Pleitegeier Bundeswehr: Tatsache oder Lobby-Gerücht?

Seite 2: Britischer Militärexperte lobt Fähigkeiten der Bundeswehr

Während rüstungsnahe Akteure wie Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik dann auch heftig gegen die Ergebnisse der Studie wetterten, erhielten die Greenpeace-Autoren jüngst Schützenhilfe von Nicholas Drummond, einem renommierten britischen Berater der Verteidigungsindustrie, der die Fähigkeiten der Bundeswehr über den grünen Klee lobte:

Wir Briten können nur neidisch auf die Modernisierungspläne der Bundeswehr sein. So sieht eine ernstzunehmende Armee aus. Schwere, Mittlere, Leichte, Luftlande- und Spezialkräfte, alle angemessen ausgerüstet.

Nicholas Drummond / Focus, 20. Januar 2024

Hakt es im Beschaffungswesen?

Die nackten Zahlen sprechen eine klare Sprache: Es gibt sie nicht, die kaputtgesparte Bundeswehr. Treffen die Aussagen rüstungsnaher Kreise zu, dass die Bundeswehr dennoch "blank" dasteht, dann liegt das in der Verantwortung eines korrupten und ineffizienten Beschaffungswesens.

Haben dagegen die Greenpeace-Analysten recht und die Bundeswehr ist bei weitem nicht so schlecht aufgestellt, wie häufig getan wird, so wirft dies Fragen auf, ob bei den Kassandra-Rufern nicht andere Motivationen im Spiel sind. Denn fast immer werden derlei Aussagen von Expert:innen getroffen, die auf die ein oder andere Weise direkt von Erhöhungen der Rüstungsausgaben profitieren.

Lobby-Netzwerke im Visier

Eine weitere im Oktober 2023 veröffentlichte Greenpeace Studie namens "Revolving Doors. Wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sache machen" beschäftigte sich vor diesem Hintergrund mit den Lobby-Netzwerken der Rüstungsindustrie. Dabei tauchten auch einige der in diesem Artikel benannten Akteure auf (Florian Hahn, Christian Mölling).

Medien sollen Verbindungen zur Rüstungsindustrie benennen

Aufgrund der Dichte dieses Lobby-Netzwerks wird gefordert, dass die Verbindungen von Expert:innen bzw. ihrer Denkfabriken zur Rüstungsindustrie benannt werden müssen, sollten sie in den Medien zu Wort kommen. Dem insgesamt besorgniserregenden Trend müsse dringend entgegengesteuert werden:

Im öffentlichen Diskurs geht es nur selten um die Frage, inwiefern eine Erhöhung des Nato-Etats für mehr Sicherheit sorgt. (…)

Die Recherche zeigt, dass die Rüstungsindustrie über reichlich Ressourcen verfügt, um ihre Interessen – nämlich umfangreiche öffentliche Investitionen in Rüstung – durchzusetzen. (…)

Es braucht dringend ein Gegengewicht zu Strategien, die letztlich nur Aufrüstungsinteressen bedienen und befördern. In Zeiten von Polykrisen braucht es einen Ausgleich der gesellschaftlichen Interessen, insbesondere, wenn es um so relevante und finanzintensive Fragen wie Aufrüstung geht.

Ingrid Knorr, Anne Zetsche: Revolving Doors. Wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sache machen, Greenpeace, Oktober 2023

Es lohnt sich in jedem Fall, Mythen und Fakten auseinanderzuhalten.