Onlinedurchsuchung auf bloßen Verdacht
Polizeigesetz Baden-Württemberg: Erneute Verschärfung?
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wird das Polizeigesetz in Baden-Württemberg zur Zeit kontinuierlich verschärft. Nach einer sehr einschneidenden Verschärfung vor gerade einmal 14 Monaten plant der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) nun einen weiteren Abbau von Bürgerrechten.
Während die letzte Gesetzesänderung anfangs noch mit einer "abstrakten Gefahr terroristischer Anschläge"1 begründet wurde, wird mit der Zeit immer offensichtlicher, dass die Aufrüstung der Polizei sich auch gegen soziale Bewegungen und Migrant*innen richtet.
Nicht erst mit der geplanten Verschärfung, sondern bereits im momentan geltenden Polizeigesetz liegen die Einsatzschwellen für diverse Maßnahmen, durch die grundlegende Freiheitsrechte außer Kraft gesetzt werden, sehr niedrig. Diese Maßnahmen können praktisch jede*n treffen, da die Polizei zunehmend präventiv, also ohne konkreten Verdacht, tätig wird.
Schon jetzt: Massive Eingriffe in die Freiheit
Das volle Ausmaß des momentanen Abbaus von Freiheitsrechten kann nur erfasst werden, wenn man auch die bereits im November 2017 erfolgten Verschärfungen2 in den Blick nimmt. Diese wurden von einer sehr Großen Koalition der Autoritären verabschiedet: CDU, Grüne und sogar die oppositionelle SPD stimmten für das Gesetz.
Im Zuge der letzten Gesetzesänderung wurde beispielsweise die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), häufig auch als Staatstrojaner bezeichnet, eingeführt. Durch das Infizieren von Geräten mit einer staatlichen Schadsoftware kann so die laufende Kommunikation der betreffenden Person - auch in verschlüsselten Chats - überwacht werden. Dies ist bereits präventiv, also allein aufgrund des Verdachts, eine Person könnte in der Zukunft eventuell eine schwere Straftat3 begehen, möglich. Der Staatstrojaner wird durch die Ausnutzung einer Software-Schwachstelle auf die betreffenden Geräte gespielt.
Der Chaos Computer Club (CCC) warnt in diesem Zusammenhang: "Um eine fortwährende Ausnutzung der Schwachstelle sicherzustellen, muss diese geheim gehalten werden, da sonst mit ihrer Beseitigung zu rechnen wäre. [...] Damit geht zwingend das Risiko einher, dass die Schwachstelle von anderen interessierten Gruppen, insbesondere von Kriminellen oder anderen staatlichen Akteuren ebenfalls entdeckt und ausgenutzt wird."
Das Ausnutzen und Offenhalten von Sicherheitslücken war bis vor kurzem ein Vorgehen, das nur Geheimdienste und militärische Cyber-Kommandos praktizierten. Dass nun sogar die Polizei so vorgeht, ist unverantwortlich.
Ebenso unverantwortlich ist die Ausstattung der Polizei mit Kriegswaffen, die ebenfalls mit der letzten Änderung des Polizeigesetzes eingeführt wurde. Explosivmittel, wie Handgranaten, Sprenggeschosse, die aus Schusswaffen verschossen werden können, oder konventionelle Sprengmittel dürfen nun auch gegen Personen eingesetzt werden, z.B. wenn diese versuchen, Gefangene zu befreien oder eine andere Straftat begehen und dabei Schusswaffen oder Sprengstoff mit sich führen.
Die Polizei hat seit der letzten Gesetzesnovelle darüber hinaus die Möglichkeit, Kameraaufnahmen im öffentlichen Raum automatisch auszuwerten. In Echtzeit können durch diese sogenannte intelligente Videoüberwachung Verhaltensmuster erkannt werden, die "auf die Begehung einer Straftat hindeuten". In diesem Falle werden dann Polizist*innen alarmiert, die innerhalb von drei Minuten vor Ort sein sollen.
