Physikalische Unmöglichkeiten im Film

FX - Special Effects - verfälschen unsere Ansichten über die Welt

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Wenn es unter der Motorhaube qualmt: Sofort raus aus dem Wagen und in Deckung, die Karre geht gleich hoch! Und vor den Funken, die Pistolenkugeln schlagen, muss man sich auch in Acht nehmen. Zumindest, wenn man alles glaubt, was man im Kino so zu sehen bekommt.

Effekte sind so alt wie der Film, da realistische Szenen oft nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Also wird das Geklapper der Pferdehufe mit Kokosnusshälften erzeugt, weil das echte Pferd nicht deutlich genug zu hören ist, für einen leichten Regenschauer wird gleich ein ganzer Wasserwerfer installiert und der Pornofilm wird nachträglich synchronverstöhnt, weil der in Wirklichkeit gefallene Satz "nun kommt endlich, ich habe nur noch fünf Meter Film" nicht die gewünschte Erotik aufweist. Ja selbst die größten Kracher werden nachvertont (Bombenstimmung in 3D und Dolby Digital).

Dabei wird jedoch nicht nur leicht überzeichnet, sondern teilweise völlig übertrieben und glatter physikalischer Unsinn gezeigt. Actionfilme, die ein fades Skript durch Remmidemmi am laufenden Band wettmachen wollen, sind hier besonders reichhaltig. So wird ein von einer Pistolenkugel Getroffener zwar durchaus zusammenklappen, jedoch sicher nicht in hohem Schwung über ein Treppengeländer gestoßen, während der Schütze stabil auf dem Fenstersims stehen bliebt: Es gilt "Actio = Reactio" - der Schub der Pistolenkugel beim Einschlag kann nicht höher sein als der Rückstoß bei ihrem Abfeuern. Ebenso erzeugen Pistolenkugeln keine Funken, wenn sie auf Metall stoßen, denn sie sind nicht aus Stahl, sondern aus legiertem Blei und werden beim Aufprall auch nicht so heiß, dass sie aufleuchten. Ein Schalldämpfer wiederum reduziert den Pistolenknall nicht auf ein unauffälliges "Flupp". Ebenso wird die entfernte Bombe natürlich nicht sofort mit der Zündung hörbar, sondern wie beim Gewitter folgt der Donner hier dem Blitz erst mit Verzögerung.

Mehr als 1,8 Sekunden Gemetzel ist nicht drin

Minutenlange Ballereien mit großen Maschinengewehren sind imposant und werden immer gern genommen, sind aber völliger Blödsinn: Eine Mac 10 mit 0,45er-Kaliber verschießt 1000 Kugeln in der Minute, doch das Magazin fasst genau 30 Kugeln und ist nach 1,8 Sekunden leer. Würde der Schauspieler für den Film eine Spezialanfertigung mit einem 3000 Kugeln fassenden Magazin verwenden, um 3 Minuten ohne Nachladen schießen zu können, so würden alleine die Kugeln bereits 45 Kilo wiegen, von den Patronenhülsen ganz zu schweigen - der lässigen Schusspose wäre diese wortwörtlich bleiern schwere Knarre ziemlich abträglich. Außerdem wäre diese schon nach einer Minute rotglühender Schrott, da sie gar nicht auf Dauerlast ohne Kühlpausen ausgelegt ist..

Genauso explodiert Benzin bei Unfällen nicht so leicht, wie uns Filme glauben lassen wollen, in denen ein von der Klippe stürzendes Auto augenblicklich Feuer fängt - in einem Film sogar schon einige Momente vor dem Aufprall! - und nur wenige Sekunden später in einem Feuerball verschwindet. Doch diese Filmbilder im Kopf führen dazu, dass viele Leute sich nicht anschnallen oder Unfallopfer mit Wirbelsäulenverletzungen überhastet aus dem Wagen zerren und dabei eine Querschnittslähmung riskieren.

