Polen, Smolensk und kein Ende
- Polen, Smolensk und kein Ende
- Kritik: These wird nachträglich mit Pseudofakten bewiesen
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Neue Anschlagstheorien zum Absturz der polnischen Präsidentenmaschine vor sieben Jahren
"Wir wissen ganz sicher, dass das Flugzeug in der Luft auseinandergebrochen ist", behauptet der promovierte Ingenieur Waclaw Berczynski. Mit einem neuen Anschlagsbeweis stimmte der Leiter der Smolensk-Untersuchungskommission am frühen Montagmorgen die Zuschauer des Staatssenders TVP Info auf den feierlichen Jahrestag in Polen ein. Am 10. April 2010 stürzte bei Smolensk die polnische Präsidentenmaschine ab. Die gesamte Besatzung, 96 Personen, darunter Staatsoberhaupt Lech Kaczynski und seine Frau Maria, kamen ums Leben.
Doch nur dies gilt in Polen als verbrieft. Die Anhänger von Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), gehen von einem Anschlag aus. Denn dies ist die Lebens- wie Staatsdoktrin der grauen Eminenz, die seit dem Tod des Zwillingsbruders nur Schwarz trägt. Nicht die riskante Entscheidung der Piloten, bei Nebel zu landen, sei der Grund dafür gewesen, dass die Maschine an eine Birke geriet und in dem Wäldchen vor der Landebahn zerbarst, wie es die erste Untersuchungskommission unter dem damaligen Innenminister Jerzy Miller analysiert. Doch diese wurde unter der Regierungszeit der Konkurrenzpartei "Bürgerplattform" (PO) unter Donald Tusk einberufen. Die Vorgängerregierung wird dem aktuellen Regierungslager auch unter Verdacht gestellt, ihrem Ausschuss, der von keinem Fremdverschulden ausgeht, keinen Glauben geschenkt. "Wir kommen der Wahrheit immer näher", so Kaczynskis Versprechen an seine Anhänger, die jeden zehnten Tag im Monat seinen Reden vor dem Präsidentenpalast lauschen. Dabei wird oft auch der politische Gegner beschimpft. Polen ist geteilt, wie auch die Gruppe der Angehörigen des Absturzes.
"Fest steht - Russland verhielt und verhält sich nicht kooperativ. Weder das Wrack der Tupolew noch die Black Box wurden bislang nach Polen ausgeliefert, auch reagierten die Lotsen des technisch eher rückständigen Militärflughafens mit ihren Warnungen bei der Landung zu spät." Offene Fragen stehen sicherlich im Raum. Doch in der neuen Untersuchungskommission, die von Verteidigungsminister Antoni Macierewicz gegründet wurde, ist kein Experte, der nach dem Unglück vor Ort war. Die Verteidiger der aktuellen Kommission weisen auf internationale Fachkräfte hin, die an den aktuellen Untersuchungen teilnehmen. Gemeint ist der polnischstämmige Professor für Luftfahrt Wieslaw Binienda von der Akron University aus Ohio , der schon früher den von Millers Kommission beschriebenen Unfallhergang anzweifelte.
Die russischen Lotsen und eine Bombe im Flugzeug
Ein Animationsfilm der Untersuchungskommission zeigt verschiedene Verfehlungen auf, die zum Unglück führten. Zum einen wird behauptet, die russischen Lotsen hätten die Piloten mit irreführenden Anweisungen in das Verderben geführt. Die Smolensker Lotsen seien von einem General Władimir Benediktow aus Moskau geleitet worden, der zuvor ein Spezialkommando im Afghanistankrieg geleitet habe.
Durch das Kommunikationschaos "von russischer Seite musste es zu einer Katastrophe führen", sagt der Sprecher des Films aus dem Off. Der Pilot Arkadiusz Protasiuk sei von den Lotsen "betrogen worden", die ihm einen zu kurzen Abstand zu der Landebahn mitgeteilt hätten, so dass er zu tief geflogen war.
Die Piloten, die bemerkten, dass sie zu tief flogen, hätten die Maschine noch hochziehen können - so die Theorie der Kommission. Nicht eine Birke habe einen Teil des linken Flügels abgetrennt und zum Absturz geführt, vielmehr sei es eine "Havarie" gewesen, die Teile des Flügels gelöst habe. Das Flugzeug sei aber noch steuerbar gewesen, eine Explosion habe die Tupolew-154 schließlich auseinander gerissen. Dies sei durch eine thermobare Bombe geschehen.
Dass die Tür des Flugzeuges etwa einen Meter tief in den Boden gerammt sei, führt die Kommission als Beweis für diese These an. Auch die Art der Streuung von Teilen des Flugzeugs weise auf eine Explosion in der Luft und nicht am Boden hin. Somit hätte, was in dem 42-minütigen Film so nicht explizit gesagt wird, allein einer von drei Faktoren den Absturz der Maschine bewirken können - das behauptete Irreleiten der Lotsen, der Verlust von Teilen des Flügels sowie die Explosion. Die polnische Regierung will nun die russischen Lotsen zu dem Hergang des Absturzes befragen.