"Ohne Hilfe der USA hätte es keinen Staatsstreich gegeben"

Seite 5: Plan für eine friedliche Regelung in der Ukraine

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Zur Zukunft der Ukraine: Was ist nun aus Ihrer Sicht nötig, wer muss sich bewegen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Nikolai Asarow: Ein Staatsstreich, eine Wirtschaftskrise und ein militärischer Konflikt im Osten des Landes - das sind Folgen des Konfrontationskurses zwischen den USA und Russland. Es hätte keinerlei Staatsstreich gegeben, wenn das nicht aus den USA gutgeheißen und gefördert worden wäre.

Donald Trump hat vor kurzem sehr einfach und klar gesagt: "Der Konflikt in der Ukraine ist ein Konflikt zwischen den USA und Russland." Deswegen gibt es auch nur einen Ausweg aus der Situation: Eine Vereinbarung zu finden zwischen den USA und Russland, in der ein Maßnahmenkatalog zur Stabilisierung des Landes verabschiedet wird. Natürlich kann auch Deutschland einen großen Beitrag dazu leisten, wenn es eine prinzipielle und objektive Position dort übernehmen würde. Ich habe das bisher leider nicht so sehen können.

Ich habe einen eigenen Plan für eine friedliche Regelung in der Ukraine. Er besteht aus zehn Punkten. Der Hauptpunkt ist, die Akzeptanz, dass in der Ukraine ein Staatsstreich stattgefunden hat und dass die derzeitige ukrainische Regierung eine nicht-legitime Regierung ist. Wenn man diesen Fakt anerkennt, dann kann man die Situation in der Ukraine schnell lösen. Solange aber die Leute in der Ukraine an der Macht sind, deren Arme bis zu den Ellenbogen im Blut waren, und die diesen Staatsstreich durchgeführt und den bewaffneten Konflikt in der Ostukraine ausgelöst haben, kann man den Konflikt nicht lösen. Das bedeutet, die amerikanische Position muss anerkennen, dass es sich um einen Staatsstreich gehandelt hat.

Eines der Hauptprobleme überhaupt in der Ukraine ist die gigantische Anzahl unkontrollierter Waffen, die aus diesem Konflikt jetzt hervorgegangen sind und die nicht-formalen Bataillone und Regimenter, die kaum als rechtsstaatlich zu bezeichnen sind. Wie kann man die Situation in einem Land stabilisieren, wenn im Prinzip die gesamte Opposition entweder im Gefängnis oder im Exil sitzt oder unter extremem Druck steht? Mit wem kann man denn einen Kompromiss finden?

Einen Kompromiss kann man nur zwischen verschiedenen politischen Kräften finden, in denen die unterschiedlichen Meinungen, Sichtweisen und Mentalitäten in der Ukraine auch Rechnung getragen wird. Aber so lange, wie es eben keinen Dialog mit den Leuten gibt, die sich im Osten des Landes gegen dieses Regime erhoben haben, solange wird es auch keinen Kompromiss dort geben.

Sehen Sie denn realistische Möglichkeiten diesen Konflikt dann mit dem neuen US-Präsidenten zu lösen?

Nikolai Asarow: Was er bis jetzt gesagt hat, gibt durchaus Hoffnung, dass man einen Weg zur Regulierung des Konflikts findet. Er hat das, was in der Ukraine stattgefunden hat, offen als Staatsstreich bezeichnet. Ich glaube, dass man, wenn Deutschland diese Position eingenommen hätte, innerhalb eines Jahres auch einen Kompromiss hätte finden können.

Also in Ihren Augen ist Deutschland, ist Angela Merkel, viel zu passiv.

Nikolai Asarow: Nicht nur passiv. Was immer verdrängt und eigentlich nie berichtet wird ist, dass Deutschland eigentlich als Garantiemacht am 21. Februar eine Erklärung mit unterzeichnet hat, in der der Übergang festgelegt worden war, also wie es zum Jahresende zu vorgezogenen Präsidentschaftswahlen kommen sollte. Und diese Erklärung wurde damals vom deutschen Außenminister Steinmeier unterzeichnet. Drei Außenminister haben unterschrieben: Polen, Deutschland und Frankreich. Und an diesem Tag hat man Janukowitsch weggejagt. Da fragt man sich natürlich über den Wert eines solchen Papiers und einer solchen Unterschrift. Diejenigen, die den Staatsstreich realisiert haben, haben sich offen und zynisch gegen Deutschland gestellt. Den Plan hat schließlich Ihr Minister unterschrieben.

Welche Perspektive sehen Sie für sich persönlich, nochmal als Politiker in der Ukraine einzugreifen?

Nikolai Asarow: Ich bin bereit meine Erfahrungen und Kenntnisse einzubringen, um einen friedlichen Weg zur Regulierung des Konfliktes in der Ukraine zu finden. Ich bin überzeugt, dass sich früher oder später die Ukraine mit der Wiederbelebung der Wirtschaft beschäftigen muss, sowie mit der Wiederherstellung normaler Beziehungen zu Russland und zu Europa. Ich glaube, dass hier meine Erfahrungen und mein Wissen für das ukrainische Volk sehr wertvoll sein können.