Was die vom rüstungsnahen Fraunhofer IOSB dafür entwickelte Künstliche Intelligenz (KI) als sicherheitsrelevant einstuft bleibt intransparent. Momentan läuft in Mannheim ein Modellversuch, um die Software weiterzuentwickeln. 76 Kameras, die nach und nach hinzugeschaltet werden und mit der neuen KI versehen werden, überwachen die Menschen auf zentralen Plätzen und Straßen in der Innenstadt. Das Modellprojekt kostet insgesamt 1,6 Mio. Euro und ist auf fünf Jahre angelegt.4
Mit der letzten Novelle des Polizeigesetzes erfolgte auch die Legalisierung eines weiteren massiven Eingriffs in die Privatsphäre: Sogenannte "Gefährder*innen" - also Menschen, die nicht unbedingt strafrechtlich in Erscheinung getreten sein müssen, aber von staatlichen Behörden als potenzielle Terrorist*innen eingestuft werden - können seit dem 15. November 2017 mit Aufenthalts- und Kontaktverboten für bestimmte Orte und Personen belegt werden. Dies könnte im Extremfall bis zur Verhängung von Hausarrest reichen.
Zur Überwachung der Einhaltung dieser Maßnahmen können die Betroffenen auch zum Anlegen einer elektronischen Fußfessel, einem technischen Gerät, das den Aufenthaltsort der Betroffenen permanent überwacht, gezwungen werden. Diese Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung kam bereits zum Einsatz. Zwei Anträge auf Aufenthaltsvorgaben bzw. Kontaktverbote wurden gestellt, hielten einer richterlichen Überprüfung jedoch nicht stand.5
Dies zeigt, dass die Polizei die neuen Befugnisse sehr weit interpretiert und die Bewertung der Gesetzmäßigkeit den Gerichten überlässt. Dies ist insbesondere deshalb gefährlich, weil diese Maßnahmen bereits dann durchgeführt werden können, wenn "das individuelle Verhalten der betroffenen Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie [eine Straftat nach §129a]"6 begehen könnte.
Diese sehr schwammige Formulierung findet sich wortgleich in der Definition des Begriffs der "drohenden Gefahr" im bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG). Wann jedoch ist der Begriff der "konkreten Wahrscheinlichkeit" erfüllt? Diese Entscheidung bleibt den Gerichten überlassen.
Die nächste Verschärfung ist bereits auf dem Weg
Obwohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte, mit der letzten Verschärfung gehe man bereits "an die Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen", genügt dies dem Hardliner Strobl offenbar nicht. Im Oktober 2018 - die letzte Verschärfung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ein Jahr verabschiedet - ließ dieser über die Presse verlauten, man arbeite bereits an der nächsten Reform des Polizeigesetzes, die den Abbau der Bürgerrechte weiter vorantreibt.
Der Gesetzesentwurf wird bislang geheim gehalten und auch auf Anfrage nicht herausgegeben. Vermutlich soll das Gesetz auch dieses Mal im Schnellverfahren und ohne öffentliche Diskussion durch den Landtag gepeitscht werden. Dennoch wurden über die Presse7 einige Vorhaben aus dem neuen Gesetzesentwurf bekannt:
So soll in einem 30 Kilometer breiten Korridor entlang der Bundesgrenzen zur Kriminalitäts- und Migrationsbekämpfung die Schleierfahndung möglich sein. Bislang war dies nur auf den großen Fernstraßen möglich. Im Fall einer Verabschiedung des Gesetzes wären anlasslose Kontrollen dann in diesem Bereich, in den auch ganze Städte wie Freiburg oder Karlsruhe fallen, jederzeit ohne weitere Angabe von Gründen möglich.
Auch im Zusammenhang mit Demonstrationen sollen die rechtlichen Spielräume für umfassende Personenkontrollen erweitert werden.
De facto kontrolliert die Polizei bereits jetzt schon häufiger im Vorfeld von Demonstrationen. Dies ist nach gängiger Rechtsprechung jedoch eigentlich nicht erlaubt, da Vorkontrollen einschüchternd auf die Demonstrierenden wirken und diese vom Demonstrieren abhalten könnten - ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Mit dem neuen Gesetz soll die bereits gängige illegale Praxis der Polizei nun legalisiert werden. Protest wird dadurch weiter kriminalisiert.
