Putin: "Vitale Interessen" Russlands an der Krim
Der russische Präsident versicherte, dass nur die Krim in die Russische Föderation aufgenommen und die territoriale Integrität der Ukraine anerkannt werde
Putins mit Spannung erwartete Rede an die Nation vor der Staatsduma und dem Föderationsrat brachte keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, abgesehen davon, dass die russische Regierung nur die Krim aufnehmen werde, aber keine weiteren Gebiete der Ukraine, deren territoriale Integrität anerkannt werde. An der Krim habe Russland "vitale Interessen". Putin wurde stürmisch begrüßt, das Volk und das Parlament haben sich hinter ihn gestellt. Der russische Präsident, der Parlamentschef der Krim, Wladimir Konstantinow, und der Regierungschef der Halbinsel, Sergej Aksjonow, haben bereits den Eingliederungsvertrag mit der Republik Krim unterzeichnet. Damit sei die Krim seit heute Teil der Russischen Föderation und stehe unter russischem Recht. Für die wirtschaftliche, finanzielle und militärische Integration sei eine Übergangszeit bis zum 1. Januar 2015 festgelegt worden, so der Kreml.
Man kooperiere gerne mit der Nato, wolle diese aber nicht vor der eigenen Haustüre haben, sagte Putin in seiner Rede. Man habe immer mit dem Westen über die Ukraine sprechen wollen, eine Zusammenarbeit sei aber verweigert worden. Die USA hätten kein Recht, über die Krim zu entscheiden. Der Westen sage, der Kosovo sei ein einzigartiger Fall gewesen, aber die Unabhängigkeit der Krim nicht zuzugestehen, zeige nicht nur einen zweifachen Maßstab, sondern sei auch zynisch. Russland habe niemals die Krim bedrängt, sondern lediglich das vertraglich erlaubte Kontingent an dort stationierten Soldaten erhöht. Die Selbstverteidigungskräfte hätten für Ordnung gesorgt, so dass es keine Verletzten oder Toten gegeben habe. Er bedankte sich auch bei den ukrainischen Soldaten auf der Krim, die sich zurückgehalten und damit Blutvergießen verhindert hätten.
Putin verteidigte erneut das Referendum, das in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und demokratisch abgelaufen sei. Die hohe Zustimmung sei sehr überzeugend gewesen. Es sei angesichts der gemeinsamen Geschichte der Krim und von Russland ein Fehler von Chruschtschow gewesen, als er 1954 die Krim der Ukraine übergeben hatte. Da sei verfassungsrechtlich nicht in Ordnung gewesen, u.a. weil man die Bewohner nicht gefragt habe. Das soll die Eingliederung der Krim nun nach der überwältigenden Zustimmung durch die Bevölkerung stärker legitimieren. Auf der Krim sollen - mit deutlichem Blick auf die Ukraine - die Minderheitenrechte beachtet werden, es wird nun drei Amtssprachen geben: Russisch, Ukrainisch und Krim-Tartarisch. Zudem würden die Rechte der Krim-Tartaren gestärkt.
Bei China und Indien bedankte sich Putin für die Unterstützung in der Krim-Krise. Man solle nicht denjenigen Glauben schenken, die vor Russland warnen: "Wir wollen keine Teilung der Ukraine." Er äußerte die Erwartung, dass vor allem die Deutschen die Wiedervereinigung von Russland und der Krim unterstützen. Russland habe die deutsche Wiedervereinigung unterstützt, was bei den Verhandlungen nicht bei allen Verbündeten Deutschlands der Fall gewesen sei, daher werde Deutschland auch die Wiedervereinigung der russischen Welt unterstützen, hofft er. "Ich bin überzeugt, dass Sie das nicht vergessen haben."
Die Interimsregierung in Kiew wurde von Putin erneut verurteilt und im gleichen Zuge dämonisiert, wie das die Ukraine und der Westen mit Russland machen. Die Regierung unrechtmäßig durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen. Damit seien auch Extremisten an die Macht gekommen, die in Wirklichkeit heute bestimmen, was in der Ukraine geschieht. Die "Neonazis, Nationalisten, Antisemiten und Russophoben" würden vor nichts zurückschrecken. Sie seien auch dafür verantwortlich gewesen, dass versucht wurde, die Minderheitenrechte einzuschränken und Russisch als Amtssprache zu verbieten. Das war tatsächlich ein großer Fehler gewesen, auch wenn das Parlament den von den Rechten stammenden Gesetzesentwurf schnell verworfen hat. Schon der Versuch, das Russische zu unterdrücken, hat die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine aufgebracht und der russischen Regierung Munition geliefert.
Um die Aufnahme der Krim zu beschleunigen, war am Montag ein Gesetzentwurf der Partei Gerechtes Russland aus der Duma vorerst zurückgezogen worden, der die Eingliederung von Gebieten erleichtern sollte. Über ihn hätte man am Freitag abstimmen wollen, die Abstimmung wurde aber verschoben, weil die russische Regierung das Verfahren offenbar für die Krim nicht geeignet betrachtete oder weil man fürchtete, den Konflikt damit noch weiter anzufachen.
Nach dem Gesetzesentwurf hätten sich für unabhängig erklärte Regionen ohne Zustimmung der jeweiligen Zentralregierung in die Russische Föderation eingliedern lassen, falls es dort keine "effiziente und legitime Regierung" gibt und die Bürger dieser Regionen in einer Volksabstimmung dies wünschen.
Das seit den 1990er Jahren von Moldawien losgelöste Transnistrien, das an die Ukraine angrenzt, hat nun nach Medienberichten ebenfalls einen Antrag auf Aufnahme in die Russische Föderation gestellt. 2006 hatten hier 97 Prozent für einen Beitritt zu Russland gestimmt. Transnistrien versteht sich bereits als unabhängiger Staat, der aber bislang von keinem anderen Staat anerkannt wurde, auch nicht von Russland. Es gehört wie Abchasien, Südossetien und Bergkarabach der "Gemeinschaft nicht anerkannter Staaten" an. Unklar ist aber, wie man rechtlich eine Aufnahme bewirken könnte, schließlich ist die Regierung in Moldawien legitim an der Macht, wie auch der transnistrische Parlamentschef Burla einräumt.