Partizipative Demokratie: Alle Macht den Räten?!
Seite 2: Partizipative Demokratie in der Wirtschaft
- Partizipative Demokratie: Alle Macht den Räten?!
- Partizipative Demokratie in der Wirtschaft
- Kann die Utopie zur Realität werden?
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Was die ökonomische Seite betrifft, so besteht kein Privateigentum an Produktionsmitteln, am Boden, Immobilien und den Bodenschätzen, sondern gesellschaftliches Eigentum.
Wie schafft man es in der Zukunft, dass einerseits die Güter effizient produziert und gerecht verteilt und andrerseits die Bedürfnisse jedes einzelnen befriedigt werden können?
Schauen wir uns deshalb die Vorlaufzeit eines Produktionsjahres, d. h. die Planungszeit etwas genauer an. Im ersten Vierteljahr können alle Verbraucher Vorschläge für neue Produkte über das Netz an die einzelnen Betriebe eingeben, die bis Ende Mai von ihnen auf ihre Umsetzbarkeit überprüft werden. Im Juni und Juli werden zur allgemeinen Information ihre neuen Ideen von den Produzenten in das Netz gestellt.
Im August erfolgt dann die Gesamtpräsentation mit den bisherigen und neuen Produkten und der Anmeldung des Gesamtbedarfs durch die Konsumentenseite.
Als Orientierungshilfe haben die Verbraucher am Anfang des Jahres eine Übersicht über ihre bezogenen Güter des letzten Jahres von der regionalen Verrechnungsstelle erhalten. Güter, die über mehrere Jahre verteilt genutzt werden, wie Kleider und Haushaltsgegenstände, werden anteilig berechnet.
Ebenso können neben den Einzelkonsumenten auch Gemeinschaftskonsumenten wie Hausgemeinschaften, Kommunen, Schulen, Vereine usw. nach Zustimmung des zuständigen Rates ihren Bedarf anmelden.
Aufgrund der Bedarfsmeldungen der Verbraucherseite sowie der ständigen internen Bestandsermittlung stellen die Produzenten der Konsumgüter selbst lang- oder kurzfristige Anforderungslisten an die Betriebe der Produktionsmittelbereiche wie Maschinen und Vorprodukte auf.
Alle ermittelten Bedarfsanmeldungen werden zum Jahresende in einem Volkswirtschaftsplan für das nächste Jahr zusammengefasst. Im neuen Produktionsjahr wird die Planerfüllung von den zuständigen Räten laufend überwacht und ggf. korrigiert.
Wie der Plan entsteht
Jedes Mitglied der Gesellschaft ist zwar aufgefordert, sich an den Bedarfsmeldungen zu beteiligen, muss es aber nicht. Dann wird er oder sie mit den Durchschnittswerten erfasst.
Alle Produkte werden nach den in ihnen verausgabten Arbeitszeit bewertet und in Anteilen ausgedrückt. Da die Naturschätze der Gesellschaft gehören, muss für sie nichts bezahlt werden. Erst die Arbeit ab der Förderung der Ressourcen geht in den Wert der Produkte ein.
Allerdings können die Nationalräte für bestimmte Güter, da nur in begrenzter Anzahl vorhanden, gesellschaftliche Werte festsetzen. Export und Import von Gütern werden ebenfalls nach Arbeitsaufwand über eine internationale Verrechnungsstelle wertmäßig ausgeglichen.
Nicht mehr die Erzielung von Gewinn ist der Zweck der Betriebe, sondern die Bedürfnisbefriedigung jedes/r Einzelnen mit qualitativ hochwertigen, langlebigen und ggf. recyclebaren Gütern. Da im Einklang mit der Natur nur notwendige Güter hergestellt werden, kann die Arbeitszeit geschätzt auf die Hälfte der heutigen Arbeitszeit verkürzt werden.
Zum Ausgleich von Bedarfsschwankungen, für Notzeiten und Katastrophenfälle werden zehn Prozent der Güter auf Lager produziert, die laufend verbraucht und ergänzt werden.
