Pentagon setzt auf Online-Nachrichten
Die vom Pentagon finanzierten Nachrichten-Websites sollen die Menschen beeinflussen und die gegnerische Propaganda bekämpfen - natürlich nur durch die reine Wahrheit
Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit kommt die Nachricht gerade recht, dass das Pentagon es offenbar nicht lassen kann, den Kampf mit den Waffen auch mit dem Kampf mit den Worten und Bildern zu verbinden. Schon lange sieht sich das Pentagon, trotz aller Erfahrungen aus dem Kalten Krieg, mit der immerhin mit Abstand teuersten und mächtigsten Armee der Welt im neuen Medienkrieg hinten dran. Das hatte der ehemalige Verteidigungsminister Rumsfeld immer mal wieder als Grund für mangelnde Erfolge hervorgekehrt und auch immer einmal wieder Gegenmaßnahmen zur Rückgewinnung der Informationshoheit gestartet, in dem Medien beeinflusst und gegründet wurden oder überhaupt die Weltöffentlichkeit durch geschickte strategische Information manipuliert werden sollte (Die Drei-Sterne-Verstärker des Pentagon). Die Nato wollte da schließlich auch nicht zurückstehen (Die Medienstrategie der Nato).
Während der Kampf mit den Waffen und der militärischen Präsenz Territorien einnehmen und sichern soll, indem der Tod exekutiert oder angedroht wird, sollen die "Informationsoperationen" die Köpfe der Menschen erobern und nach den eigenen Interessen ausrichten. Würde man die Informationshoheit erlangen, hätte dies auch den Vorteil, dass die Durchsetzung der Ziele ohne direkte militärische Mittel sauberer und vor allem billiger käme. Obgleich das Pentagon nun schon einige Jahre Erfahrung mit solchen Projekten gesammelt hat, dass die Beeinflussung der Köpfe ebensolche Probleme mit sich bringt wie die Eroberung des Territoriums, scheint man dies immer wieder neu zu versuchen. Vermutlich auch deswegen, weil dies im Vergleich zu den militärischen Ausgaben ziemlich billig kommt. Wenn monatlich Milliarden alleine in die Truppenpräsenz in Afghanistan und im Irak fließen, sind ein paar Dutzend Millionen für Zeitungen oder Webportale, neben Sendern wie Radio Sawa oder Al Hurra Peanuts.
Wie USA Today berichtet, hat das Pentagon letztes Jahr begonnen, einige auf bestimmte Regionen zugeschnittene Websites in verschiedenen Sprachen zu starten, die vorgeben, Nachrichtenseiten zu sein. Neben der irakischen Website Mawtani (Mein Heimatland) gibt es noch die schon seit 2002 existierende Southeast European Times auf Englisch, Serbokroatisch, Griechisch, Türkisch etc. und Magharebia für Tunesien, Algerien, Marokko und Mauretanien auf Arabisch, Französisch und Englisch. Geplant sind ähnliche Websites für Lateinamerika und für Asien.
Die meisten der Artikel werden eigens für die Nachrichtenseiten von lokalen Journalisten geschrieben. Man darf vermuten, dass hier wenig Kritisches über das Pentagon oder die USA zu lesen sein wird. Auffällig ist neben der fehlenden Werbung auch, dass Kommentare nicht vorgesehen sind, die Leser können nur die Artikel bewerten. Die Themen reichen von Politik über Wirtschaft, Sport, Wissenschaft und Technik bis hin zur Kultur und Zivilgesellschaft. Zudem erscheinen die Seiten, ungewöhnlich für Online-Medien, nur sechs Tage in der Woche. Am Sonntag kehrt im Pentagon Ruhe im Medienkrieg ein.
Kontrolliert werden die Online-Nachrichten vom jeweils zuständigen Kommando, die Southeast European Times also vom US European Command. Wer nur flüchtig draufschaut, wird nicht gleich entdecken, wer hinter den Nachrichtenseiten steckt. Allerdings wird nicht wirkliche Unabhängigkeit vorgetäuscht, denn in "About us" findet man die Geldgeber, die allerdings versichern, nur "zutreffende, ausgewogene und vorwärtsblickende Berichterstattung" über die jeweilige Region zu machen. Unterschiedslos heißt es auch in allen drei Ausgaben, dass die US-Truppen in der Region für "Stabilität, Kooperation und Wohlstand" sorgen.
Vizeverteidigungsminister Gordon England erklärte in einem Memo im Sommer 2007 an die regionalen Kommandos, das USA Today vorliegt, dass die Entwicklung solcher Nachrichten-Websites ein "wichtiger Bestandteil ihrer Verantwortung" sei, "um die Sicherheitsumgebung in ihren jeweiligen Bereichen zu formen". Auch hier wurde betont, dass die Inhalte wahr sein müssen.
Andere Pentagon-Mitarbeiter machen deutlich, dass man damit die Informationen der Gegner entkräften oder ihnen etwas entgegenstellen will. Es sei keine Propaganda, sondern eine "Bekämpfung extremistischer Propaganda durch Wahrheit": Wie genau die Artikel aber sein werden, wenn es um militärische oder außenpolitische Belange geht, mag man schon daran sehen, dass diese zwar von bezahlten Journalisten geschrieben, aber von Pentagon-Mitarbeitern vor Veröffentlichung noch einmal kontrolliert werden. Der Zweck von Mawtani sei es, liest man dort, "den Gang zu größerer regionalen Stabilität durch bilaterale und multilaterale Kooperationen und Schritte der Regierung hin zur Stabilität hervorzuheben und herauszustreichen".
In der Ausschreibung vom Januar 2008 heißt es, es sollen mindestens sechs solcher Websites eingerichtet werden, "um Leser im Ausland durch Operationen, die von der Regierung erlaubt wurden (CONOPs), konzeptuelle Ansätze und zuvor gebilligte Prototypen zu beeinflussen". Die Absicht, jemanden zu beeinflussen, ist aber wohl etwas anderes, als wahrheitsgemäß berichten.