Pentagon informiert mit Bildern über die Bagdadi-Operation

Gebäudekomplex, in dem sich al-Bagdadi aufgehalten hat, vor der Zerstörung. Bild: DoD

Vieles bleibt im Dunklen, zum Held wird der Militärhund, die Operation soll demonstrieren, dass das US-Militär überall zuschlagen kann

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Gestern gab das Pentagon einen Einblick in die Operation, die in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober zum Tod des IS-Führers stattgefunden hat und am 25. Oktober beschlossen worden sei. Vieles bleibt weiterhin im Dunklen. So hieß es, dass die Hubschrauber und Kampfhubschrauber mit dem Spezialkommando aus dem autonomen Kurdengebiet im Irak nach Idlib geflogen und ebenfalls so wieder zurückgekommen seien, also auch von syrischen und russischen Luftabwehrsystemen kontrolliertes Gebiet überflogen haben. Jetzt war die Rede von einem Startpunkt in Syrien, der nur eine Flugstunde vom Einsatzort entfernt sei.

General Kenneth Frank McKenzie, Chef des US-amerikanischen Zentralkommandos, sprach davon, dass zusätzlich neben mehreren Kampfdrohnen auch Kampfflugzeuge der 4. und 5. Generation zum Schutz anwesend waren. Woher diese kamen, etwa vom US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik, wurde nicht gesagt. Nach dem General waren die Türkei und Russland vorab von dem Vorhaben informiert gewesen. Zunächst hatte das russische Verteidigungsministerium behauptet, es habe keine amerikanischen Flugbewegungen gegeben und man sei auch nicht gefragt worden, dann aber doch eingeräumt, dass um die Zeit amerikanische Flugzeuge unterwegs gewesen seien, was die Frage entstehen lässt, ob die US-Streitkräfte die Radar- und Luftabwehrsysteme austricksen konnten oder es eben doch eine Duldung/Erlaubnis gab, was Russland aber nicht einräumen will.

McKenzie sprach davon, dass man bemüht gewesen sei, dass der IS "und andere" die Operation nicht bemerken, die ausschließlich von den USA durchgeführt wurde. Von den SDF seien nur frühe Informationen wichtig gewesen. Die Operation sei auch nicht wegen der türkischen Invasion verzögert worden, sondern habe wie geplant zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Dass man von einem Stützpunkt in Syrien die Operation gestartet hat, münzte McKenzie zum Beweis dafür um, dass es zwar vielleicht einfacher gewesen wäre, andere Stützpunkte zu verwenden, "aber das US-Militär hat die Fähigkeit, fast überall hin zu gelangen und uns selbst auch über große Entfernungen zu unterstützen".

Wichtig sei auch gewesen, Zivilisten zu schützen. Man sei davon ausgegangen, dass sich Kinder und Zivilisten in dem Gebäudekomplex aufhalten, und wollte "unschuldige Opfer minimieren". Nicht näher ausgeführt wird, warum das US-Militär davon ausging, dass der hohe Druck auf den IS dazu geführt haben soll, dass Bagdadi sich in Idlib aufhielt. Könnte das heißen, dass die Türkei eben den IS schützt oder duldet, nachdem sie auch den HTS in Idlib geschützt hat und dschihadistische Kämpfer in die Milizen aufnimmt? Nach McKenzie soll Bagdadi hier schon längere Zeit gelebt haben.

US-Soldaten beim Umstellen des Gebäudes. Bild: DoD

Bei der Landung seien die Hubschrauber an zwei Stellen in der Nähe des Gebäudekomplexes beschossen worden. Man gehe davon aus, dass es sich nicht um IS-Mitglieder handelte. Sie hätten, so mutmaßt McKenzie vielleicht auch aus taktischen Gründen, gar nicht gewusst, dass hier Bagdadi haust, sondern vermuteten nur einen türkischen, russischen oder amerikanischen Angriff. Keine Vermutungen wurden angestellt, wer das gewesen sein könnte, lapidar wird ein Video vorgeführt, wie eine Gruppe von Menschen von einem Kampfhubschrauber aus buchstäblich ausgemerzt wird.