Bislang darf die Polizei bereits Bodycams, also kleine Kameras, die z.B. auf der Schulter der Polizist*innen angebracht sind, an öffentlich zugänglichen Orten einsetzen.8 Mit der neuen Gesetzesänderung soll dies auch in Privatwohnungen möglich sein, wodurch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt wird.
Presseberichten zufolge steht auch die DNA-Untersuchung zu präventiven Zwecken im Gesetzesentwurf. Zur Verhütung von Straftaten oder zum Schutz hochrangiger Rechtsgüter soll es künftig präventiv, also noch vor der Begehung einer Straftat, möglich sein, "das DNA-Identifizierungsmuster ('genetischer Fingerabdruck'), das Geschlecht, die Farbe von Augen, Haaren und Haut, das Alter sowie die biogeografische Herkunft" Verdächtiger zu erfassen.
Die DNA-Analyse befindet sich jedoch noch in der Entwicklungsphase. Sie weist noch eine hohe Fehlerquote auf. In diesem Zusammenhang weisen drei Freiburger Professor*innen, die sich kritisch mit DNA-Analysen in der Polizeiarbeit beschäftigen, auf die Gefahr der Diskriminierung hin9:
Nur sehr helle und sehr dunkle Farben werden gut vorhergesagt. Im Anwendungsfall würden solche gemischten genetischen Ausprägungen in Deutschland meistens bedeuten, dass das Analyse-Ergebnis für die Ermittlungen nutzlos ist: Entweder deutet die DNA-Analyse auf einen hell pigmentierten Europäer hin - dann gibt es davon zu viele, um sinnvoll Prioritäten für die Ermittlungen zu setzen. Oder es deutet auf einen 'gemischt-pigmentierten' Menschen, z.B. mit mittelbraunen Haaren und grünen Augen hin - dann ist aber die Vorhersagegenauigkeit zu schlecht. Nur wenn das Ergebnis auf eine dunkel pigmentierte Person hinweist, können Ermittler in Deutschland weitere Ermittlungsschritte anschließen. Der damit verbundenen Gefahr der Diskriminierung und Stigmatisierung - etwa durch Anschlussmaßnahmen wie DNA-Reihenuntersuchungen oder eine entsprechende Öffentlichkeitsfahndung - sind sich ExpertInnen im Ausland sehr bewusst. Bei den politischen Entscheidungsträgern und Polizeivertretern, die die Einführung Erweiterter DNA-Analysen in Deutschland vorantreiben, scheint diesbezüglich kaum ein Problembewusstsein vorhanden zu sein.
Mit der letzten Verschärfung der Polizeigesetze wurde bereits die Quellen-TKÜ (Staatstrojaner) zur Überwachung der laufenden Kommunikation eingeführt. Da bei vollem Zugriff auf das Zielgerät jedoch nicht sichergestellt werden kann, dass nur die laufende Kommunikation überwacht wird, kam die Technologie offiziellen Angaben10 zufolge bislang jedoch noch nicht zum Einsatz.
Die "Lösung" dieses Problems sieht Innenminister Strobl darin, einfach das Gesetz zu ändern und anstelle der Quellen-TKÜ die sogenannte Onlinedurchsuchung einzuführen: In diesem Fall dürften Polizei und Verfassungsschutz alle auf dem Gerät gespeicherten Daten wie Kontakte, Bilder, Kalendereinträge, Kommunikation aus der Vergangenheit, Inhalte von Apps, Browserverläufe, GPS-Daten oder Passwörter auslesen. Ja, womöglich könnten sogar Kamera und Mikrofon an- und ausgeschaltet werden und das betreffende Gerät als eine Art Wanze, die die überwachte Person stets mit sich trägt, verwendet werden. All dies wohlgemerkt präventiv - also noch bevor jemals eine Straftat durch die überwachte Person begangen wurde. Ein bloßer Verdacht würde für diesen schweren Eingriff in die Privatsphäre ausreichen.