Der Sprung durchs Fenster: ein sicherer Tod

Umgekehrt ist aber der filmreife Stunt, durch ein normales Fenster zu springen, im richtigen Leben tödlich. Im Film wird deshalb auch Zuckerglas oder Plastik verwendet oder die Scheibe bereits gesprengt, bevor der Stuntman hindurch springt. In "True Lies" sieht man dies, als Arnie auf dem Männerklo fast von einem Terroristen erwischt wird, der dann in einen Laden flüchtet und durch dessen Frontscheibe entkommt: In Zeitlupe ist gut zu erkennen, wie auf der linken Seite in der Mitte der Scheibe eine Sprengladung zündet, bevor der Terrorist tatsächlich durch die Scheibe springt. Und der Sprung aus dem zweiten Stock gelingt auch nur im Film ohne gebrochene Knochen.

Physikalisch überhaupt nicht haltbar sind die beliebten Schrumpf- oder Monstertricks. Sollte es - wie auch immer - möglich sein, eine Person maßstäblich zu vergrößern oder zu verkleinern, ohne die Atomzahl ihres Körpers und damit auch die Masse zu verändern, so wäre die vergrößerte Person im Wortsinne "aufgeblasen" und liefe Gefahr, vom leisesten Lufthauch davon geweht zu werden, während der Zwerg schlichtweg im Boden versinken würde. Würde der Riese dagegen durch irgendwelche Wunder an Atomzahl und Masse gewinnen, so könnten seine Beine das eigene Gewicht nicht mehr tragen - ein Problem, mit dem die Dinosaurier zu kämpfen hatten.

"Liebling, wir haben ein Riesenbaby"

Raumschiffe hört man im Weltall auch nicht vorbeidröhnen oder gar explodieren, da der luftleere Raum keinen Schall übertragen kann. Im Gegensatz zu einem Kampf auf der Erde würden umherfliegende Trümmer auch nicht abgebremst oder irgendwann zu Boden fallen und somit irgendwann auch die Hüllen der angreifenden Schiffe durchschlagen. Ebenso sieht man Laserstrahlen nicht als leuchtende Röhren, außer vielleicht in einer total verqualmten Kneipe und ein Scharfschütze wird sein Opfer auch nicht mit einem roten Laserpunkt auf der Jacke vor dem kommenden Schuss warnen, zumal der so Anvisierte dann den Standort des Scharfschützen erkennen und entsprechend reagieren kann.

Schaut cool aus, hat aber keinerlei physikalische Grundlage: Weder sähe man den Laserstrahl bei Tageslicht, noch würde er gar die Umgebung abdecken (Quelle: Setfoto von Starwars.com)

Manche Filme wie der Klassiker 2001 machen alles richtig - Explosionen im Weltall sind lautlos - und sind trotzdem oder eben gerade deswegen beeindruckend. Andere Kassenschlager pfuschen so extrem, dass sie ganz offensichtlich in einem anderen Universum spielen müssen. Die Website "Insultingly Stupid Movie Physics", der die hier besprochenen Fälle entstammen, hat dazu ein Bewertungssystem aufgestellt, von "GP" für "gute Physik" über "PGP" für "noch ganz brauchbar" und "RP" für "zum Würgen" bis "XP" für "Extraterrestrial Physics": Physik aus einer anderen Welt als der unseren. Völlig durchgefallen sind hier "Star Wars I" und das Remake des "Planet der Affen": Sowohl der fliegende Schrottverkäufer Watto als das Pod-Rennen in Star Wars können so nur in einem Comic existieren, aber auf keinem echten Himmelskörper und die falschen Funken der Querschläger in einer Schießszene im affigen Planet lassen so manches Feuerwerk vor Neid erblassen.

Die Matrix hat einen Webfehler

Auch die "Matrix" kommt nicht ungeschoren davon: Zwar ist sie ja bekanntlich eine Computersimulation, doch auch dies erklärt nicht, wieso die Maschinen Menschen füttern, um Energie zu erzeugen, statt die dazu notwendige Nahrung effektiver zu verwerten. Einige der Kung-Fu-Szenen verletzen wiederum "Actio = Reactio" erneut massiv und die von Trinity getroffenen Polizisten fliegen auch nicht in die Richtung, die eigentlich zu erwarten wäre - es soll halt cool aussehen und nicht echt.

Auch wenn Trinity in der Matrix den physikalischen Gesetzen nicht mehr unterliegt - für den Polizisten gelten sie, er hat die Matrix nicht gehackt. Er müßte deshalb eigentlich auf den Rücken fliegen und nicht gegen die Wand. (Quelle: Matrix)