Nur wer eine Identität hat, kann die der anderen respektieren

Das Kapital erzwingt die Identität des staatenlosen und entwurzelten Verbrauchers

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An anderer Stelle sprach ich bereits über die heutige Bedeutungsaufwertung des Begriffs "Identität" sowie über die Notwendigkeit, sich dem Identitarismus zu widersetzen. Er tritt als Pathologie des Begriffes auft, quasi als seine Übertreibung, als Vorbote nicht minderen Unheils, als das, das von der Identitätszerstörung herrührt, die der nihilistische Fanatismus des freien Marktes erfolgreich verwirklicht (was schamhaft Globalisierung genannt wird und als solche immer wieder von neuem beweihräuchert wird).

Sagen wir es apertis verbis, ganz ohne Umschweife oder rhetorische Figuren jeglicher Art. Gramsci wusste bereits, dass es immer revolutionär ist, die Wahrheit zu sagen. Nur wer über eine kulturelle Identität verfügt, kann die der anderen respektieren und sich dialogisch mit ihnen konfrontieren. Dialog und Konfrontation können nur zwischen Verschiedenartigen erfolgen. Es kann keinen Dialog zwischen Gleichen geben.

Daher setzt die Massengesellschaft zunehmend einen angeblich pluralistischen, kollektiven Monolog auf, in dem die Vielen obsessiv das Gleiche wiederholen, nämlich den politisch korrekten Einheitsgedanken. Die Dynamik der kapitalistischen Globalisierung drängt eine einzige Kultur auf und mündet in der Unterdrückung der Kultur als solcher, die durch die versachlichende Reductio ad unum des identitätslosen Menschen ohne Format ersetzt wird.

Dem Dialog zwischen brüderlich befreundeten und solidarischen Völkern zieht sie den künstlich pluralistischen Monolog der globalisierten Massengesellschaft vor, die aus seriell geformten, entwurzelten Individuen und einer einzigen, formlosen, entsymbolisierten und entethisierten Plebs besteht.

Der angeblich emanzipatorische Diskurs des Kapitalisten bittet jedes Volk, sich von der eigenen Identität zu befreien, um sich anderen Identitäten öffnen und mit ihnen kommunizieren zu können. Doch so zerstört er alle Identitäten in actu: Er erzeugt jene allgemeine Leere, die die ideale Voraussetzung für den unbegrenzten, nihilistischen Warenfluss auf globaler Ebene ist.

Das Kapital - sagen wir es ganz offen - hasst jede Identität, die sich von der unterscheidet, die es fördert und allen Völkern der Erde aufzwingt: die Identität des staatenlosen und entwurzelten Verbrauchers, ohne Heimat und ohne Kultur, ohne Herkunft und ohne Ziel, asymbolisch und aperspektivisch.

Übersetzung Jenny Perelli

Diego Fusaro, 1983 in Turin geboren, lehrt Philosophie an der Mailänder Universität. Als unabhängiger Freidenker, intellektueller Dissident, der politisch weder rechts noch links anzusetzen ist, verblüfft er seit geraumer Zeit ganz Italien mit seiner eigenwilligen, neoidealistischen Auslegung des Marxschen Gedanken. In seinen Büchern beschreibt er die Widersprüche des Systems und des Lebens des postmodernen Menschen. Fusaro betreibt die Website filosofico.net.