Pessimismus und Illusionen
Was die Mitgliedstaatenanzahl anlangt, ist heute die EU im zwei Drittel größer geworden. Zwischen dem alten Teil und dem neuen Teil gibt es jedoch gewaltige Einstellungsdifferenzen.
Das Linzer IMAS-Institut hat mit seinen Zweigstellen vor kurzem eine recht breit angelegte - und, wie bei so vielen Dingen, in der Presse völlig untergegangene - Umfrage zu den Erwartungen und Einstellungen der alten und neuen Mitteleuropäer durchgeführt und vorgestellt. Das Ergebnis ist ein Panoptikum zwischen Depression und Verheißung.
Deutsche und Österreicher sehen mehrheitlich nur Nachteile. Die neuen EU-Mitglieder (Polen. Tschechien, Ungarn) mehrheitlich Vorteile. Bereinigt um die Unschlüssigen orten 54 % der Deutschen und 53 % der Österreicher Nachteile, aber 47 % der Polen und 46 % der Ungarn Vorteile, bei den Tschechen sind es weniger, nämlich 39 %, und beinahe ebenso viele (37 %) sehen Nachteile. Und (!) immer sind es rund 20 Prozent, die sagen, es bleibt ohnedies Alles beim Alten (es gibt keine Vorteile, keine Nachteile).
Von der EU erwarten sich 52 % der Deutschen und 57 % der Österreicher nur einen wirtschaftlichen Zusammenschluss, hingegen wollen 62 % der Polen und Tschechen mit dem EU-Beitritt auch eine einheitliche politische Ausrichtung.
Wird es ein Zusammenwachsen geben? Auch hier sagen knapp Zweidrittel der Deutschen und Österreicher: nein. Bei den Tschechen und Ungarn meint das aber die Hälfte - da allerdings sind die Polen ein deutliches Stück skeptischer, sie teilen hier die Meinung der Deutschen und Österreicher.
Die liebsten EU-Partner sind für die Menschen in Deutschland allen voran die Franzoen (64%), gefolgt von den Briten (48%) und Österreichern (47%). Die Österreicher haben hier ganz andere Wertschätzungen. Bei ihnen stehen die Deutschen mit 71% an der Spitze, gefolgt von den Italienern (49%) und den Ungarn (48%). Für die Tschechen und Polen sind es mit rund 70 % die Deutschen, dann kommen nur für die Tschechen die Österreicher (50 %), und danach für beide ziemlich ähnlich gleichauf die Briten und Franzosen (über 40 %).
Man kann gespannt sein, wie sich das weiter entwickeln wird. 1994 zum Beispiel waren zwei Drittel der Österreicher ganz europageil - heute sind rund zwei Drittel ziemlich EU-skeptisch. Die Zeiten ändern sich; manchmal lernen Menschen dazu - oft auch nicht...