Politik als Treibmittel für die Blogosphäre?
Immer mehr politische Weblogs schießen im Vorfeld der Bundestagswahl 2005 aus dem Boden
Die deutschen Blogger sind noch nicht so bekannt wie ihre Kollegen in den USA und Frankreich. Doch auch dort waren es politische Themen, die zum Bekanntheitsgrad der Blogosphäre beigetragen haben. Die Vorankündigung von Neuwahlen hat zu einen Boom der Blogs mit politischen Inhalten geführt. Doch auch Politiker bloggen, was an und für sich spannend sein könnte.
Oswald Metzger ist lange genug im Politikbusiness. Er weiß, dass Öffentlichkeit ein nicht zu unterschätzender Faktor ist. Vor allem, wenn man wie Metzger gerne wieder für den Bundestag kandidieren möchte. Als ihn und drei weitere Politiker das Münchener Magazin Focus fragte, ob er sich vorstellen könne, ein Blogger zu werden, fand er die Idee spannend.
Wie lange er bloggen wird? "Zunächst mal eine gewisse Zeit, mindestens bis zur Bundestagswahl", so Metzger gegenüber Telepolis. Er merke nach einer Woche langsam, welche Arbeit so ein Blog macht. Vor allem, wenn man eigentlich gar keine Zeit habe. Blogs gelesen hatte der als wirtschaftsliberal geltende Metzger bis dahin selbst nicht - er betrat unbekanntes Gebiet. Doch der Ehrgeiz, alle Einträge selbst zu verfassen und nicht an Mitarbeiter zu delegieren, ist vorerst ungebrochen.
Nächste Woche wird er sich den Delegierten auf dem Landesparteitag der Grünen in Baden-Württemberg stellen. Ungewiss, ob er diesmal einen aussichtsreichen Listenplatz bekommt. Was in Rottweil passieren wird, will er bloggen. "Die nächste Woche wird sicherlich eine persönlichere Note haben", ist sich Metzger sicher.
Wieviel Arbeit ein Blog machen kann, das wussten die Betreiber von wahlblog05.de schon länger. Die dahinter stehende Gruppe iDemokratie bietet kommerzielle und nichtkommerzielle Angebote für politische Kommunikation an. Als erstes gestartet hat das Wahlblog05 schnell viele Hits produziert. Britta Schemel von iDemokratie hat mit dem Projekt noch großes vor: "Nun möchten wir den Lesern gerne einen tieferen Einblick in das Wahlgeschehen bieten und Persönlichkeiten unterschiedlicher politischer Ausrichtung für Beiträge gewinnen." Doch bislang bloggen hier keine aktiven Politiker der Bundesebene.
Lautgeben.de ist ein Projekt des frischgebackenen Spreeblick-Verlags, der mit Blogs zumindest schwarze Nullen schreiben möchte. Dazu gehört auch Lautgeben, ein Blog zur "Politik im Hier und Netz", das sich derzeit ebenfalls vorrangig mit der Bundestagswahl beschäftigt. "Es gibt bislang kaum politische Blogs", so Markus Beckedahl, federführend bei der Planung von Lautgeben.de. Dabei setzt er auf ein Team erfahrener Blogger: "Die Stärke von Lautgeben.de sind die Autoren, die allesamt schon Blogerfahrung haben. Wir wollen politische Kommentare und Analysen, wie das Netz genutzt wird, zusammenführen." Das Blog soll jedoch nicht mit der Bundestagswahl enden.
Neben diesen Blogs gibt es viele weitere Initiativen im Netz, die sich unterschiedlich positionieren. Während die einen ausgewogen und überparteilich bloggen, sind Seiten wie Merkel darf nicht Kanzler werden thematisch und parteilich doch deutlicher zuzuordnen. Die beiden großen Parteien CDU und SPD haben ihre Netzwahlkämpfe offiziell noch gar nicht begonnen - allerdings erwartet wohl niemand ernsthaft einen bloggenden Kanzler oder eine Kanzlerkandidatin. Abzuwarten ebenfalls, ob sie auch in den klassischen Offlinemedien Beachtung finden werden.