Rasmussen plant superschnelle Nato-Eingreiftruppe...
...und neue Militärbasen in Osteuropa: "Die Quintessenz lautet: Sie werden in Zukunft mehr Nato-Präsenz im Osten sehen"
Der Nato-Gipfel, der nächste Woche, am 4. und 5. September, in Wales stattfinden soll, wird von der britischen Regierung angekündigt wie eine Show mit internationalen Stargästen - "President Obama, Chancellor Merkel, and President Hollande" - und einem Spruch, der Anklänge an das Intro eines Kampf-der-Imperien-Films hat: " Der Gipfel ist eine Möglichkeit, um sicherzustellen, dass die Nato weiterhin an der vordersten Front operiert, um Stabilität in einer unvorhersehbaren Welt aufzubauen."
Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen greift vor seinem Abschied, den er gegenwärtig in mehreren Interviews mit dem Bemühtsein um große Perspektiven zelebriert, zu globalen Action-Wörtern: "Wir stehen nun einem profunden Klimawechsel gegenüber. Das braucht mehr Investition." Darunter versteht Rasmussen einen " readiness action plan", wie er dem Guardian gegenüber erklärte.
Das schöne Wetter infolge des Ende des Kalten Kriegs sei vorbei, beobachtet Rasmussen, "nun befinden wir in uns in einer komplett neuen Sicherheitssituation". Der Nato-Generalsekretär hatte ja in den letzten Monaten mehrmals deutlich gemacht, worin diese neue Sicherheitssituation vor allem besteht, nämlich in der Bedrohung durch Russland, das nun nicht mehr strategischer Partner sei, sondern ein Gegner. Russland betrachte die Nato nicht als Partner, sagt Rasmussen dazu. Ob dies nicht auch mit dem Verhalten der Nato zu tun hat und auch Gegenseitigkeit zu bedenken wäre, ist eine störungstheoretische Variable, die nicht zu Rassmussens Lieblingsrichtung der strategischen Gedankenführung passt.
Er konzentriert sich darauf, das Russland unter Führung seines Präsidenten Putin in den früheren sowjetischen Republiken, besonders in den baltischen Staaten, für "trouble" sorgen könnte. Um dem präventiv zu begegnen, müsse die Nato ihre militärische Reaktionsbereitschaft optimieren, sagte Rasmussen dem Guardian. Die Einsatzbereitschaft müsse innerhalb weniger Stunden garantiert sein.
Wir werden einen Bereitschafts-Handlungsplan ("readiness action plan") einführen, mit dem Ziel, dass wir fähig sind, sehr schnell in dieser komplett neuen Sicherheitssituation agieren zu können. Wir haben bereits die Nato response force, deren Zweck darin besteht, rasch eingesetzt zu werden, wenn sie benötigt wird. Jetzt haben wir die Absicht, etwas zu entwicklen, das ich als Speerspitze innerhalb dieser response force bezeichne, die auf einem sehr sehr hohen Level der sofortigen Einsatzbereitschaft operiert.
In der Vorstellung Rasmussens könnte es sich dabei um Truppen handeln, die sehr häufig rotieren. Einzelheiten des Konzepts stehen noch nicht fest. Feststeht nach seiner Grundkonzeption allerdings zweierlei. Erstens, dass "jeder potentielle Angreifer (wie vor 30 Jahren weiß man, wer damit gemeint ist) wissen sollte, dass er, wenn er auch nur mit dem Gedanken spielt, dass er einen Natoverbündeten angreift, es nicht nur mit den Soldaten des angegriffenen Landes zu tun hat, sondern mit Nato-Einheiten".
Und zweitens, dass es dafür eine "Infrastruktur" braucht, konkret: neue Militärbasen in osteuropäischen Ländern, für die Unterbringung von Soldaten und Kommandostrukturen, für Waffen, Versorgung, Nachschub.
Die Quintessenz lautet: Sie werden in Zukunft mehr Nato-Präsenz im Osten sehen.
Es gebe auch Opposition von Verbündeten gegen diese strategische Konzeption, die manchen als zu offensiv erscheint, zumal sie begleiet wird mit Appellen an Nato-Länder, das Militärbudget aufzustocken, notiert der Guardian und nennt Frankreich, Italien und Spanien. Zu Deutschland heißt es, dass man dort sehr darauf achte, Russland nicht zu provozieren. Wer nun ins Lächeln gerät, der werfe einen Blick auf das jüngste Merkel-Interview, das Jens Berger unter der Überschrift "Merkel rudert zurück und die Medien schweigen" kommentiert.