Ölpest in der Attischen "Riviera"

Greenpeace-Aktivisten in einer ölverschmierten Bucht mit dem großen Transparent "Demnächst auch an einem Strand in ihrer Nähe". Bild: Giorgos Moutafis/Greenpeace.gr

Pleiten, Pech und Pannen rund um eine Havarie

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Eine Ölpest verseucht die Strände rund um Athen. Ausgelöst wurde das Drama am Sonntag, mitten in der Nacht, als das fünfundvierzig Jahre alte Tankschiff "Agia Zoni II" vor der Insel Psyttaleia im Saronischen Golf, plötzlich sank.

Der Tanker hatte 2200 Tonnen Schweröl und 370 Tonnen Marinediesel im Schiffsbauch. Statt der vorgeschriebenen Besatzung von elf Seeleuten waren nur zwei an Bord. Die beiden konnten von der Küstenwache gerettet werden. Am vierten Tag nach dem Unglück hat Griechenland offiziell bei der EU um Hilfe gebeten. Die Griechen versuchen, anders als viele andere Staaten, der Ölpest mit mechanischen Mitteln und nicht mit chemischen Bindemitteln Herr zu werden.

Die Rolle des Marineministeriums

Die erste Frage, warum der uralte, nur über einfache Schiffswände verfügende Tanker im Saronischen Golf unterwegs war, ist einfach zu beantworten. Die Agia Zoni II, deren Tauglichkeitszertifikat bereits abgelaufen war, verfügte über eine wiederholte Verlängerung der Betriebserlaubnis, welche vom Marineministerium erteilt worden war. Dies brachte die der kommunistischen Partei nahestehende Internetzeitung 902.gr ans Tageslicht und widerlegte damit die Behauptung des zuständigen Marineministers Panagiotis Kouroublis, welcher behauptete, dass das Schiff über sämtliche Sicherheitszertifikate verfügen würde.

Weil der Ölteppich, der zunächst die Strände der Insel Salamis verseuchte, inzwischen bis nach Piräus und an die Strände der Küstenvororte heranreicht, leiden außer der Natur und den Anwohnern auch die Betriebe der Tourismusindustrie. Griechenland erlebt heiße Spätsommertage. Die Tagestemperaturen liegen konstant über dreißig Grad. Eigentlich ist dies ein perfektes Wetter für die Strände der attischen Region. Denn im September, wo die Schulen bereits geöffnet haben und die sommerlichen Betriebsferien vorbei sind, erleben die küstennahen Viertel der Hauptstadt ihre Hochsaison. Nun verlieren sich dort, wo noch vergangene Woche kein Handtuch mehr auf den Strand passte, nur noch die Helfer gegen die Ölpest auf den ansonsten menschenleeren Stränden.

Eine schwarze ölige Masse bedeckt das Wasser. Allerdings ist Schweröl anders als Schiffsdiesel tückischer. Es wird von den Wellen nicht nur an der Oberfläche, sondern auch in tieferen Schichten des Wassers transportiert. Die Ölpest verbreitet einen eindringlichen, unangenehmen Gestank. Sie hat nicht nur die Saison der Tourismusindustrie beendet, sondern auch die Fischer rund um den Saronischen Golf von einem Tag auf den anderen arbeitslos gemacht.

Betroffen sind die Insel Salamis, die Hafenstadt Piräus, die Küstenvororte Agios Kosmas, Alimos, Elliniko und Glyfada. Es hängt vom Wetter ab, ob sich die Ölpest auch noch auf die weiter südlich gelegenen Orte Voula, Vouliagmeni und Varkiza ausbreiten wird.

Kritik von allen Seiten

Die örtlichen Bürgermeister rufen die Bevölkerung und die Besucher auf, von den Stränden fern zu bleiben. Sie kritisieren Kouroublis für dessen von ihnen postulierte Untätigkeit. Der Minister jedoch gibt sich keineswegs schuldbewusst. In Fernsehinterviews behauptet er, dass man unbesorgt im Meer baden könne.

Oppositionsparteien und Kommunalpolitiker werfen der Regierung vor, sie habe die Gefahr, die vom Untergang des Tankers ausging, zu lange unterschätzt. Die Ölpest hätte frühzeitig verhindert werden können, heißt es. Obwohl Vize-Umweltminister Sokratis Famelos noch keine Katastrophe sieht, sind die verheerenden Folgen für die Meeresfauna noch nicht absehbar. In nur zwanzig Tagen, so die Regierung, seien sämtliche Strände sauberer als je zuvor, verspricht die Regierung.

Greenpeace stellte in einer Pressemeldung die Frage, was passieren wird, wenn bereits relativ kleine Schiffe wie die "Agia Zoni II" eine solche Katastrophe auslösen. Die Umweltschutzorganisation bezweifelt, dass die Behörden ein noch größeres Unglück bewältigen könnten. Der Saronische Golf wird täglich von Öltankern auf ihrem Weg zu den Raffinerien von Aspropyrgos und Korinth durchkreuzt. Für Greenpeace ist es nur eine Frage der Zeit, wann wieder etwas passiert.

Greenpeace verteilte über die Pressemeldung als Handout Luftaufnahmen des Fotografen Giorgos Moutafis. Sie zeigen Aktivisten, die in einer ölverschmierten Bucht ein großes Transparent "Demnächst auch an einem Strand in ihrer Nähe" ausgebreiten.

Laut Artikel 4 a der EU-Richtlinie 417/2002 hätte der Tanker überhaupt keinen griechischen Hafen anfahren, geschweige denn von der staatlichen Hellenic Petroleum mit Fracht beladen werden dürfen. Eigentlich wurde die Richtlinie bereits in griechisches Recht umgesetzt - eigentlich. Doch während Kouroublis als Minister rätselt, ob vielleicht noch etwas anderes hinter dem plötzlichen Untergang stecken könnte und Vize-Agrarminister Giannis Tsironis die Schuld bei der gesamten Bevölkerung und der von der Öl-Lobby abhängigen Weltgemeinschaft sucht, erklärte der Schiffseigner, dass er nun ruiniert sei.

Die Agia Zoni II des Reeders Theodoros Kountouris ist nämlich für die Dritten entstehenden Kosten eines Unfalls versichert, nicht aber für die Entschädigung des Reeders bei einer Havarie. Es wurde zudem bekannt, dass der Tanker bereits vor seinem plötzlichen Untergang einige notdürftig geflickte Lecks im Maschinenraum hatte. Die Gewerkschaften der Seeleute riefen die Regierung auf, endlich Kontrollen durchzuführen. Sie prangern die gefährlichen Arbeitsbedingungen und schrottreifen Schiffe an.