Putin warnt davor, Atomkriegsgefahr zu unterschätzen

Putins Jahrespressekonferenz 2018. Foto: Kreml

Auf seiner Jahrespressekonferenz 2018 erklärte der russische Staatspräsident unter anderem den Unterschied zwischen ihm und Emmanuel Macron

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Auf seiner heutigen dreidreiviertelstündigen Jahrespressekonferenz warnte der russische Staatspräsident Wladimir Putin, "viele Akteure" würden die Gefahr eines Krieges mit Kernwaffen "zunehmend unterschätzen", obwohl Teile der internationalen Ordnung zusammenbrächen und das "globale System der atomaren Abrüstung gefährdet" sei. Zum konkret gefährdeten INF-Abrüstungsvertrag wies er Vorwürfe zurück, Moskau würde sich nicht an das Abkommen halten und warf im Gegenzug den USA vor, es zu "missbrauchen", um Ziele abseits eines Gleichgewichts durchzusetzen.

Die russisch-amerikanischen Beziehungen sind seinen Worten nach "auf dem Boden angekommen", von dem man sich nun wieder "abstoßen" müsse. Dazu sei er bereit, wenn auch Washington bereit sei. Ein erneutes Treffen zwischen ihm und dem US-Präsidenten Donald Trump hält er für sinnvoll, weil es viele Fragen gebe, die man dort in beiderseitigem Interesse besprechen könne: Zum Beispiel zu Syrien und zu Afghanistan.

Was soll ein amerikanischer Truppenabzug bedeuten?

Dort, in Afghanistan, hätten die USA in der Vergangenheit immer wieder den Abzug ihrer Truppen angekündigt, ohne dass es tatsächlich dazu gekommen sei. Deshalb wisse er auch nicht, was der nun angekündigte Truppenabzug aus Syrien heißen soll, wo sich die Amerikaner ohne Genehmigung der Regierung in Damaskus und deshalb illegal aufhielten. Auch wenn die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) nun "territorial nahezu besiegt" sei, stelle sie als dezentrales Element innerhalb anderer Staaten weiterhin eine große Gefahr dar. Zu Afghanistan meinte der russische Staatspräsident, dort seien "vermutlich Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban notwendig".

Zur Ukraine, einem weiteren Krisenherd, führte Putin aus, seinen Erkenntnissen nach hätte der ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko die Schiffe ohne Genehmigung in die Straße von Kertsch geschickt, um einen Zwischenfall zu provozieren und dadurch die Chancen für seine Wiederwahl zu verbessern. Die ukrainische Seite habe dabei sogar in Kauf genommen, dass es Tote gibt. Auch die Behauptungen, Russland wolle die ostukrainischen Städte Berdjansk und Mariupol besetzen, seien solche wahltaktischen Manöver.

Kertsch-Brücke soll geschützt werden

Zur Truppenaufstockung auf der Krim meinte Putin, man werde dort "nichts unnötiges" unternehmen, aber die Kertsch-Brücke schützen, in die man viel Geld investiert habe. Schiffe, die sie friedlich unterqueren wollten, würden durchgelassen, wenn sie sich an die Regeln hielten. Auf die Frage eines ukrainischen Journalisten nach den Kosten der russischen "Besetzung" des Donbass verwies Putin auf die von Kiew verhängte Wirtschaftsblockade für dieses Gebiet. Sie mache es nötig, dass Russland "den Menschen, die auf diesem Territorium leben, wirklich humanitäre und andere Hilfe und Unterstützung" leiste. Eine Normalisierung der Beziehungen zu Kiew kann es seinen Worten nach erst geben, wenn dort nicht mehr "russophobe Politiker an der Macht" sind, die sich sogar in die Religion einmischen, um "das ukrainische und das russische Volk auseinanderzureißen".

Die Sanktionen, die die EU-Länder und die USA wegen der Ukraine-Krise gegen Russland verhängten, dienen Putins Meinung nach wie viele Entsprechungen in der Vergangenheit in Wirklichkeit dazu, einen Aufstieg Russlands zu verhindern. Sie hätten die Russen jedoch auch dazu gebracht "die Gehirne in sehr vielen Richtungen einzuschalten". Dadurch sei beispielsweise der Anteil russischer Produkte im Transportmaschinenbau auf 98 und im Automobilbau auf 85 Prozent gestiegen. Die größten Fortschritte habe es in der Landwirtschaft gegeben, wo das "Verkaufsvolumen für den Außenmarkt" inzwischen 16 Mal so groß wie das vor 18 Jahren sei. All das habe auch dazu beigetragen, dass es dieses Jahr im russischen Staatshaushalt zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder einen Überschuss gibt.

Macron und May

Einem Reporter, der die Frage nach einem "Wiederaufbau von Sozialismus in Russland" stellte, antwortete der Präsident, das werde nicht geschehen, aber man wolle verstärkt "sozialwirtschaftliche und sozialpolitische Elemente" einführen, um dem "internationalen Problem" sich verstärkender Einkommensextreme zu begegnen. Außerdem will sich Putin persönlich um Berichte über dekadente Partys von Gazprom-Managern kümmern.

Zwischen der Situation in Frankreich, wo der Gelbwesten-Protest mit einer Treibstofferhöhung begann, und der in Russland, gibt es Putins Meinung nach einen wesentlichen Unterschied: In Frankreich habe die Regierung die Treibstoffe mit einer Ökosteuer absichtlich verteuert, während die Regierung in Russland gegen steigende Treibstoffpreise kämpfe und dazu ein Übereinkommen mit Erdölunternehmen und -raffinerien geschlossen habe, damit sich eine gedrosselte Ölförderung möglichst wenig negativ an den heimischen Zapfsäulen auswirkt.

Mehr Verständnis als für den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zeigte Putin für die britische Premierministerin Theresa May. "Was soll sie", so Putin, "denn tun? - Sie muss nun den im Referendum zum Ausdruck gebrachten Willen der Menschen erfüllen". Der werde sich zwar auch auf Russland auswirken, sei aber "keine Sache Russlands". Anstatt Einfluss darauf zu nehmen, will Putin seinen eigenen Worten nach lieber dafür sorgen, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern die "Sackgasse" verlassen, in die sie unter anderem durch die Skripal-Affäre geraten sind.

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