Pommes statt Papst
McDonald's will 18 Millionen Euro Entschädigung von Florenz, weil die Stadt keine Filiale am Domplatz möchte
McDonald’s gegen Florenz. Der US-Riese verlangt von der Stadt eine Entschädigungszahlung von 18 Mio. Euro, wegen entgangener Einnahmen. Dazu der Bürgermeister Dario Nardella: "Sie haben das Recht zu fragen, wir haben das Recht nein zu sagen."
Die City historischer Kunststädte scheint in Italien für Anbieter von qualitativ minderwertigem Junkfood nur schwer zu erobern zu sein. Kulinarische Tradition hat hier, wie sonst kaum wo, einen enormen Stellenwert, denn immerhin ist das enograstronomische Kulturerbe ein wesentlicher Bestandteil der italienischen Geschichte, die es zu schützen gilt.
Auch in Rom hatte es bereits im Oktober gegen eine geplante Mc Donald's-Filiale Proteste gegeben, soll sie doch nur wenige Meter vom Petersdom entfernt eröffnet werden. Anwohner und Kardinäle befürchten nicht nur Ruhestörungen, sondern auch eine einschneidende Veränderung des typischen Stadtbildes, also eine regelrechte Diminutio sui.
Im zweiten Stockwerk des von McDonald’s gemieteten Gebäudes hatte auch der emeritierte Papst Joseph Ratzinger gewohnt. Bislang konnte sich niemand die horrend hohe Miete dieses exklusiven Pflasters leisten. McDonald’s hat allerdings bekanntlich keine Geldsorgen, weshalb die McDonald's Development Italy nun die x-te Niederlassung in Rom eröffnen und auch im Vatikan, einem der bezauberndsten Stadtteile Roms, Big Macs und Pommes verkaufen wird.
Doch zurück nach Florenz.
Hier hatte die Stadtverwaltung bereits im Sommer die Restauranteröffnung in der Nähe der weltberühmten Kathedrale Santa Maria del Fiore, einer Meisterleistung der Frührenaissance und Wahrzeichen von Florenz, klipp und klar verboten.
"Wir stimmen damit überein, dass das kulturelle und künstlerische Erbe sowie die italienischen historischen Stadtzentren geschützt werden müssen", erklärte McDonald's letzte Woche in einer Mitteilung. "Aber wir können keine diskriminierenden Regelungen akzeptieren, die die Freiheit privater Initiativen beschädigen."
Das historische Stadtzentrum von Florenz, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wollen die Anwohner nicht geschändet sehen. Sie haben dagegen protestiert und an ihre Seite hatte sich auch der Palazzo Vecchio gegen McDonald's gestellt. Grundsätzlich habe Florenz nichts gegen den Fastfood-Riesen (in anderen Stadtteilen gibt es bereits mehrere Filialen), doch im Stadtzentrum sollen die traditionellen Geschäfte und Gewerbe gefördert werden.
Roberto Masi, Generladirektor der Kette in Italien, ist vor allem deshalb aufgebracht, weil McDonald‘s für das Zentrum der toskanische Hauptstadt ein eigenes Konzept entwickelt hatte, denn in der Altstadt müssen die Restaurants seit Anfang des Jahres "typische Produkte" der Stadt oder der Region anbieten. Er hatte es angekündigt: "Wenn die Stadtverwaltung auch auf vernünftige Vorschläge negativ reagieren wird, werden wir nicht aufgeben, sondern unsere Rechte legal durchzusetzen."
Ein Rechtsstreit kann sich in Italien auch mehrere Jahre lang hinziehen, doch das hat den US-Riesen nicht eingeschüchtert. Der Fall wurde jetzt vor die Richter gebracht. Die These der Fastfoodkette ist die, dass der entgangene Gewinn sich in den nächsten 20 Jahren auf etwa 18 Mio. Euro belaufen würde. Die Gemeinde Florenz müsste also tief in die Tasche greifen, sollte es tatsächlich zu einer Schadensersatzzahlung kommen.
Das Konzept ist klar und die beiden Kontrahenten hatten sich in den letzten Monaten auch diverse Male getroffen, um Einzelheiten auszudiskutieren, doch die Auseinandersetzungen blieben erfolglos. Dabei ging es um die exakte Lage, die Einrichtung, die Speisekarte, die Restauranteröffnung im Herzen der Altstadt und wie man es vermeiden könnte, die Einwohner, die Touristen, die UNESCO, die in diesen Fällen die Richtlinien festlegt, oder das Ministerium für Kulturgüter vor den Kopf zu stoßen.
In ganz Italien gibt es 540 McDonald’s-Restaurants, davon 9 in Florenz.
Doch wenn man den Durchschnittsitaliener nach seiner Meinung fragt, erhält man meist folgende Antwort: "Streetfood italian Style ist uns allemal lieber. Es hat mehr Chic, mehr Niveau, und ist vor allem gesünder. Sollen doch die Amis ihre Big Macs essen. Wir brauchen keine kulinarische Invasion."
Bisher haben sich die Italiener auch vehement gegen die Einführung von Starbucks ins Cappuccino-Land gewehrt. Sie nennen den Kaffee des US-Giganten "ungenießbares Gesöff" oder "gefärbtes Wasser", doch das wird den amerikanischen Kaffee-Mogul nicht daran hindern, Anfang 2017 In Mailand seine erste italienische Filiale einzuweihen; auch hier in ganz zentraler Lage.
"Wir werden mit Demut und Respekt in den italienischen Markt eintreten. Wir haben nicht vor, die Italiener über das Kaffeekochen zu belehren. Vielmehr wollen wir ihnen zeigen, was wir von ihnen gelernt haben", vergewissert Starbucks. Nach dem Start in Mailand wird die Kette ganz Italien mit ihren von der Percassi-Gruppe verwalteten Cafés kolonisieren.
Essen, Trinken und nationale Identität
Essen und Trinken machen in Italien einen Großteil der nationalen Identität aus. Aus diesem Grund sichert das Land seit Jahren auch bei Lebensmitteln die Qualität des echten "Made in Italy" durch die Angabe der Herkunft. Typische Produkte zeichnen sich durch die geographische Lage, die Qualität der Rohstoffe sowie die Berücksichtigung traditioneller Produktionstechniken aus. So fallen unter anderem viele Weinsorten, wie etwa der Brunello di Montalcino, Milchprodukte, wie der Parmesankäse oder die Mozzarella, das native Olivenöl, aber auch die neapolitanische Pizza unter diesen Schutz.
Italienische Nahrungsmittel sind außerdem wahre Exportschlager: Die Nachfrage steigt weltweit konstant an, wobei Deutschland einer der wichtigsten Handelspartner bleibt. So einen Ruf will man selbstverständlich nicht schädigen oder gar am Altar des Ronald McDonald opfern. Wenn der auch noch versucht, sich vor den spektakulärsten vaterländischen Kulissen zu profilieren, dann sieht man hierzulande eben rot.