"Perfect Dictatorship"

Seite 2: Boykott – mit Auswirkungen?

Amerikaner, Briten und Kanadier boykottieren offen die Olympischen Spiele in Peking. Wladimir Putin fährt demonstrativ hin. Europa fehlt es an Haltung. Dafür nicht an Handelsbeziehungen.

Dennoch erfüllen die Boykotte wichtige symbolische Funktionen, haben Folgen für die sportlichen Wettbewerbe, führen zu ökonomischen Kosten und tragen zur nationalen und internationalen Aufmerksamkeit für bestimmte Themen bei, sagen nicht nur die strikten Befürworter von Boykottmaßnahmen.

Zumindest trügen die Diskussionen dazu bei, national und international den Fokus auf chinesische Menschenrechtsverletzungen aufrechtzuerhalten.

Ob ein politischer Boykott Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Spiele durch die chinesische Bevölkerung selbst hat, bleibt allerdings zweifelhaft. Ein Großteil der Bevölkerung dürfte sich von der inszenierten Begeisterungswelle der vergangenen Wochen und Monate angesteckt haben.

Und was die Außenwirkung betrifft, so zeigt der Blick in die Historie: Selbst beim sportlichen Boykott der Spiele in Moskau 1980 durch über 60 Staaten im Kontext des Kalten Krieges gelang es nicht zu verhindern, dass das Regime die Spiele als Propagandamittel nutzte.

"Kontrollokratie"

Stein Ringen, ein Politikwissenschaftler, der in seinem Buch "Die perfekte Diktatur" (The Perfect Dictatorship: China in the 21st Century, Hong Kong 2016) die dramatische politische Verschärfung im Land der Mitte untersuchte, sagte in einem Interview Anfang 2017, er glaube, dass Chinas Spitzenpolitiker nach einer Periode "stählerner und vorausschauender Analyse" zu dem Schluss gekommen seien, dass sie die Bevölkerung in einer Zeit, da die Ära des Mega-Wirtschaftswachstums vorbei sei, fester in den Griff nehmen müssten.

Es besteht die absolute Entschlossenheit, das Regime aufrechtzuerhalten und weiterzuführen. Das ist die Nummer eins für alles: die Aufrechterhaltung des Regimes.

Stein Ringen

Ringen, ein emeritierter Professor der Universität Oxford, sieht es so, dass Xi sein Land in nur wenigen Jahren in eine "Kontrollokratie" verwandelt habe, in der eine ausgeklügelte Mischung aus harten und weichen Maßnahmen eingesetzt werde, um sicherzustellen, dass die Herrschaft der Partei unangefochten bleibe.

"Es ist so glatt, dass es in mancher Hinsicht nicht einmal diktatorisch aussieht", sagte er. "Die meisten Diktaturen sind sehr ungeschickt, roh und unelegant. Aber diese hier ist es nicht. Sie haben es drauf."1