Preisdeckel für russisches Erdöl – warum er sein Ziel nur zum Teil erreicht
Die Einnahmen Russlands aus dem Ölgeschäft erreichen Rekordmarke. Japan unterstützt offiziell den Preisdeckel, hält sich aber nicht an ihn. Warum noch Zweifel an seiner Wirksamkeit aufkommen können.
Die westlichen Industrieländer haben im Dezember einen Preisdeckel auf russische Rohöllieferungen eingeführt. Seitdem wurde immer wieder die Frage aufgeworfen, ob er die beabsichtigte Wirkung entfaltet. Vieles deutet darauf hin, dass dies nicht der Fall ist.
Der Finanzdienst Bloomberg veröffentlichte am Montag aktuelle Daten zu den Rohölexporten Russlands. Demnach stiegen die Einnahmen des Kremls in der letzten Märzwoche deutlich an und sie erreichten demnach den höchsten Stand seit elf Wochen. Allein in dieser einen Woche nahm der Kreml über die Rohölexportsteuer 56 Millionen US-Dollar ein.
Der Preisdeckel wurde eingeführt, mit dem Ziel, die Einnahmen der russischen Regierung aus dem Ölgeschäft zu schmälern und gleichzeitig die Versorgung des Weltmarktes mit Rohöl zu sichern. Das erste Ziel scheint bislang nicht erreicht worden zu sein.
Die Daten von Bloomberg zeigen ebenfalls, dass Russland eine größere Menge an Rohöl per Tanker transportiert. In den letzten sieben Tagen des März stieg sie um eine Million Barrel pro Tag (bpd) und erreichte damit einen neuen Höchststand von 4,13 Millionen bpd.
Welche Ursachen dieser Anstieg hat, ist bislang noch nicht abschließend geklärt, zumal sich Russland freiwillig verpflichtet hatte, seine Ölförderung ab März freiwillig um 500.000 bpd zu drosseln. Wartungsarbeiten in russischen Raffinerien könnten eine Ursache sein. Der Anstieg könnte aber auch bedeuten, dass es Russland gelingt, die zuvor nach Europa gelieferten Mengen in andere Richtungen umzulenken.
Zumindest partiell scheint der Preisdeckel zu greifen. Denn nach Angaben von Bloomberg verlässt sich Russland immer noch auf westliche Versicherer, um mehr als die Hälfte der Tankerflotte zu versichern. Weil dies aber nur bis zu einem Ölpreis von 60 US-Dollar pro Barrel gestattet ist, scheint diese Menge unterhalb der Preisobergrenze gehandelt zu werden.
Die Phalanx der Länder, die den Preisdeckel unterstützen, bekommt die ersten Risse: Japan kauft russisches Rohöl zu einem Preis oberhalb der festgesetzten Grenze. Dies berichtete das Wall Street Journal bereits am Sonntag.
Auch wenn es sich nur um kleine Mengen handeln soll, verstärkt es dennoch die Zweifel an der Preisobergrenze. Vor allem, weil Japan nicht eigenmächtig und heimlich agiert. Die Regierung in Tokio soll dem Bericht zufolge von der US-Regierung eine Ausnahmeregelung genehmigt bekommen haben.
Begründet wird das Vorgehen mit der Energiesicherheit Japans, konkret mit der notwendigen Versorgung mit Flüssigerdgas (LNG). Japanische Firmen sind am Sachalin-2-Projekt im Fernen Osten Russlands beteiligt. In der Hauptsache wird bei dem Projekt Erdgas gefördert, nebenbei aber auch eine kleine Menge Erdöl.
Und dieses muss verkauft werden, damit die LNG-Produktion fortgesetzt werden kann. Im Wall Street Journal heißt es, Japan habe das Erdöl für knapp 70 US-Dollar je Barrel abgenommen. Für die Regierung in Tokio scheint es keine Alternative zu geben. Den Zugang zu russischem LNG will man sich nicht verbauen, erklärten demnach offizielle Stellen. Dies sei selbstzerstörerisch, da Russland auch an China verkaufen könnte und Japan dann mit einem Energiemangel konfrontiert wäre.
Ein dritter Punkt lässt Zweifel an den Maßnahmen der westlichen Industrieländer aufkommen: Russland scheint es inzwischen ohne erhebliche Probleme zu gelingen, das Rohöl von den traditionellen Märkten in Europa nach Asien umzulenken. Und dieser Trend verfestigt sich immer mehr.
Russlands größter Ölproduzent Rosneft und Indiens größter Raffineriebetreiber, die Indian Oil Corporation, haben sich jetzt darauf geeinigt, einen neuen Referenzpreis ihren Geschäften zugrunde zu legen.
Der auf Europa ausgerichtete Preis für die Ölsorte Brent wird künftig nicht mehr als Referenz dienen, berichtete Reuters am Montag, sondern der auf Asien ausgerichtete Dubai-Ölpreis. Die Entscheidung der beiden staatlich kontrollierten Unternehmen sei Teil einer Verlagerung der russischen Ölverkäufe nach Asien, heißt es.
Von April an wird demnach Rosneft monatlich bis zu elf Millionen Barrel an die Inder verkaufen, einschließlich einiger optionaler Mengen. Sie sollen mit einem Abschlag von acht bis zehn US-Dollar je Barrel auf die Notierungen in Dubai verkauft werden.
Die Ölsorte Dubai Fateh notierte im Dezember 2022 bei mehr als 76 US-Dollar je Barrel. Wird dieses Preisniveau gehalten, dann erfolgt der Handel zwischen Rosneft und der Indian Oil Corporation oberhalb des vom Westen festgelegten Preisdeckels.
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