Auch eine Verschärfung der präventiven Haft für sogenannte "Gefährder*innen" ist geplant. Nach bisherigem Stand hat die Polizei bereits weitreichende Möglichkeiten, von ihr als gefährlich betrachtete Menschen in Gewahrsam zu nehmen. Zur Verhinderung oder Beseitigung einer "unmittelbar bevorstehende[n] erhebliche[n] Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" können Menschen nach richterlicher Entscheidung maximal zwei Wochen in Haft genommen werden. Ohne richterliche Entscheidung müssen sie spätestens am Ende des Tages nach der Ingewahrsamnahme freigelassen werden.
Bereits jetzt ist es also möglich, Menschen allein aufgrund des Verdachts der Planung einer Störung der Öffentlichen Ordnung bis zu zwei Wochen zu inhaftieren. Dies gilt im Übrigen auch für den Fall, dass die Identität einer Person nicht festgestellt werden kann. Auch dies kann bis zu zwei Wochen Gewahrsam bedeuten.
Innenminister Strobl will der Polizei hier jedoch noch weitergehende Befugnisse einräumen. So sollen der Stuttgarter Zeitung zufolge die Bedingungen für die Inhaftierung gelockert werden und gleichzeitig eine Art Unendlichkeitshaft wie im bayerischen Polizeiaufgabengesetz eingeführt werden. Statt der bislang geltenden Höchstdauer von zwei Wochen soll die Frist künftig drei Monate betragen und diese dreimonatige Haft soll dann - so der Gesetzesentwurf - unendlich oft um weitere drei Monate verlängerbar sein. Auf diese Weise könnte eine Person ohne Urteil auf Dauer festgehalten werden - ohne jemals eine Straftat begangen zu haben. Assoziationen zur Schutzhaft im Nationalsozialismus sind an dieser Stelle naheliegend.
Und jetzt?
Begründet wird die erneute Verschärfung des Polizeigesetzes neben einer abstrakten Terrorgefahr zynischerweise damit, man müsse Anpassungen für den Datenschutz vornehmen: Dies betrifft zum einen die EU-Richtlinie 2016/680, durch die - so der offizielle Titel der Richtlinie - "Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten"11 geschützt werden sollen.
Zum anderen betrifft dies eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum BKA-Gesetz. Das Gericht verlangt von der Legislative, die Verhältnismäßigkeit zu wahren und datenschutzrechtliche Bestimmungen einzuhalten.12
Sowohl die EU-Richtlinie als auch das Urteil zum BKA-Gesetz lagen bereits 2016 vor. Bei der Änderung des Polizeigesetzes im November 2017 wurden die Anpassungen jedoch nicht vorgenommen. Nun wird die Beachtung von Datenschutz als Grund für den weiteren Abbau von Grundrechten vorgeschoben. Auf die Frage eines SPD-Abgeordneten, warum "die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz vom 20. April 2016 nicht bereits bei der Novellierung des PolG im Jahre 2017 berücksichtigt wurde"13, begründete die grün-schwarze Landesregierung dies dreist mit Zweckmäßigkeitserwägungen: "Eine vollständige Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde im Rahmen der Polizeigesetznovelle 2017 zurückgestellt. Aus Zweckmäßigkeitserwägungen erfolgt diese gemeinsam mit der Umsetzung der Europäischen Datenschutzreform im Rahmen der vorgesehenen weiteren umfassenden Novellierung des Polizeigesetzes."14
Der Abbau von Freiheitsrechten, der hier vorangetrieben wird, kann potenziell alle treffen. Entgegen aller Beteuerungen der Landesregierung, das Gesetz richte sich gegen Terrorismus, werden die Verschärfungen zunächst vor allem Migrant*innen, Linke, Antiautoritäre, und Fußballfans treffen. Diese gesellschaftlichen Gruppen haben bereits die letzte Änderung des Polizeigesetzes verschlafen. Nun bietet sich leider eine neue Chance, gegen einen zunehmend autoritären Staat und eine militarisierte Polizei aufzubegehren, die neuen Verschärfungen zu verhindern und die Rücknahme der bereits in Kraft getretenen Verschärfungen zu fordern.
