Ohne Rezepte in die Klima- und Wasserkrise
Energie und Klima – kompakt: Geld ist vorhanden, es müsse nur an die richtige Stelle gelenkt werden. Ein altes, seit Jahrzehnten gepredigtes Rezept. Warum Märkte allein die Umweltprobleme nicht lösen werden. Ein Kommentar.
Der soeben veröffentlichte Bericht des Weltklimarats IPCC hat die wenig überraschende Botschaft, dass wir noch immer mit rasantem Tempo in eine sich verschärfende Klimakrise steuern. Gleichermaßen vernehmen wir von den Vereinten Nationen, die dieser Tage eine Wasserkonferenz abhalten, dass menschliche Lebensgrundlagen und Ökosysteme von einer globalen Wasserkrise bedroht sind. Klimakrise und Wasserkrise sind miteinander verschränkt, die eine lässt sich nicht ohne die andere lösen.
In beiden Fällen wird Gerechtigkeit gefordert, die am stärksten von der Klimakrise Betroffenen müssen bei der Klimaanpassung und auch bei Schäden und Verlusten unterstützt werden, ebenso braucht es globale Unterstützung, um allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen zu ermöglichen.
Doch nach Jahrzehnten des globalen Versagens, sowohl, als es darum ging, den Klimawandel rechtzeitig zu begrenzen, als auch bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung, werden immer wieder alte Rezepte auf den Tisch gelegt, die sich schon in der Vergangenheit nicht haben durchsetzen können oder sich als wirkungslos erwiesen haben.
Wenn Technologie, Know-how und geeignete politische Maßnahmen gemeinsam genutzt werden und angemessene Finanzmittel bereitgestellt werden, kann jede Gemeinschaft den kohlenstoffintensiven Verbrauch reduzieren oder vermeiden. Und gleichzeitig können wir mit erheblichen Investitionen in die Anpassung steigende Risiken abwenden, insbesondere für anfällige Gruppen und Regionen,
… heißt es in der Pressemitteilung des IPCC. Ja, es ist richtig, dass grüne Technologien gebraucht werden, erneuerbare Energien mittlerweile günstig zu haben sind und dass jede Menge Kapital vorhanden ist, dass mit starken Regelwerken, dem Abbau schädlicher Subventionen und mit anderen Anreizen an die "richtige" Stelle gelenkt werden könnte. Das entspräche vielleicht der Vorstellung eines keynesianischen globalen Kapitalismus, in dem die Staaten aber nicht um Investoren konkurrieren, sondern alle gleichermaßen strenge Vorgaben umsetzen.
Das entspricht aber nicht dem Kapitalismus, wie wir ihn aktuell beobachten können: Da konkurrieren etwa die USA und die EU um die Ansiedlung "grüner" Industriezweige, Subventionen, Steuererleichterungen und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren dürften hier Lockmittel sein. Wobei Letzteres auch immer bedeutet, dass beim Umweltschutz nicht so genau hingesehen wird.
Beschließen Staaten neue Klima- oder Umweltrichtlinien, die den Betrieb bereits bestehender Unternehmen einschränken, drohen ihnen oftmals Verfahren vor internationalen Schiedsgerichten, basierend auf den Investitionsschutzklauseln von Freihandelsverträgen. Gerade arme Staaten können auf diese Weise mit horrenden Schadensersatzforderungen schnell unter Druck gesetzt werden.
Unternehmen und Finanzdienstleister, die aus Gründen der Klimagerechtigkeit in den Globalen Süden investieren und damit die nachhaltige Entwicklung voranbringen, mag es geben, ihre Zahl dürfte aber begrenzt sein. Hingegen gibt es zahlreiche Beispiele vorgeblich "grüner" Investitionen in Ländern des Globalen Südens, von denen die lokale Bevölkerung im besten Fall gar nichts hat (etwa ein Wasserkraftwerk vor der Haustür, aber immer noch keinen Anschluss ans Stromnetz) oder dafür Nachteile in Kauf nehmen muss (die lokale Bevölkerung verliert wegen des Wasserkraftwerks den Zugang zu ihrer lokalen Wasserversorgung).
Aber wir müssen nicht erst in arme Staaten blicken, um zu sehen, wie eine sinnvolle Umweltgesetzgebung zugunsten von finanzstarken Unternehmen abgeschwächt wird. Auch in Deutschland werden die Trinkwasserressourcen im Zuge des Klimawandels knapper und deswegen hat das Bundeskabinett vergangene Woche eine nationale Wasserstrategie beschlossen.
Campact kritisierte an der Strategie, dass wohl doch mehr Grundwasser entnommen werden darf, als sich neu bilden kann, und dass im Falle eines Trinkwassernotstands nicht nur die öffentliche Versorgung, sondern auch die Lebensmittelwirtschaft priorisiert bliebe.
Und wir können auf ein Versprechen des brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke blicken, das er dem Tesla-Chef Elon Musk brieflich gab: Die Landesregierung würde Tesla am Standort Grünheide bei der Lösung der Wasser- und Stromprobleme unterstützen.
Regierungen buhlen um Industrieansiedlungen um jeden Preis, Lobbyisten in der Regierung bringen bereits beschlossene Klimaschutzmaßnahmen zu Fall, wie Volker Wissing das Verbrennerverbot in der EU, um die hiesige Industrie zu schützen. Die deutsche Autoindustrie interessiert sich ebenso wenig für Klimaziele wie Tesla für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung und die Ökosysteme in Brandenburg, wenn sie nicht dazu gezwungen werden.
Und wie bereits in der Vergangenheit ist es António Guterres, der mehr als alle anderen Klartext redet. Bereits vor einem Jahr sagte der UN-Generalsekretär: "Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt. Aber die wirklich gefährlichen Radikalen sind die Länder, die die Produktion fossiler Brennstoffe erhöhen."
Auch jetzt liegt die klare Botschaft darin, den Industrieländern sowie dem Finanzwesen eine baldige Deadline für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu setzen. Ohne ein "Der Markt wird es schon richten" hinterherzuschieben. Und auch die Regierenden werden es ohne entsprechenden Druck von der Straße nicht richten.
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