Queerschießen in Schweden: Regenbogen-Kampagne der Streitkräfte in der Kritik
Befürwortern geht es einerseits um LGBT-Rechte. Nicht zuletzt wollen sie aber auch gegenüber Russland gut dastehen
"Eine Flagge, die es wert ist, sie zu verteidigen" heißt es im Rahmen einer neuen Imagekampagne der schwedischen Armee. Doch nicht Blaugelb prangt auf der Fahne, die ein Soldat, das Gesicht martialisch mit Tarnfarben bemalt, in den Fäusten hält, sondern die Regebogenfarben. Diese gelten allgemein als Symbol der LGBT-Bewegung, des Selbstbewusstseins der sexuellen Minderheiten.
"Es geht nicht nur darum, das schwedische Territorium zu verteidigen" so Johan Landström, der Kommunikationschef der Streitkräfte in Schweden. Es gehe auch um Menschenrechte, die durch die "Pride"-Flagge verkörpert werde.
Zudem wolle die Armee "kristallklar vermitteln, wo sie in Wertefragen steht" so Landström gegenüber den Medien. Denn es gibt Erklärungsbedarf um die Kampagne, die im Internet präsent ist, aber auch jüngst auf der Vorderseite der bürgerlichen Zeitung Svenska Dagbladet prangte.
"Die Streitkräfte sollen sich vor kontroversen Symbolen in Acht nehmen." so Ivar Arpi, bekannter Autor der im Dezember gegründeten konservative Zeitung Bulletin, der eine Politisierung befürchtet.
In den Sozialen Medien sind die Töne weniger gemäßigt, viele sehen das Ersetzen der schwedischen Flagge als Verunglimpfen an, oder sie verweisen darauf, dass Schweden zu verteidigen sei, nicht die Regenbogenfahne. Auch gibt es klar herabsetzende Äußerungen. Die rechten "Schwedendemokraten" sehen die Fahne als Symbol der Intoleranz gegenüber Heterosexuellen und Logo einer "linksextremen Bewegung" und fürchten um den Stellenwert der Familie.
Auf der anderen Seite wird die Kampagne von vielen Personen des öffentlichen Lebens begrüßt, auch weil es immer wieder Fälle von Diskriminierungen in der Schwedischen Armee gebe.
Zu lesen ist auch, dass so der Abschied von der Machokultur gefeiert werde, vom Denken, dass allein heterosexuelle Männer tüchtige Soldaten sein könnten.
Seit der Ukraine-Krise 2014 ist der Stellenwert der Verteidigung des offiziell neutralen Landes wieder mehr im Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dementsprechend sind die Empfindlichkeiten größer. Dass Russland eine mögliche Bedrohung für Schweden darstelle, wird in der Öffentlichkeit kaum in Frage gestellt.
Die Regionalzeitung Västerbottens Kuriren schlägt so den Bogen zur Verteidigungsmission: Da die LGBT-Rechte in Russland immer mehr abgebaut würden, sei eine funktionierende Armee notwendig, damit dieses Unrecht nicht in Schweden geschehen könne.
Auch von liberaler Seite wird Kritik geäußert - die Kampagne sei "bedeutungslos". Die schwedischen Streitkräfte würden sich ja nicht für sexuelle Minderheiten in anderen Ländern einsetzen, wo sie verfolgt würden, ist in dem Blatt Göteborgs Posten zu lesen.
Die Schweden agieren oft als Primus im raschen Aufgreifen und Umsetzen von progressiv erscheinenden gesellschaftlichen Trends. Das Land hat derzeit eine Regierung mit feministischer Ausrichtung, Geschlechtergerechtigkeit ist offiziell Staatsräson.
Allerdings gab es von 1976 bis 1989 beim schwedischen Militär die interne Empfehlung, Homosexuelle vom Dienst auszuschließen. In den Siebziger Jahren wurden sie angesichts des Kalten Krieges als potentielle Spione gefürchtet. Dann folgte ein rascher Wandel.
Mit dem damaligen Hauptmann Krister Fahlstedt bekannte sich im Jahr 2000 der erste schwedische Soldat zu seiner Homosexualität, mit der Offizierin Petra Jäppinen führte die Schwedischen Streitkräfte 2008 die erste Sachbearbeiterin für LGBT-Personen in einer Armee weltweit ein. Nach eigenen Angaben ist die Landesverteidigung schon seit 20 Jahren für die sexuellen Minderheiten engagiert, Soldatinnen und Soldaten nehmen seitdem an sogenannten Pride-Demonstrationen ganz offiziell teil.
Es gibt mittlerweile viele Netzwerke sexueller Minderheiten innerhalb der Streitkräfte, allerdings hatte sich nach einer Erhebung vor knapp zehn Jahren nur ein Prozent von ihnen offen dazu bekannt. Bereits vor drei Jahren warben die Streitkräfte mit den Porträts eines Soldaten und einer Soldatin, die sich mit "Pride"-Farben schminkten, und dem Slogan "We don't always march straight".
Mit der Kampagne sind die Streitkräfte einen Schritt weiter gegangen - sie haben sich nicht nur der Integration der Minderheiten verpflichtet, sondern plakativ die Verteidigung deren Rechte als Auftrag dargestellt. Doch woher der Feind kommt, der die Diversität in Schweden bedroht und wie er geschlagen werden kann, das verrät die Eigenwerbung nicht.