlicher Sicherheit jeden Menschen verbrennen oder durch die Druckwelle töten. Je höher die Sprengkraft der Atomwaffe ist, desto kleiner sind die Effekte in der akuten Strahlungszone im Verhältnis zu ihren anderen unmittelbaren Auswirkungen.
So würde die Detonation eines modernen 300-Kilotonnen-Atomsprengkopfes- das heißt, eines Sprengkopfes, der fast 10-mal so stark ist wie die beiden Atombomben zusammen, die in Hiroshima und Nagasaki zur Detonation gebracht wurden- in einer Stadt wie New York in den ersten 24 Stunden nach der Explosion zu über einer Million Toten und etwa doppelt so vielen Menschen mit schweren Verletzungen führen. In einem Umkreis von mehreren Kilometern um den Explosionsort würde es fast keine Überlebenden geben.
1 Million Todesopfer nach 24 Stunden durch eine nukleare Explosion
Unmittelbare Auswirkungen eines Atomkrieges
In einem Atomkrieg würden Hunderte bis Tausende von Detonationen innerhalb von Minuten nacheinander erfolgen.
Ein regionaler Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan, an dem etwa 100 15-Kilotonnen-Atomwaffen explodieren, die in städtischen Gebieten abgefeuert werden, würde zu 27 Millionen direkten Todesopfern führen.
27 Millionen Todesopfer durch einen regionalen Atomkrieg
Ein weltweiter totaler Atomkrieg zwischen den USA und Russland mit über viertausend gezündeten 100-Kilotonnen-Atomsprengköpfen würde mindestens zu 360 Millionen sofortigen Todesopfern führen. Das sind etwa 30 Millionen Menschen mehr als die gesamte US-Bevölkerung.
360 Millionen Todesopfer durch einen globalen Atomkrieg
Diese Schätzung basiert auf einem Szenario eines umfassenden Atomkrieges zwischen Russland und den Vereinigten Staaten mit 4.400 100-Kilotonnen-Waffen unter Berücksichtigung der Grenzen des Vertrags über die Reduzierung strategischer Offensivwaffen (Sort) von 2002, bei dem jedes Land bis zu 2.200 strategische Sprengköpfe einsetzen kann.
Der neue Start-Vertrag von 2010 begrenzt die von den USA und Russland stationierten Langstrecken-Atomwaffen weiter auf 1.550 Sprengköpfe. Aber da die durchschnittliche Sprengkraft der heutigen strategischen Waffen der Atomstreitkräfte Russlands und der Vereinigten Staaten bei weit über 100 Kilotonnen liegt, würde ein vollständiger nuklearer Schlagabtausch zwischen den zwei Ländern mit rund 3.000 Waffen wahrscheinlich zu ähnlichen direkten Opferzahlen, wie oben erwähnt, und auch Rußemissionen führen.
In einem umfassenden Atomkrieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten würden sich die beiden Länder jedoch nicht darauf beschränken, Atomraketen auf das Land des jeweiligen Gegners abzufeuern, sondern einige ihrer Waffen würden auch auf andere Länder zielen und sie treffen, darunter solche, die selbst Atomwaffen besitzen. Diese Länder könnten ebenfalls einige oder alle ihre Atomwaffen zur Vergeltung abfeuern.
So verfügen Großbritannien, China, Frankreich, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea derzeit zusammen über schätzungsweise mehr als 1.200 Atomsprengköpfe.
So schrecklich diese Statistiken auch sind, die Millionen Menschen, die in den ersten Tagen eines nuklearen Konfliktes getötet oder schwer verletzt werden würden, wären nur der Beginn einer Katastrophe, die schließlich die ganze Welt erfassen würde.
Ende der Übersetzung des ersten Teils des Artikels von Francois Diaz-Maurin
In Teil 2 dieses Beitrags werden die längerfristigen Folgen eines Atomkrieges beschrieben.
Autor: Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin – Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de
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