Qubits im Dreierpack

Eine Ionenfalle als Kleinst-Quantencomputer?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Eine Gruppe von Quantenoptikern aus Innsbruck berichtet von Fortschritten auf dem Weg zum Quantencomputer, basierend auf einer Ionenfalle. Ein Drei-Teilchen-System wurde so manipuliert, dass der Zustand eines der drei Ionen gemessen werden konnte, ohne die Korrelation der beiden anderen zu zerstören.

Mit dem Quantencomputer ist das so eine Sache: Einerseits ist die Idee vielversprechend, andererseits ist die Realisierung schwer greifbar. Zuletzt berichteten wir von eingefangenen Photonen als möglichen Informationsträgern in einem Quantenrechner. Auch in der Quantenkryptographie werden korrelierte Photonen verwendet. Aber es gibt eine wesentlich fassbarere Technologie zur Herstellung von Qubits: die Ionenfalle. Wir berichteten bereits über den Ein-Qubit-Rechner, der damit an der Universität Innsbruck realisiert wurde – in der neuesten Ausgabe von Science (Vol. 304, 4. Juni 04) stellen die Forscher C.Roos, F. Schmidt-Kaler, R.Blatt et al. am dortigen Institut für Experimentalphysik nun ein System mit drei Qubits vor, die sich unabhängig voneinander manipulieren lassen.

Drei Ca+ -Ionen im CCD-Bild (Bild: Universität Innsbruck)

Im Unterschied zum klassischen Bit (Stellung eines Schalters, Wert einer elektrischen Ladung, Magnetisierung usw.) liegt bei einem Qubit (Polarisation eines Photons, Spin eines Atoms, Energiezustand eines Atoms usw.) im Allgemeinen eine Überlagerung der Zustände Null und Eins vor. Erst beim Auslesen des Qubits wird festgelegt, welchen Wert es enthält. Besonders wichtig ist, dass mehrere Qubits überlagert werden können und einen gemeinsamen, verschränkten (auch: kohärenten) Zustand bilden. Diesen kontrolliert und stabil zu erzeugen, verändern und auszulesen ist das A und O des Quantencomputings.

Lineare Paul-Falle und CCD-Detektor (Bild: Universität Innsbruck)

Herzstück des Experiments ist eine sogenannte Paul-Falle , in der sich drei Kalzium-Ionen (einfach positiv geladen) befinden. Die Ionen werden in den niedrigsten Energiezustand, den Grundzustand (logische NULL) heruntergekühlt und dann durch gezielte Laserpulse in einen verschränkten Mischzustand gebracht, bei dem zwei der drei Ionen in einen Zustand höherer Energie (logische EINS) versetzt sind. Kontrollmessungen zeigen, dass sich die Ionen wirklich als Ensemble (kohärent) verhalten. Nun wird es interessant: Wie reagiert der Mischzustand (EINS-NULL-EINS) + (NULL-EINS-EINS) + (EINS-EINS-NULL) auf die Messung des Zustands eines der drei Ionen? Ist das Ergebnis der ersten Messung NULL, bleibt für die anderen beiden Ionen nur jeweils die EINS, ist aber die erste Messung eine EINS, dann bleibt für die beiden andern Ionen der Mischzustand (EINS-NULL) + (NULL-EINS). Und tatsächlich: Der Mischzustand konnte beobachtet werden, die quantenmechanische Verschränkung war erhalten geblieben.

Gesamter experimenteller Aufbau mit Detektor, Falle in Vakuumkammer, Lasertisch (Bild: Universität Innsbruck)

Das Aufregende an diesem Experiment ist vor allem die Überwindung praktischer Schwierigkeiten: Wie präpariert man die Ionen in den Grundzustand (Kühlung), wie in den angeregten Zustand? Wie hält man die Qubits von der Umgebung isoliert? – denn sonst ginge die Verschränkung verloren. Wie schafft man es, einzelne Ionen mit dem Laser genau zu treffen? – die Abstände zwischen ihnen betragen nur rund 15 Mikrometer. Lassen sich die Energiezustände der Kalziumionen so manipulieren, dass Informationsverarbeitung möglich ist? Nachdem diese Möglichkeit nun gezeigt ist, kann man weiter denken – mehr Qubits, kompliziertere Operationen, ein Algorithmus ... Es wird aber wohl ein Modellsystem bleiben, oder gibt es bald die Paulfalle für den Desktop?