Zumindest eine Verhinderung der neuen Maßnahmen, wie Unendlichkeitshaft oder Onlinedurchsuchung, scheint ein erreichbares Ziel. Bisher will vor allem die CDU das neue Polizeigesetz. Die Grünen scheinen zwar wenig begeistert von Strobls Vorstößen zu sein, dennoch sind sie keinesfalls ein Garant für den Erhalt elementarer Freiheitsrechte. Gerade deshalb gilt es nun, die Grünen durch Druck auf der Straße an ihre Ursprünge als Bürgerrechtspartei zu erinnern. Um die nächste Verschärfung zu verhindern, scheint dies sinnvoll, da die Grünen bereits 2017 bewiesen haben, dass sie ohne öffentlichen Druck durchaus zu weitreichenden Zugeständnissen an den Koalitionspartner CDU bereit sind.
Zum obigen Artikel erhielten wir eine Stellungnahme der Grünen, die wir hier veröffentlichen:
Die grün-schwarze Landesregierung hat 2017 eine umfassende Novellierung des Polizeigesetzes und des Landesverfassungsschutzgesetzes mit breiter Mehrheit verabschiedet. "Wir haben dabei auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters und die Notwendigkeit, die Polizei für neue Aufgaben auszustatten reagiert - beispielsweise durch die Anpassung der Sicherheitsarchitektur an das heutige Kommunikationsverhalten mit Messenger-Diensten oder den Möglichkeiten der intelligenten Videoüberwachung", so Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg.
Bereits nach der Novellierung des Polizeigesetzes 2017 stand fest, dass zur Umsetzung der europäischen JI-Richtlinie erneut Änderungen im Polizeigesetz notwendig sein würden.
Sckerl betont: "Wir werden keine neuen Befugnisse schaffen, bevor die Regelungen aus bestehenden Gesetzen nicht umgesetzt sind und nicht feststeht, dass andere Maßnahmen erforderlich sind. Auch wenn nach wie vor ungeklärt ist, ob und wie eine Quellen-TKÜ isoliert von der viel weitergehenden Online-Durchsuchung erfolgen kann, werden wir die Online-Durchsuchung trotzdem nicht zulassen. Wir werden nicht ohne eine veränderte Sicherheitslage Maßnahmen zur Diskussion stellen, die wir vor einem Jahr noch abgelehnt haben.
Unsere Richtschnur ist klar: Wenn wir neue Maßnahmen beschließen, müssten diese erforderlich sein und sie müssen anlassbezogen, verhältnis- und verfassungsmäßigen Kriterien Rechnung tragen. Aber auch nicht alles was technisch möglich und rechtlich zulässig ist, muss auch eingeführt werden. So viel Beschränkungen wie nötig, so viel Freiheit wie möglich – das ist unser Credo. Wir erwarten, dass der geschaffene Rechtsrahmen effektiv genutzt wird anstatt ständig weitere Verschärfungen zu fordern. Den "Unendlichkeitsgewahrsam" von Menschen lehnen wir ab. Es muss auch weiterhin eine Debatte erfolgen, wie weit wir zu Gunsten von Sicherheit gehen wollen. Darüber hinaus liegt unsere Priorität auf einer Stärkung der Präventionsarbeit und wir haben uns für eine ressortübergreifende Konzeption für Intensivstraftäter und eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden stark gemacht."
Das baden-württembergische Sicherheitsgesetz sieht eine Evaluation der neuen Maßnahmen nach fünf Jahren vor, um zu überprüfen, ob und wie die beschlossenen Maßnahmen wirksam sind. "Wir werden nicht zulassen, dass immer weiter ausgedehnte polizeiliche Befugnisse das Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz nach und nach aufweichen", so Sckerl.
Der Text von Alexander Kleiß wurde für die Informationsstelle Militarisierung geschrieben und ist auch dort erschienen.
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