Ost-West-Gefälle: Kein gleicher Lohn trotz gleicher Arbeit
Warnstreik in Brandenburger Asklepios-Kliniken: Ver.di meint, 30 Jahre "deutsche Einheit" müssten auch langsam mal bei den Arbeitsbedingungen ankommen
Gleiche Löhne in Ost und West - davon sind viele Betriebe auch 30 Jahre nach der "deutschen Einheit" noch weit entfernt. Ein Beispiel sind die psychiatrischen Fachkliniken in Brandenburg, die zu dem privaten Asklepios-Konzern gehören. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat nun die Beschäftigten zum dritten Mal zu einem viertägigen Warnstreik aufgerufen. Ab Dienstag, dem 21. September wird wieder gestreikt.
Seit April 2021 führt ver.di mit der Klinikleitung Tarifverhandlungen - doch bislang ohne Erfolg. Nach Angaben der Gewerkschaft verweigert der Konzern seit der letzten Verhandlungsrunde am 22. Juni ein kompromissfähiges Angebot für die rund 1.450 Beschäftigten in den Kliniken in Brandenburg an der Havel, Teupitz und Lübben. Auch in den kommenden Jahren wolle der Konzern seine Beschäftigten in Brandenburg deutlich schlechter entlohnen als die in seinen Hamburger Kliniken. Der Lohnunterschied macht teilweise bis zu 10.600 Euro im Jahr aus, so die Gewerkschaft.
Mehr Arbeit für weniger Geld
Es geht dabei nicht nur um die Höhe des Entgeltes, sondern auch um die Arbeitsdauer. Heute müsste in den Brandenburger Kliniken "umgerechnet bis zu elf Tage mehr pro Jahr" gearbeitet werden - bei bis zu 21 Prozent weniger Lohn. Dabei gebe es keine wirtschaftliche Rechtfertigung dafür.
Aber darauf berief sich die Geschäftsleistung bisher. Sie hatte in der Vergangenheit moniert, die Gewerkschaft versuche, das Unternehmen "in den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) zu zwingen". Dabei lasse sie völlig außer Acht, dass psychiatrische Kliniken auf ganz andere Art finanziert würden als somatische Kliniken. Dort würden seit 2020 alle Pflegekräfte über ein separates Pflegebudget ausfinanziert.
Ralf Franke, zuständiger Gewerkschaftssekretär, erklärte im Gespräch: Das stimme so nicht. Die somatischen Kliniken würden tatsächlich seit 2020 über ein Pflegebudget abgerechnet. Den Kliniken werde zuerst eine Pauschale gezahlt, unabhängig von der Schwere des Falls. Später müsse aber genau abgerechnet werden; wenn die Klinik weniger als ausgezahlt aufwenden musste, dann müsse sie Geld zurückerstatten.
Bei den psychiatrischen Kliniken fänden dagegen Budgetverhandlungen statt. In diesen Kliniken gebe es einen gesetzlich festgelegten Personalschlüssel, was die Verhandlungen vereinfache. Was man dann letztlich von den Krankenkassen vergütet bekommen möchte, müsse man nur schlüssig vortragen. Ihm sei kein Fall bekannt, so Franke, dass die Krankenkassen sich geweigert hätten, die Personalkosten zu tragen. Jedenfalls hätte noch nie ein Klinikbetreiber dieses Argument in den Verhandlungen vorgetragen.
Franke musste sich immer wieder gegen ähnliche "Fake News" der Geschäftsleitung positionieren. Diese hatte zum Beispiel auch behauptet, eine Gehaltserhöhung von bis zu 16 Prozent bei einer Laufzeit von 24 Monaten geboten zu haben. Mit solchen Behauptungen wolle der Konzern die Öffentlichkeit falsch informieren, erklärte Franke.
Stattdessen habe die Geschäftsführung eine Entgelterhöhung erst für die Zeit ab dem 1. April 2022 an. In zwei Schritten sollen Pflegekräfte, die in Wechselschichten arbeiten, insgesamt 8,5 Prozent mehr Geld bekommen, für Therapeuten ist ein Plus von bis zu 5,3 Prozent vorgesehen und für alle anderen Beschäftigten sollte es bis zu 4,1 Prozent mehr geben - alles bei einer Laufzeit von 33 Monaten.
Gleiche Arbeitsbedingungen in Ost und West ist das Ziel in den aktuellen Tarifverhandlungen. In den Hamburger Einrichtungen arbeiten die Beschäftigten seit Jahren nur 38,5 Stunden, in Brandenburg dagegen 40 Stunden. "30 Jahre nach der deutschen Einheit haben auch die Beschäftigten bei Asklepios im Land Brandenburg für die gleiche Arbeit das gleiche Entgelt, die gleiche Arbeitszeit und die gleiche Jahressonderzahlung wie in Hamburg verdient", heißt es in einer Tarifinformation.
Geschäftsführung argumentiert mit niedrigeren Lebenshaltungskosten
Die Angleichung der Arbeitsbedingungen ist aber offenbar nicht im Sinne der Geschäftsführung. Daniela Wolarz-Weigel, die den Konzern in Brandenburg leitet, soll nach Angaben der Gewerkschaft in der Vergangenheit erklärt haben: In den Brandenburger Kliniken könne man weniger zahlen als in Hamburg, weil die Lebenshaltungskosten auch niedriger seien.
Diese Haltung hat sich bislang ausgezahlt. Ver.di weist darauf hin, dass es Asklepios-Gründer Bernhard Broermann seit Gründung des Konzerns im Jahre 1985 zum Multi-Milliardär gebracht hat. "Asklepios-Gründer Bernhard Broermann hat es seit der Gründung des privaten Krankenhausunternehmens Asklepios de facto aus dem Nichts mit Gesundheitsdienstleistungen in Deutschland zum Multimilliardär gebracht und ist laut Forbes-Milliardärsliste auf Platz 561 der reichsten Menschen der Welt". Broermann werde auch deswegen immer reicher, weil er seine Beschäftigten nicht fair bezahle, betonte Franke.
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