Plagiatsvorwurf gegen Verteidigungsministerin von der Leyen

VroniPlag geht vom "Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens" in der Doktorarbeit aus, von der Leyen weist die Vorwürfe zurück

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Vor allem die Bürgerlichen von Union und den Liberalen sind geplagt von Vorwürfen, sich ihre Promotionsarbeiten leicht gemacht zu haben. Der Zwang, sich mit einem Dr. adeln zu müssen, aber eigentlich mit Wissenschaft nichts zu tun zu haben, weil man eine andere, politische Karriere verfolgt, verführt offenbar zum Tricksen.

Nun hat es ausgerechnet Verteidigungsministerin von der Leyen erwischt, nachdem sie gerade das Sturmgewehr G 36 ausgemustert hat. Die Aktivisten von VroniPlag waren mal wieder tätig und haben in ihrer medizinischen Doktorarbeit aus dem Jahr 1990 "zahlreiche wörtliche und sinngemäße Textübernahmen, die nicht als solche kenntlich gemacht sind", gefunden. Bislang wurden auf 27 der überprüften 62 Seiten ihrer insgesamt 70 Seiten langen Arbeit Plagiate gefunden, was über 43 Prozent der Seiten entspricht. Vorsichtig heißt es noch: "Angesichts der relativen Häufigkeit - wegen der an bloße Versehen zu glauben nicht leicht fällt - dieser Stellen lässt sich hier der Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens nicht völlig von der Hand weisen. "

Der Titel der Arbeit ist imposant: "C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung." Im Unterschied zu Juristen (Guttenberg) oder Erziehungswissenschaftlern (Schavan) war bei Medizinern die Doktorarbeit in der Regel wenig aufwendig sowohl, was den Inhalt betrifft, als auch im Hinblick auf den Umfang. Es gehörte und gehört zum guten Ton, einen Doktortitel zu haben, auch wenn er für die Ausübung des Berufs nicht wichtig ist.

Von der Leyen dachte sich wohl auch, dass sie den Titel benötigt und scheint sich die Mühe, sollten die Vorwürfe zutreffen, durch gelegentliches Copy&Paste oder Abschreiben erleichtert zu haben, ohne dies als Zitate zu kennzeichnen. Man konnte damals auch davon ausgehen, dass wohl niemand die sowieso nicht ganz ernst genommenen medizinischen Doktorarbeiten genauer durchlesen wird. Bei VroniPlag werden ihr allerdings nur "mittelschwere" Plagiate vorgeworfen, da die übernommenen Passagen in der Regel kurz seien und die Quellen an anderen Stellen genannt würden.

Nach einem Sprecher des Verteidigungsministeriums habe die Ministerin, wie der Spiegel berichtet, seit August Kenntnis von Vorwürfen gehabt, weise diese aber zurück: "Sie hat noch am selben Tag die Medizinische Hochschule Hannover gebeten, ihre Dissertation durch eine fachkundige und neutrale Ombudsstelle der Einrichtung überprüfen zu lassen."

Peinlich dürfte auf jeden Fall sein, dass von der Leyen 23 mal auf Quellen hinwies, in denen der angeblich zitierte Inhalt gar nicht zu finden ist. Von ordentlicher Arbeit könnte auch dann schon nicht die Rede sein. "Im üblichen Vier-Augen-Sichtungsprozess" habe man dabei "37 Textpassagen festgestellt, die gegen wissenschaftlich anerkannte und auch in der damals maßgeblichen Promotionsordnung geregelte Zitierregeln verstoßen", sagte Gerhard Dannemann, Professor an der HU Berlin, dem Spiegel.

Nach den bereits überführten Politikern und Ministern, auch Guttenberg hatte es als Verteidigungsminister erwischt, hätte von der Leyen möglicherweise besser die Flucht nach vorne angetreten, als nun abzuwarten, was auf VroniPlag noch herauskommen wird. Gut möglich, dass die schneidige Verteidigungsministerin keinen Makel an ihrer Person duldet, da sie wohl noch nach Höherem strebt.