Portugal und Europa dürfen nicht links sein
Die Konservativen verstehen nicht, dass sie sich mit der Blockade demokratischer Ergebnisse ihr eigenes Grab schaufeln
Jetzt passiert genau das, was niemals hätte passieren dürfen - und was Europa kaputtmachen wird. In Portugal blockiert der Staatspräsident die Bildung einer linken Regierung und gibt dem konservativen Parteiführer (dem vorherigen Ministerpräsidenten) den Auftrag, eine Regierung zu bilden, obwohl der offensichtlich keine Mehrheit im Parlament hinter sich hat. Die Linke hatte sich entgegen der Erwartungen von vielen doch darauf geeinigt, aus ihrer parlamentarischen Mehrheit heraus eine Regierung bilden zu wollen (das war unmittelbar nach der Wahl noch unsicher, wir haben hier darauf hingewiesen).
In der Begründung seines Schrittes verwies der Staatspräsident laut Bericht der FAZ darauf, wie wichtig es sei, die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen des Landes, welches zu den Gründungsmitgliedern der Nato zählt, zu garantieren. Dies sehe er, so die FAZ, in einem Pakt zwischen den Linksparteien nicht als gewährleistet an. Wörtlich sagte er laut FAZ: "In den vierzig Jahren der Demokratie hatte Portugal niemals eine Regierung, welche von anti-europäischen politischen Kräften abhing." Er fügte hinzu: "Außerhalb der Europäischen Union und des Euro wäre die Zukunft Portugals katastrophal."
Selbst wenn die Regierungsbildung unter dem konservativen Kandidaten nicht gelingen sollte, weil er im Parlament keine Mehrheit findet, ist diese Intervention eines Staatspräsidenten mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Europa ein Skandal ohnegleichen. Wenn ein solcher antidemokratischer Eingriff möglich ist und nicht scharf kritisiert wird, dann braucht man als Bürger eines europäischen Landes demnächst gar nicht mehr zur Wahl zu gehen. Denn mit dem Hinweis auf die Europäische Union und den Euro und einzuhaltende internationale Verpflichtungen kann dann ja jede linke Regierungsbildung abgelehnt werden.
Man muss links orientierten Parteien einfach nur unterstellen, dass sie die internationalen Verträge über den Haufen werfen, die unter Konservativen unumstritten sind, schon kann man sie nicht mehr an die Regierung lassen. Dass konservative Regierungen ihrerseits internationale Verträge mit Füßen treten - man denke nur an die MIP-Abmachungen, gegen die Deutschland Jahr für Jahr verstößt, oder an die Verstöße gegen das Schengener Abkommen von Seiten der ungarischen Regierung -, bringt konservative Regierungen hingegen keineswegs in Bedrängnis. Denn da handelt es sich um Vereinbarungen, die den Konservativen nicht gefallen.
Über Alternativen zur herrschenden Wirtschaftspolitik braucht man also nicht mehr nachzudenken, weil sie in Europa, SYRIZA hat es ja gezeigt, sowieso keine Chance haben. Das ist jedoch eine neue Wendung, weil man SYRIZA immerhin noch eingeräumt hatte, mit der Mehrheit in der Eurogruppe zu verhandeln. So weit will es der Staatspräsident in Portugal gar nicht kommen lassen. Er verfälscht die Mehrheitsverhältnisse schon vorher und droht mit den europäischen Folgen. Der nächste Schritt ist, dem Wähler schon vor der Wahl zu sagen, er solle erst gar nicht auf die Idee kommen, anders als von der Eurogruppe gewünscht zu wählen.
Wie dumm muss man sein, um nicht zu erkennen, dass aus dieser Blockade von alternativen Ideen nur eines folgen kann: Nationalismus und Anti-Europäismus. Die Konservativen verstehen nicht, dass sie sich mit der Blockade demokratischer Ergebnisse ihr eigenes Grab schaufeln. Frustration über die Demokratie ist Wasser auf die Mühlen der Nationalisten und Anti-Europäer, die dann nicht Anderes anstreben, als die Demokratie ganz abzuschaffen.
Wo sind die europäischen Institutionen, die jetzt auf die Barrikaden gehen und dem portugiesischen Staatspräsidenten sagen, dass Europa so nicht gemeint war? Wo ist Donald Tusk und wo ist Jean-Claude Juncker? Wer jetzt stillhält in der klammheimlichen Hoffnung, der Kelch einer linken Mehrheit in Portugal (und demnächst in Spanien) möge an Europa vorbeigehen, der gehört unmittelbar zu den Totengräbern des europäischen Gedankens und der Demokratie.
Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung von der Website flassbeck-economics übernommen. Heiner Flassbeck will hier versuchen, "der Volkswirtschaftslehre eine rationalere Grundlage zu geben". Von Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas ist das eBook "Nur Deutschland kann den Euro retten" erschienen. Siehe den exklusiven Auszug in Telepolis: Nur Deutschland kann den Euro retten!.
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