Peepshow für die Nanowelt

Mit Hilfe einer Superlinse beobachten Forscher winzige Strukturen optisch, die sich unter einem Lichtmikroskop nicht mehr auflösen lassen

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Ein Lichtmikroskop ist ein nützliches Beobachtungswerkzeug, solange der Gegenstand der Betrachtung nicht allzu sehr schrumpft. Dann macht sich leider die Wellennatur des Lichts bemerkbar – Objekte, die kleiner sind als die halbe Wellenlänge des zur Beobachtung genutzten Lichts, lassen sich mit einem derartigen Mikroskop nicht mehr auflösen.

Die Wissenschaft hat sich dieses Dilemmas längst angenommen und etwa Rasterelektronenmikroskop oder Rasterkraftmikroskop erfunden, die auch der atomaren Struktur der Materie auf den Grund gehen können. Allerdings hat jedes dieser Verfahren auch (wieder abhängig vom Gegenstand der Begierde) seine Nachteile. Auch optisch kann man mittlerweile kleinste Strukturen abtasten – mit einem Verfahren, das sich optische Nahfeld-Mikroskopie nennt.

Schema des Experimentalaufbaus (Bild: Max-Planck-Institut für Biochemie)

Dabei nutzt man das so genannte optische Nahfeld. Der Begriff umschreibt die Tatsache, dass bei Abständen sehr deutlich unter der Wellenlänge des Lichts die klassischen Beugungsgesetze nicht mehr gelten. Praktisch setzt man diese Erkenntnis um, indem man eine winzige Sonde als Lichtquelle Punkt für Punkt über das abzubildende Objekt führt (es handelt sich also um ein Rasterverfahren). Die Auflösung wird dabei im Wesentlichen von der Geometrie der Sonde begrenzt.

Die kurze Beschreibung lässt schon erkennen, dass auch dieses Verfahren einen Nachteil hat – es bildet nur die Oberfläche des Objekts ab. Forscher des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried und der University of Texas in Austin (USA) stellen nun in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science ein Verfahren vor, im Nanobereich unter die Oberfläche vorzudringen (doi: 10.1126/science.1131025). Dabei setzt das Team um Thomas Taubner auf eine Superlinse – eine Linse, die aus Material mit negativem Brechungsindex besteht.

Dass es überhaupt Materialen mit derartigen Eigenschaften gäbe, hat der Physiklehrer in der Schule noch verneint – immerhin hatte er insoweit Recht, dass in der Natur normalerweise kein negativer Brechungsindex zu finden ist. Doch es gibt ja clevere Wissenschaftler, die so genannte Meta-Materialien konstruieren. Daraus aufgebaute Linsen haben den Vorteil, dass sie auch das optische Nahfeld fokussieren können.

Dass das auch praktisch funktioniert, hat das Forscherteam um Taubner nun beweisen können: Die Wissenschaftler nutzten eine Superlinse, die aus einer in zwei Siliziumdioxid-Scheiben eingeschlossenen, 440 Nanometer dicken einkristallinen Siliziumcarbid-Membran bestand. Als Superlinse wirkt diese Material im mittleren Infrarot-Bereich bei Wellenlängen um 11 Mikrometer (11000 Nanometer). Damit gelang es ihnen, 880 Nanometer entfernte Objekte aufzulösen, die nicht größer als ein Zwanzigstel der Wellenlänge des verwendeten Lichts waren.

Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme des Objekts (A), optisch mit Superlinse erzeugtes Bild desselben (B) und Kontrollbild (C) mit Licht anderer Wellenlänge (Bild: Max-Planck-Institut für Biochemie)

Aus den Ergebnissen eines anderen Experiments berechneten die Forscher, dass die Superlinse die Auflösung des Systems um den Faktor 4 verbessern konnte. Die Wissenschaftler hoffen nun, das Verfahren – auch mit andersartigen Superlinsen – in Zukunft derart verbessern zu können, dass sich auch Strukturen optisch beobachten lassen, die anderen Methoden nicht zugänglich sind.