Parteitag der AfD: "Mir all sin Kölle"

Bild: Polizei NRW/Köln, Twitter

Köln: Der bunte Tanz der AfD-Gegner draußen und im Tagungssaal Richtungskämpfe der Partei-Chefs Petry und Meuthen

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Köln ist an diesem Wochenende die Buntes-Theater-Hauptstadt: "Der Heumarkt verwandelt sich in eine einzige kunterbunte Protestmasse. Überall Ballons und bunte Fahnen, Pappnasen und Kostüme. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft tanzt mit Kölns SPD-Chef Jochen Ott vor der Bühne", so die Momentaufnahme des Livetickers des Kölner Stadtanzeigers um 13 Uhr.

Der dramaturgische Spannungsbogen des postkarnevalistischen Wochenend-Events wird zehn Minuten später vom Polizeisprecher Frank Scheulen beschrieben: "Bislang ist es ruhiger als erwartet. Wir wissen noch nicht, wie viele potentielle Gewalttäter in der Stadt sind. Wir richten uns auf einen Einsatz bis Sonntagnacht ein."

50.000 Demonstranten und 4.000 Polizisten

Die AfD hat etwa 600 Delegierte zum Parteitag ins Maritim-Hotel gerufen und 50.000 Demonstranten wollen kommen. Die Polizei ist laut Medienberichten mit c.a. 4.000 Personen vertreten, denen für die Wochenendgestaltung sicher besseres einfallen würde, als sich schon am Morgen sogenannte Laufspiele mit Mitgliedern des Schwarzen Blocks zu liefern. Die Polizei soll bereits hart durchgegriffen haben, meldet der WDR.

Sämtliche Reporter des Kölner Stadtanzeigers sind unterwegs. Im Rhein wird gegen den Parteitag angerudert, "still und friedlich". Die Namen der Gegendemonstrationen und Veranstaltungen rund herum verkünden ein erhöhtes Level an Aktionsbereitschaft: "Köln stellt sich quer", "Köln gegen Rechts", "Tanz die AfD", "Solidarität statt Hetze - Der AfD die Show stehlen", "Der AfD im Weg stehen", "AfD im Zaun halten" …

Eine Frauenkette in bunt soll um das Maritim-Hotel gebildet werden, informiert der Focus, dessen Ticker eine "angespannte Lage" verheißt, aber auch von rheinischer Fröhlichkeit berichtet. "Mir all sin Kölle" - das Festkomitee des Kölner Karnevals will nicht draußen stehen, wenn es doch gilt Toleranz und Vielfalt in Köln deutlich zu machen.

So richtig tolerant zeigten sich die Gegner der AfD aber nicht. Laut Medienberichten gab es einige Versuche, Delegierte vom Besuch ihres Parteitags abzuhalten. Aus solchen Grenzüberschreitungen ließe sich leicht politisches Kapital für die AfD schlagen und damit das Gegenteil dessen bewirken, was die Anti-AfD-Protestveranstaltungen doch eigentlich erzielen wollen.

Parteitag: Schlappen für Frauke Petry

Große Teile des Bundesparteitages applaudierten Parteichefin Frauke Petry vor und nach ihrer Begrüßungsrede. Sah es in jenen Minuten noch so aus, dass man ihr ihre Alleingänge (Petry sammelt ihre Truppen, Petry will keine Spitzenkandidatin (mehr) werden) nicht allzu übel genommen hat, musste sie dennoch einige Schlappen einstecken.

So lehnten die Delegierten es ab, den Antrag auf die Tagesordnung zu setzen, ihren "Zukunftsantrag" zwecks strategischer Ausrichtung der Partei noch zu diskutieren und abzustimmen. Indirekt, könnte man interpretieren, wurde der "Zukunftsantrag" somit erst einmal abgelehnt.

Ihr Co-Chef Jörg Meuthen erntete später bei seiner kämpferischen Rede weitaus mehr Applaus und Standing Ovations als Petry. Ohne sie beim Namen zu nennen, düpierte er sie und sägte, sinnbildlich gesprochen, an den Stuhlbeinen seiner Parteifreundin. Meuthen lehnte eine Debatte über einen realpolitischen und fundamental oppositionellen Flügel ab.

Solche Debatten würden nicht weiter helfen. Entgegen der Aussage in Petrys Zukunftsantrag erklärte er, dass man keine Koalition "mit diesen Figuren" und "Gestalten" aus den anderen Parteien eingehen wolle, die die AfD "nicht mehr ertragen" könne.

Petry ging kurz darauf mit einem außerordentlichen Pressestatement an die Öffentlichkeit, manch einer deutete das als Rücktritt auf Raten. Sie behalte sich vor, sagte die 41-Jährige, die Entwicklung der Partei künftig mehr beobachten und zugleich "Zurückhaltung" üben zu wollen. Die Ablehnung gegenüber ihren Anträgen und die Ausbleibende strategische Debatte halte sie für einen "Fehler" und "folgenschwere Entscheidung". (Mitarbeit: Michael Klarmann)