Ökostrom-Gesetze: Einstieg in die Klimawende?
Bundestag verabschiedet "Osterpakt", das Ökostrom-Ausbau stärken soll. EEG-Umlage wird abgeschafft, während Ausbauziele stark angehoben werden. Kritik kommt von Verbänden und Umweltgruppen.
Der Bundestag hat gestern zum Teil mit großer Mehrheit dem sogenannten Osterpaket zugestimmt, einer Sammlung von Gesetzen, mit denen der Ausbau der erneuerbaren Energieträger beschleunigt werden soll. Die Entwürfe waren teils von der Bundesregierung, teils von den Regierungsfraktionen eingebracht worden.
Im Einzelnen ging es um ein Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor, das diverse Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz sowie an zahlreichen anderen relevanten Gesetzen vorsieht, ein Gesetz zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes, ein Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land und ein Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.
Künftig gilt nun das Ziel, 2030 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs von erneuerbaren Energieträgern zur Verfügung zu stellen. Zugleich wird der Verbrauch nach Einschätzung der Ampelkoalition um ein gutes Drittel auf 750 Milliarden Kilowattstunden zulegen, unter anderem weil verstärkt Strom im Wärmesektor und für die Elektrolyse von Wasserstoff eingesetzt wird. Für die Stromerzeugung von Sonne, Wind & Co. hieße das, dass sie sich bis 2030 gegenüber 2021 mehr als verdoppeln muss.
Hierfür soll der Ausbau der Windenergie an Land auf zehn Gigawatt (GW) pro Jahr gesteigert werden, das wäre in etwa eine Verdoppelung des Tempos, das bisher in Spitzenjahren erreicht wurde. Solarenergie soll zudem mit jährlich 22 GW Zubau anwachsen, was in etwa eine Verdreifachung des gegenwärtigen Tempos entspräche.
Auf See soll bis 2030 die Leistung der Windkraftanlagen von derzeit 7,8 auf 30 GW aufgestockt werden. Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht vor, dass daraus bis 2045 70 GW werden, doch das ist noch Zukunftsmusik.
Um den Ausbau tatsächlich beschleunigen zu können, sollen unter anderem die rechtlichen Anforderungen im Naturschutz vereinheitlicht, die Genehmigungsverfahren vereinfacht und die Bundesländer verpflichtet werden, je nach Land 0,25 bis 2,2 Prozent der Landesfläche für die Windenergie auszuweisen. Sie haben dafür allerdings in zwei Stufen bis zum 31.12.2026 und bis zum 31. Dezember 2032 Zeit. Umweltverbände und Organisationen der Windbranche kritisieren das als viel zu lange.
Solarenergie soll je zur Hälfte auf Frei- und Dachflächen ausgebaut werden. Die Einspeisevergütung für Neuanlagen wird auf bis zu 13,8 Cent pro Kilowattstunde angehoben und die Degression ausgesetzt. Abgaben auf den Eigenverbrauch entfallen. Die Ausschreibungsmengen und die Bagatellgrenzen für die Ausschreibungen werden angehoben.
Bürgerenergiegesellschaften sollen künftig unbürokratisch und ohne Ausschreibungen Wind- und Solarprojekte umsetzen können. Für sie wird eigens ein Förderprogramm aufgelegt
Bei der Biomasse konzentriert sich die Förderung vor allem auf Spitzenlastkraftwerke, das heißt, Anlagen, die vor allem in Zeiten hohen Bedarfs eingesetzt werden. Der Einsatz von Mais soll verringert werden.
Die sogenannte EEG-Umlage, die private Haushalten und kleine Gewerbekunden mit der Stromrechnung bezahlen, wird gestrichen. Die Bundesregierung hatte sie zur Entlastung der Verbraucher bereits für das zweite Halbjahr 2022 ausgesetzt.
Mit den neuen Gesetzesänderungen wird sie dauerhaft entfallen. Zuletzt hatte sie etwas über sechs Cent pro Kilowattstunde betragen, das heißt, ab dem 1.7. ist der Strom für private Haushalte entsprechend günstiger. Stromkunden sollten unbedingt ihren Zählerstand ablesen und dem Versorger mitteilen, weil andernfalls ihr Verbrauch bis zum 30.6. geschätzt werden wird.
Kritik von den Verbänden
Branchen- und Umweltverbände reagieren mit Kritik und Lob. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) moniert unter anderem, dass das Ziel, die Stromversorgung bis 2035 klimaneutral zu gestalten, „auf Druck der FDP“ gestrichen wurde und dass auch kleine Wasserkraftwerke „trotz enormer Schäden für Gewässer“ gefördert werden.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht „viele wichtige Weichenstellungen für einen beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau, auch wenn es an manchen Stellen noch deutlich beherzter hätte ausfallen können“. Wie der DUH geht dem Verband allerdings die Flächenausschreibung für die Windenergie an Land zu langsam. Für die Windkraft auf See müssten die Ausschreibungsbedingungen verbessert werden.
Auch der Bundesverband Windenergie kritisiert die Verzögerungen bei der Flächenausschreibung. Die Frist sei gegenüber dem ersten Regierungsentwurf sogar noch um ein Jahr nach hinten verschoben worden. Es brauche mehr Tempo bei den Genehmigungen und eine Vereinfachung des sogenannten Repowerings, das heißt, des Austauschs alter Windkraftanlagen