Die US-Soldaten hätten dann den Gebäudekomplex umstellt und alls wiederholt aufgefordert, herauszukommen. Es seien Personen, darunter 11 Kinder, herausgekommen, die nach Waffen und Sprengstoff untersucht und dann weggebracht worden. Zivilisten seien dann freigelassen worden, zwei Männer wurden festgenommen und abtransportiert, über die McKenzie auch nichts Näheres sagen wollte. Auch Dokumente und elektronisches Material sei gefunden und mitgenommen worden. Ob es in dem Haus einen Internetzugang gab bzw. ob Bagdadi das Internet genutzt oder er es wie Bin Laden vermieden hatte, wollte oder konnte der General nichts sagen.

Ganz wichtig scheint es dem US-Militär zu sein, dass das Gebäude mit allen Inhalten vollständig dem Erdboden gleichgemacht wurde. Bild: DoD

Vier Frauen und ein Mann wollten sich nicht ergeben und bedrohten die Soldaten, die sie erschossen. Daraufhin wurde der Tunnel durch Hunde und andere nicht näher beschriebene Techniken entdeckt, in den sich al-Bagdadi mit zwei Kindern zurückgezogen hatte und sich dann mit diesen in die Luft sprengte. Wahrscheinlich hatte er zuvor noch aus dem Tunnel geschossen. Von feige und wimmernd ist hier nicht die Rede, wie Donald Trump die letzten Minuten Bagdadis schilderte.

Man habe dann den eingestürzten Tunnel geöffnet und das, was von Bagdadi übrigblieb für eine DNA-Analyse gesichert, die auf dem Stützpunkt in Syrien durchgeführt wurde. Als Vergleich habe man DNA-Proben aus dem Jahr 2004 verwendet, als Bagdadi im Irak kurzzeitig von den Amerikanern inhaftiert worden war. Die Übereinstimmung sei mit einer Genauigkeit von 1 zu 104 Septillionen jenseits jeden Zweifels. Nach dem Abzug des Sonderkommandos wurde der Gebäudekomplex mit "Präzisionsbomben" zerstört.

Der als Held der Operation herausgestellte Militärhund. Bild: DoD

Wie schon Donald Trump stellte auch McKenzie die Leistung des Militärhundes aus dem SOCOM K-9-Programm heraus und zeigte ein Bild von ihm. Er soll durch Elektrokabel leicht verletzt worden, aber schon wieder im Einsatz sein. Die Einsatz von Hunden, die im Islam mitunter als unrein gelten, gegen die Bösen erinnert allerdings an die Misshandlungen und Demütigungen in Abu Ghraib.

Während McKenzie den Hund herausstellte, war von dem Roboter, den Donald Trump mehrmals erwähnt hatte, keine Rede. Trump hatte die Operation so geschildert, als wäre er dabei gewesen: "We actually had a robot to go in the tunnel but we didn’t get it because we were tracking (Baghadi) very closely. But we had a robot just in case because we were afraid he had a suicide vest on and if you get close to him and he blows it up, you’re going to die.”

Das soll die Mission wohl sympathischer machen, die vom General natürlich über alle Maßen gelobt wurde und zeigen soll, dass die USA überall zuschlagen können:

Die Operation war ausgezeichnet geplant und ausgeführt worden. Sie zeigt die globale Reichweite der USA und unser unerschütterliches Engagement, den IS zu zerstören, seine Führer zur Rechenschaft zu ziehen und Amerika und andere vor Menschen wie Bagdadi zu schützen. Die Mission war ein schwieriger, komplexer und präziser Angriff, der mit dem höchsten Grad an Professionalität und in der besten Tradition des US-Militärs durchgeführt wurde.

General McKenzie