Ohne Descartes keine wissenschaftliche und keine politische Zukunft

Seite 3: Die Quantenmechanik als Bedrohung der Wissenschaft

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Einerseits hat das von Descartes angestoßene Wissenschaftsprogramm zwar große Erfolge erzielt, aber es weist offensichtlich auch große Lücken auf und kann viele Probleme gerade einer komplexen Welt offenbar nicht lösen.

RÖSSLER: Die Wissenschaft ist kaum weitergegangen. Sie läuft seit 1927 eher rückwärts.

Wegen der Quantentheorie?

RÖSSLER: Ja, weil man damals diese ernüchternde Erkenntnis hatte, die Niels Bohr so gut schildern konnte. Bohr hat einmal einen Reporter gefragt, der wissen wollte, was Quantenmechanik sei, ob er eine leere Streichholzschachtel habe. Er bat ihn, diese zu nehmen, sie vorsichtig aufzumachen, einen Würfel hineinzulegen und sie ganz vorsichtig wieder zuzumachen. Dann nahm Bohr die Streichholzschachtel ganz vorsichtig, drehte sich langsam um 180 Grad um, so daß er sich mit dem Rücken zu dem Reporter befand und schüttelte sie heftig. Dann drehte er sich wieder ganz vorsichtig um und gab sie dem Reporter vorsichtig zurück, der sie ganz vorsichtig aufmachen sollte. Das sei Quantenmechanik, sagte Bohr. Hinter dem Rücken der Welt wird gewürfelt. Das aber darf nicht sein. Die Hypothese der Konsistenz wäre falsifiziert. Darauf hatte Descartes jeden Tag mit Schrecken gewartet und gehofft, daß es nie passieren würde.

Die Quantenmechanik hat also das cartesianische Programm falsifiziert?

RÖSSLER: Ja, aber ich glaube nicht daran. Man kann das cartesianische Programm so weiterverfolgen, daß man auch die Quantenmechanik wieder in den Griff bekommt. Das ist das Programm der sogenannten deterministischen verborgenen Variablen. Der ethische Anspruch, dies tun zu müssen, stammt von Descartes.

Und Sie versuchen mit Ihrem Ansatz der Endophysik, das cartesianische Programm gegen den Einspruch der Quantenmechanik zu retten?

RÖSSLER: Genau. Ich bin einfach gegenüber Descartes und Levinas gehorsam und versuche die Konsistenz der Welt zu retten. Dem Ende der Aufklärung von 1927 folgten der Holocaust und die Atombombe. Nur wenn man eine unendliche Wichtigkeit im anderen sieht, wie Descartes, hat man zum Beispiel die Kraft, die Demokratie auf dem Planeten einzuführen.

Ohne Descartes also keine Physik der Zukunft und auch keine Politik der Zukunft?

RÖSSLER: Genau das ist meine Behauptung.

Für weitere Ausführungen Rösslers über Descartes, Endophysik, Chaostheorie, Virtuelle Realität und Konsistenzhypothese siehe Otto E. Rössler über Endophysik sowie seine Bücher Endophysik. Die Welt des inneren Beobachters(Berlin 1992) und Das Flammenschwert(Bern 1996).