Paranoia Zuckersteuer

Seite 2: "Erfolge" der Zuckersteuer: Aufgeblähtes Nichts!

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Auch beim gerne kolportierten "Erfolg" von bereits eingeführten Steuern, wie zum Beispiel in Mexiko oder jüngst Großbritannien, wird bewusst mit zweierlei Maß gemessen. Richtig ist, dass der Zuckeranteil in Getränken als auch deren Konsum in Mexiko zurückgegangen ist, seitdem es eine entsprechende Sondersteuer gibt. Aber es gibt keinen Nachweis dafür, dass es auch nur einen Fall weniger von Diabetes, Schlaganfall oder auch nur eine Gewichtsreduktion gegeben hat, die darauf zurückzuführen wäre.

Hinzu kommt ein gewichtiges Risiko, das einem Blindversuch mit Bürgern als Versuchskaninchen gleicht: In England wurde der in Softdrinks entfernte Zucker durch Süßstoffe ersetzt. Doch diese Zuckersurrogate korrelieren in nahezu allen Beobachtungsstudien mit einem erhöhten Risiko für Adipositas - und sie werden bekanntermaßen als "Hungeranheizer" in der Schweinemast eingesetzt.

Macht die Zuckersteuer limotrinkende Briten nun etwa fetter? Schwappt eine Welle Schweppes-Schwabbel auf das vereinigte Königreich zu? Erst der Brexit, dann der Slexit (slim-exit)?

Steuer auf Trauben und Zucker-im-Kaffee?

Man muss eindringlich davor warnen, dass Nahrungsmittel oder gar einzelne Inhaltsstoffe aus nicht belegbarer missionarischer Überzeugung dem derzeit omnipräsenten Gesundheitswahn geopfert werden. Vor zehn Jahren galten Fett und Cholesterin als die bösen Nahrungsmittelbestandteile schlechthin und heute - sind sie rehabilitiert. Was, wenn wir gerade nur der nächsten Ernährungshysterie aufsitzen? Soll auch direkt gepresster Orangensaft zwangsbesteuert teurer werden, weil er mehr Kalorien als Fanta enthält und dazu noch viel Fruchtzucker (Fruktose), der noch "ungesünder" sei als Haushaltszucker? Oder brauchen wir Steuern auf frische Trauben, die fast 50 Prozent mehr Zucker enthalten als Cola?

Besonders kurios wird es, wenn man das absolute Lieblingsgetränk der Deutschen zum "kulinarischen Steuerschafott" schleift: Ein Drittel der Deutschen Kaffeetrinker süßen ihren täglichen halben Liter mit Zucker - gelten nun auch diese Tassen als Süßgetränk und müssen "pro Löffel" besteuert werden? Warum nicht gleich eine Steuer auf alle Lebensmittel mit mehr als 300 Kcal pro Portion, denn letztlich macht der langfristig überbordende Kalorienexzess fett, egal womit man sich mästet. Selbst des Säuglings liebster "Softdrink" Muttermilch ist voller Zucker und schmeckt süß!

Wo also fängt man an, wo hört man auf mit der hochkalorischen Steuereintreibung? Am besten: Nirgends. Denn es ist nicht mehr als die reine Willkür ganz im Sinne der Myriaden aktueller Besser-Esser-Hypes: "frei von" wissenschaftlicher Kausalevidenz dafür voll von Fakenews. Der Anteil wirklich bedenklich schwerer Kinder und Jugendlicher ist sehr niedrig und in der Gesellschaft absolut ungleich verteilt, sodass ein "Gießkannen-Selbstzweck" Zuckersteuer dem berühmten "Mit der Schrotflinte auf Spatzen schießen" gleicht. Mehr evidenzbasierte und wissenschaftlich-objektive Aufklärung über Ernährung schadet sicherlich nicht - vor allem wenn sie sich ganz gezielt an den wirklich betroffenen Zielgruppen orientiert. Mehr postfaktische Bevormundungsfantasien ohne Sinn und Relevanz hingegen braucht niemand. Zuckersteuer? Du kommst hier nicht rein!

Insofern ist es begrüßenswert, dass sich "Vater Staat" hier nicht einmischen wird, denn gemäß jüngsten Infos von November 2018 aus Kreisen der Bundesregierung zufolge ist derzeit keine Zuckersteuer geplant. Lobenswertes Standing, deutsche Politiker!

Uwe Knop (Jg. 1972) ist Diplom-Ökotrophologe und Buchautor (z.B. "Kind, iss was..." / "intuitiv essen" / "Gute Carbs"). Seit mehr als 10 Jahren bildet die objektive, ideologiefreie und kritische Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner Arbeit. Darauf basierend engagiert sich der Ernährungswissenschaftler für die öffentliche Aufklärung rund um alle Mythen zur gesunden Ernährung und Lügen der Besser-Esser-Diaspora. Ein essenzielles Anliegen ist ihm dabei sowohl die Vermittlung der massiven Aussageschwäche und systemimmanenten Limitierungen der Ernährungsforschung, die nur Korrelationen, aber keine Kausalitäten liefert, als auch die Offenlegung der Mechanismen ernährungslobbyistischer Verbrauchermanipulation. Sein Ziel ist der mündige Essbürger mit eigener Meinung, der sich nicht länger von den frei erfundenen Gesundmärchen der Ernährungsapostel (ver)leiten lässt, sondern bei der wichtigsten Hauptsache der Welt, dem genussvollen Essen zur Lebenserhaltung, wieder intuitiv auf sich selbst und seine Körpergefühle Hunger, Lust, Sattheit und Verträglichkeit vertraut. Knops Credo lautet, kulinarisch frei adaptiert nach dem Philosophen Paul Watzlawick: Es gibt so viele gesunde Ernährungen wie es Menschen gibt, denn: Jeder Mensch is(s)t anders.

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