Jeder und jede hat die gleiche Anspruchssumme an Anteilen für die zu erwerbenden Güter zur Verfügung. Die Gesamtsumme ist in verschiedene Konsumbereiche unterteilt wie Lebensmittel, Kleidung, Kultur usw. Die Anteilsumme kann nach Belieben bis zur Höchstgrenze ausgeschöpft werden oder nicht. Jedoch kann er oder sie nicht einen Bereich gegenüber dem anderen bevorzugen, d. h. man kann z. B. nicht auf Bildung verzichten und dafür mehr Kleidung beziehen.
Zum Menschsein gehören neben der Befriedigung der Grundbedürfnisse auch die der Kultur. Die Anteile gelten nur für ein Jahr, bei Nichtgebrauch verfallen sie. Sie können daher nicht über Jahre angespart werden.
Zu den gleichen Anteilen in der Zukunft muss beachtet werden, dass die Arbeitsausführung durch die Erweiterung von bisher hochwertigen Tätigkeiten mit einfacheren Arbeiten und umgekehrt einfachere durch hochwertigere Tätigkeiten angeglichen wird. Außerdem wird nur noch gesellschaftlich notwendige Arbeit verrichtet, etwa entfällt das heutige gesamte Finanzwesen.
Wie sich das neue System vom Sozialismus unterscheidet
Die scheinbar aufwändige Anmeldung der Bedarfe von Konsumenten und Produzenten und deren Zusammenfassung in einem Volkswirtschaftsplan hört sich sehr bürokratisch an und erinnert an unselige realsozialistische Zeiten.
Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass nicht eine Parteibürokratie, sondern das Volk und ihre Räte den Produktionsumfang und -ablauf bestimmen. Und in einem Volk von ca. 50 Millionen müssen die Einzelinteressen und die der Gesamtheit sowie die Produktionsbedingungen und die Ökologie in einem feingliedrigen Abstimmungsprozess zum Ausgleich gebracht werden.
Der bürokratische Aufwand kann mit der Zeit immer mehr zurückgefahren werden, denn für die Planvorgaben verfügt man von Jahr zu Jahr über mehr Erfahrung und Planungssicherheit. Zudem gilt, je höher die Verantwortungsbereitschaft der einzelnen Mitglieder für das Ganze ist, umso weniger Regeln werden benötigt.
Dass eine weiterentwickelte Digitalisierung ihren hohen Anteil an der Datenverarbeitung hat, liegt auf der Hand. Diese kann jedoch nicht den gesellschaftlichen Diskussions- und Entscheidungsprozess ersetzen, den müssen die Menschen selbst gestalten.
Wissenschaftliche Beiräte stehen dem Volk zur Seite
Auf einen wichtigen Bestandteil der partizipativen Demokratie soll noch hingewiesen werden, und zwar auf die wissenschaftlichen Beiräte. Diese haben die Aufgabe, die sich nicht vertretende Natur auf allen gesellschaftlichen Ebenen, u. a. auf jeder Ratsebene zu repräsentieren.
Sie haben das Recht, Ratsentscheidungen mit ihrem Veto zu blockieren. Die Mitglieder der wissenschaftlichen Beiräte, die von den wissenschaftlichen Einrichtungen in einem Losverfahren ausgewählt werden, sind nicht in das Rätesystem eingebunden. Sie sind daher völlig unabhängig und nur der Umwelt verpflichtet.
Die zwei wesentlichen Bestandteile der künftigen Gesellschaft wirken sich auf das Zusammenleben ihrer Menschen aus. Zunächst ist für alle die gleiche Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen gewährleistet. Dies und die Basisdemokratie tragen zur Kooperation im Arbeitsleben, zum sozialen Miteinander im Allgemeinen und zur Solidarität im Besonderen bei. Und doch hat jede und jeder aufgrund ihrer/seiner materiellen Sicherheit die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen.
Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Gesellschaftsglieder sich ihrer Verantwortung gegenüber den Nächsten, der Gesellschaft und der Umwelt bewusst sind und danach handeln.
Mit diesen Ausführungen soll verdeutlicht werden, dass das Tina (There is no alternative)-Prinzip überholt ist. Es gibt zu unserer heutigen kapitalistischen Gesellschaftsordnung zumindest theoretisch Gegenentwürfe.
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