Pfandpflicht wird auf Getränke ausgedehnt, die bislang befreit waren
Ausnahmen bei der Pfandregelung werden gestrichen - aber nicht alle
Wer unterwegs Getränke in Mehrwegflaschen einkauft, ärgert sich nicht selten, dass er regional verbreitete Flaschen zuhause nicht zurückgeben kann, aber auch nicht einfach entsorgen darf. Mit dem neuen Verpackungsgesetz sollte sich dieses Ärgernis reduzieren, auch wenn das nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein dürfte.
Die deutsche Bepfandung von Getränkeflaschen scheint inzwischen ein durchaus lukratives Geschäftsmodell zu sein und wird jetzt um weitere Getränkearten erweitert, die bislang von der Pfandpflicht befreit waren. Davon profitieren nicht zuletzt die Flaschensammler, wenn sie die Abfalleimer nach Wertstoffen durchsuchen. Die Zahl der nicht verwertbaren Flaschen und Dosen sollte künftig deutlich zurückgehen. Auch hierbei dürfte es sich um einen Nebennutzen des Gesetzes handeln.
Das am 30. März 2017 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von wertstoffhaltigen Abfällen hat am 12. Mai den Bundesrat passiert und wird nun zur Unterzeichnung an den Bundespräsidenten weitergeleitet. Es soll überwiegend zum 1. Januar 2019 in Kraft treten. Am 10. Februar hatte es im Bundesrat noch zahlreiche Änderungswünsche gegeben. So versuchte man im Bundesrat eine Lösung für das Problem der sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen zu finden.
Stoffgleiche Nichtverpackungen aus Metall und Kunststoff
Das möglicherweise bekannteste Beispiel der stoffgleichen Nichtverpackungen dürften Kleiderbügel aus Kunststoff oder einem Mix von Kunststoff und Metall sein. Wurden diese Kleiderbügel zusammen mit einem Kleidungsstück erworben, zählten sie als Verpackungsmaterial und konnten im Gelben Sack beziehungsweise in der Gelben Tonne dem Recycling zugeführt werden.
Wurde der Kleiderbügel jedoch getrennt erworben, gehört er nicht in die Gelbe Tonne. Vollständig unverständlich für den Endverbraucher ist die Zuordnung, wenn es sich um Kleiderbügel handelt, die man vielfach am Eingang von Bekleidungsgeschäften findet. Die waren ursprünglich Teil der Verpackung und werden dann den Kunden als kostenlose Mitnahmeartikel angeboten.
Für das Thema der stoffgleichen Nichtverpackungen hat man im aktuellen Fortentwicklungsgesetz keine Lösung gefunden, sondern will dies den kommunalen Einrichtung in Verbindung mit der privaten Entsorgungswirtschaft überlassen.
Es wird kompliziert
Künftig unterliegen auch die Verpackungen von Fruchtsaftschorlen und Getränke mit Molkeanteil der Bepfandung. Die Verpackung von Getränken mit einem Molkeanteil von mehr als 50 Prozent ist bisher pfandfrei. Diese Ausnahmeregelung wird von zahlreichen Herstellern von Energydrinks genutzt, deren süße Produkte der Geschmacksrichtung aufgelöste Gummibären um 25 Cent günstiger angeboten werden können, als reines Mineralwasser. Von den ursprünglichen Bestandteilen der Milch waren meist keine Spuren mehr zu finden und die Mineralisierung lag oft unterhalb der Werte von Trink- oder Mineralwasser.
Mit dem neuen Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung hat man jetzt alle Verpackungen von kohlensäurehaltigen Getränken erfasst. Stille Mineralwasser, die in Verpackungen abgefüllt werden, welche auch dem Druck von zugesetztem CO2 standhalten würden, sind jedoch auch dann pfandpflichtig, wenn die Getränke nicht mit CO2 versetzt wurden. Ausgenommen bleiben weiterhin solche Verpackungen, die den Einsatz von CO2 aus technischen Gründen nicht zulassen. Bei den Getränkekartons und Folienbeutel geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass die von der Verpackungsindustrie versprochene Recyclingquote erreicht wird.
Recyclingquote wird erhöht - jedoch in erster Linie bei Produktionsrückständen
Die sogenannten dualen Systeme von Industrie und Handel müssen künftig höhere Recyclingquoten erreichen. So steigt die Quote für Kunststoffverpackungen bis zum Jahre 2022 von heute 36 Prozent auf dann 63 Prozent. Bei Metallen, Papier und Glas wird dann eine Recyclingquote von 90 Prozent gefordert. Beim sogenannten Pre-Consumer-Waste handelt es sich in der Regel um Produktionsrückstände. Sie fallen fertigungsbedingt und meist sortenrein an. Ein Recycling ist daher weniger aufwändig und die Verwertung meist auch rentabel, weil sie Entsorgungskosten spart.
Für das Recycling von Post-Consumer-Waste in Form von Verpackungsmaterialien jenseits der Getränkeindustrie scheint bislang noch keine Lösung sichtbar. Einer Wiederbefüllung, also einer Mehrweglösung, stehen die Marketingideen von Herstellern und Handel entgegen, die eine möglichst eigenständige und leicht wiedererkennbare Verpackung bevorzugen. Man will mit dem neuen Gesetz jetzt ökologische Verpackungen dadurch forcieren, dass damit die Lizenzkosten im dualen System reduziert werden können. Näher spezifiziert, was ökologische Verpackungen sind, wurde im Gesetz nicht.
Bislang landet der Inhalt der Gelben Säcke oftmals als Ersatzbrennstoff in der Müllverbrennung oder in der Zementindustrie. Wird das stoffliche Recycling künftig verstärkt, bleiben dann vorwiegend alte Autoreifen zur energetischen Verwertung.
Mehrweg-Schilder an den Flaschenregalen und drohende Einweg-Steuer
Mit der Regalkennzeichnung will das Bundesumweltministerium die Verbraucher dazu bewegen, verstärkt Mehrweggebinde zu kaufen. Mit der im Gesetz verankerten Mehrwegquote von 70 Prozent will man ebenfalls dafür sorgen, dass der seit Jahren sinkende Mehrweganteil von 45 Prozent wieder erhöht wird. Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht oder nicht, ist derzeit noch offen.
Wenn sich die deutschen Endverbraucher nicht dazu bewegen lassen, mehr Getränke in den deutlich schwereren Mehrweglaschen zu kaufen, steht noch immer die Forderung von Umweltverbänden im Raum, die eine Extra-Steuer auf Einweg-Getränkeverpackungen fordern. Ob diese Aussichten die Verbraucher motivieren, verstärkt zu Mehrwegflaschen zu greifen, oder ob diese lieber ihre Parteipräferenz bei Wahlen ändern, bleibt abzuwarten.
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