Offenes Geheimnis

Bilder von US-Spionagesatelliten sind jetzt Online

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Vor 40 Jahren, zur Zeit des Kalten Krieges zwischen Ost und West, war vieles Top Secret. Vor allem, wie man sich Informationen über den politischen Feind beschaffte und welche Informationen das waren, durfte nicht nach Draußen dringen. Auch die Existenz von Spionagesatelliten war daher streng geheim. Ab dem 21.11 stellt die amerikanische National Imagery and Mapping Agency (NIMA) rund 50.000 dieser ehemals geheimen Satellitenaufnahmen aus den 60er, 70er und 80er Jahren für Jedermann zugänglich auf eine Websie.

Peking 1967, KH-7 Mission

Schon 1991 ergriffen der damalige Präsident Bill Clinton und sein Vize Al Gore die Initiative, Bilder, für die keine Geheimhaltungspflicht mehr gilt, für wissenschaftliche Zwecke zugänglich zu machen. 1995 wurden so 860.000 Bilder freigegeben, die der Spionagesatellit Corona zwischen 1960 und 1972 geschossen hatte.

Die von der NIMA nun zu veröffentlichenden Bilder lieferten die beiden US-Satelliten KH-7 von 1963 bis 1967 und KH-9 von 1973 bis 1980 unter dem Codenamen GAMBIT. Während KH-7 als typischer Spionagesatellit galt, der hochauflösende Bilder anfertigen und Objekte ab einer Größe von 0,6 x 1,2 Meter erkennen konnte, hatte der nur mit einer Auflösung von 6 bis 10 Metern arbeitende KH-9 die vorrangige Aufgabe, Landkarten anzufertigen.

Wie weit die Satellitentechnik bereits in den 70er Jahren war, zeigten eindrucksvoll einige bereits im Oktober von der NIMA freigegebene Fotos, die detailgetreu einen sibirischen Hafen, den Eifelturm in Paris und Aufsichten von Moskau, Hanoi und Beijing zeigen. Im Gegensatz zu heutigen Satelliten, die ihre Bilder digital per Antenne an die Bodenstation senden, warfen die älteren Modelle ihre belichteten Filme noch in einem Behälter ab, der an einem Fallschirm hängend von einem Flugzeug mit spezieller Auffangvorrichtung abgefangen wurde.

moskau 1979, KH-9 Mission

Die ehemals geheimen Bilder sind gleich für mehreren Wissenschaftler hochinteressant. Historikern kämen beispielsweise endlich einer Antwort auf die Frage näher, ob China während des Vietnam-Krieges tatsächlich mit der Sowjetunion kooperiert hat, wenn man auf den Luftaufnahmen sowjetische Kriegsgeräte auf chinesischen Eisenbahnwaggons finden sollte. Die Bilder liefern aber auch Aufschluss darüber, wie die damaligen militärischen und politischen Führer die Aufnahmen gedeutet, ausgewertet und entsprechende Anweisungen gegeben haben.

Am meisten versprechen sich jedoch Umweltforscher einen Nutzen von den Bildern, die anhand der chronologischen Reihenfolge verfolgen können, wie sich unser Planet in den letzten 40 Jahren verändert hat. So lässt sich beispielsweise anhand der 1963 über Sibirien angefertigten Fotos ablesen, ob sich die gefrorenen Grenzen der Tundra aufgrund der Erderwärmung in den letzten Jahrzehnten wirklich zurückgezogen haben. Biologen hingegen können anhand der Fotos Veränderungen in der natürlichen Landschaft ablesen., wie beispielsweise das Wuchern bestimmter Baumarten in einer Gegend. Und Archäologen können durch die Luftaufnahmen eher erkennen, wo beispielsweise die Grenzen alter Städten verliefen.