Ich war nie ein Radikaler. Ich habe immer nach Kompromisslösungen gesucht. Ich war immer darauf ausgerichtet, das Land zu vereinen und nicht zu teilen. Ich bin bereit, an der Wiederherstellung der Wirtschaft mitzuwirken.

Ihnen und Ihrem Sohn wird von westlicher Seite vorgeworfen, selbst Teil dieses oligarchischen Systems in der Ukraine gewesen zu sein. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Nikolai Asarow: Was können sie einem erfolgreichen Premierminister vorwerfen, unter dessen Führung sich das Land entwickelt hat. Eine Zeit, in der das Einkommen gestiegen ist, in der im Land Straßen, Stadien, Flughäfen gebaut wurden. Schauen wir in die Realität: Seit drei Jahren versucht eine große Gruppe von Ermittlern und Staatsanwälten krampfhaft gegen mich irgendwelche Anschuldigungen zusammenzubauen. Alle Vorwürfe, die bis jetzt gegen mich erhoben wurden, sind falsch.

Zeigen Sie mir bitte einen Menschen in der Ukraine, der mir wirklich Korruption vorwerfen kann. Jemand, der sagt, er ist damals zu mir, dem Premierminister, gegangen und hat ihm Geld gegeben und hat so irgendeine Frage geklärt. Zeigen Sie mir, wo diese Gelder sein sollen? Was soll ich damit gemacht haben?

Ich habe kein Vermögen, kein Geld außerhalb der Ukraine. Die EU hat Sanktionen gegen mich beschlossen und Konten beschlagnahmt auf Basis eines Anschuldigungsbriefes der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine ohne jegliche Beweise. Ich stelle die einfache Frage: Welche Konten in welchen Banken haben sie denn beschlagnahmt? Es gibt keine.

Das Kiewer Regime lügt ohne jegliche Scham. Kürzlich hat der Vorsitzende der Oschad-Bank bekanntgegeben, dass auf den Konten von Asarow und Janukowitsch Milliarden liegen würden, er aber auf Basis des Bankengesetzes keine Details nennen könne. Aber welche Einzelheiten kann er denn eröffnen? Ich habe in 20 Jahren ein einziges Konto gehabt - in dieser Bank. Dorthin sind mein Gehalt, meine Pension und alle meine Verdienste etwa durch meine Tätigkeiten in der Akademie der Wissenschaften geflossen. Und die Summe beträgt ungefähr eine Million Griwna. Nicht eine Milliarde, sondern eine Million. Griwna. Was beim derzeitigen Wechselkurs ungefähr einer Summe von 40.000 Dollar entspricht. Jeder dieser Dollars kann mit konkreten Dokumenten seiner Herkunft belegt werden. In den vergangenen drei Jahren konnte keine konkrete Anklage zu falschen Tätigkeiten gestellt werden.

Ich habe in meiner gesamten Politikerlaufzeit immer einen Grundsatz gehabt, und dem bin ich immer treu geblieben: Nie Business-Interessen mit nationalen Interessen zu vermischen. Deswegen habe ich meinem Sohn nicht ein einziges Mal an irgendeiner Stelle einen Staatsauftrag zukommen lassen. Er lebt seit 25 Jahren selbstständig und komplett unabhängig von mir.

Sie haben ja die Sanktionen schon angesprochen. Anfang des Jahres gab es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, der entschied, dass die Sanktionen gegen Sie nicht rechtmäßig sind. Trotzdem werden diese aufrechterhalten. Was sagt Ihnen das über die "Realpolitik" der EU?

Nikolai Asarow: Ich bin sehr enttäuscht. Insbesondere über das politische System, aber auch über das Rechtssystem. Der Europäische Rat trifft Entscheidungen über Sanktionen gegen mich. Seit drei Jahren bitte ich den Europäischen Rat: "Fordern Sie bitte Beweise und Dokumente über mich aus der Ukraine an und geben diese einem kompetenten Juristen. So dass sich jemand objektiv mit diesen Materialien auseinandersetzt. Und danach treffen Sie bitte Ihre Schlussfolgerungen."

Ich möchte mich nicht rechtfertigen, ich bitte nicht um irgendeine besondere Behandlungen, ich will nicht bevorzugt werden. Das Einzige, was ich fordere, ist eine objektive Analyse und Auseinandersetzung mit den Vorwürfen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass jeder unvoreingenommene Jurist, der die absurden Vorwürfe liest, die gegen mich in der Ukraine erhoben werden, zum Schluss kommen wird, dass die Sanktionen nicht begründet sind.

Dem Wesen nach ist eine EU, die eine Entscheidung auf Basis unbegründeter Anschuldigungsschreiben trifft, diskreditiert. Sie diskreditiert sich und ihr Rechtssystem damit selbst. Das sollte nicht sein.