Österreich verschärft Sexualstrafrecht
Eingeführt wird auch die Sexualstraftäterdatei
Der österreichische Nationalrat hat einstimmig ein Zweites Gewaltschutzgesetz verabschiedet, mit dem zahlreiche andere Gesetze geändert werden. Ziel ist ein stärkerer Opferschutz und eine Verschärfung von Sexual- und Gewaltstrafrecht. "Wer im Internet wissentlich auf eine pornographische Darstellung Minderjähriger zugreift", kann erstmals mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.
Auch die umstrittene Sexualstraftäterdatei wurde beschlossen. In ihr werden alle Personen, die wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt wurden, aufgenommen. Die Datei wird regelmäßig mit dem Melderegister abgeglichen. Auskunft erhalten Gerichte, Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften, Strafvollzugsbehörden und, nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelungen, auch Jugendwohlfahrtsträger, Schulbehörden sowie Dienstbehörden und Personalstellen der Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit der Anstellung von Personen an Einrichtungen zur Betreuung, Erziehung oder Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen.
Gewalttäter können in Hinkunft nicht nur aus Wohnungen verwiesen werden. Ihnen kann ab 1. Juni auch verboten werden, sich an bestimmten Orten aufzuhalten und das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme zu vermeiden. Psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer gibt es nun nicht bloß in Strafverfahren, sondern auch für daran anknüpfende Zivilverfahren (mit Kostendeckelung). Verfahrensparteien und Zeugen müssen ihren Wohnort nicht mehr offen legen, wenn ein "schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse" dargetan wird. Videovernehmungen von Opfern ohne körperliche Anwesenheit der befragenden Parteien werden auch in Zivilverfahren, die an Strafverfahren anknüpfen, ermöglicht.
Bedingt entlassenen Sexualstraftäter ist jedenfalls ein Bewährungshelfer anzuordnen, zudem sollen die Täter gerichtlich überwacht werden können. Die Probezeit wird auf bis zu fünf Jahre ausgedehnt und kann wiederholt verlängert werden. In Reaktion auf den "Fall Fritzl" wird der Tatbestand des Sklavenhandels auf Sklaverei und sklavereiähnliche Lagen ausgedehnt. Neu ist auch der Straftatbestand der fortgesetzten Gewaltausübung.
Für geschlechtliche Nötigung sowie sexuellen Missbrauch wehrloser oder psychisch beeinträchtiger Personen wird ein Mindeststrafmaß von sechs Monaten eingeführt. Im Falle einer schweren Körperverletzung oder Schwangerschaft wird das Strafmaß auf 15 Jahre erhöht, bei Todesfolge auf 20 Jahre oder lebenslänglich. Dies gilt auch für sexuellen Missbrauch Unmündiger. Das Strafmaß für die Einfuhr, Beförderung oder Ausfuhr pornographischen Materials Minderjähriger wird auf mindestens ein halbes und höchstens fünf Jahre gesteigert.
Neu sind Tätigkeitsverbote für Täter, die Minderjährige sexuell missbraucht haben. Ihnen kann die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger auf unbestimmte Zeit untersagt werden. Eine solche Maßnahme muss alle fünf Jahre überprüft werden. Der Verstoß gegen ein Tätigkeitsverbot ist, auch ohne erfolgte sexuelle Belästigung, ein eigener Straftatbestand. Die Fristen für die Tilgung von Verurteilungen aus dem Strafregister werden für Sexualdelikte verdoppelt oder zumindest um die Hälfte verlängert. Bei einem Strafmaß von mehr als fünf Jahren Haft gibt es gar keine automatische Tilgung mehr.
Zu den zahlreichen Änderungen treten Adaptierungen im Bereich der Strafprozessordnung, im Staatsanwaltschaftsgesetz, im Sicherheitspolizeigesetz und im Zivilrecht hinzu. Außerdem werden im Verbrechensopfergesetz Pauschalentschädigungen für Schmerzengeld in Höhe von 1.000 beziehungsweise 5.000 Euro eingeführt.